Schimmernder Seidensatin, üppige Tülllagen, Rüschen und Bonbonfarben. So sieht der Sommer aus, wenn es nach den aktuellen Entwürfen namhafter Designer geht. Und keine Sorge, der Trend zum Lagenstoff geht auch günstig.
Bei Giambattista Valli wallt es sich gleich bodentief, denn hier verschwinden die zarten Models nahezu in ausladenen Tüllroben. Der vordere Beinausschnitt bleibt kurz, im hinterem Teil fällt der Stoff in blütengleichen Lagen bis hinunter zum Boden. Um dem Ganzen trotzdem etwas Leichtigkeit zu verleihen, bleiben die Arme frei, die Brust verdeckt eine übergroße Tüllschleife. Eine Volantversion der Sonderklasse und sicher etwas für den ganz großen Auftritt am Abend. Das dachten sich wohl auch Dua Lipa und Jennifer Lopez, denn beide sorgten bereits im Jahr 2018 mit atemberaubenden Roben des Designers für den ganz großen Auftritt bei den Brit Awards. Die Kleider damals waren so üppig und lang, dass es mehrere Assistenten brauchte, um sie sicher und wunderschön fallend über den roten Teppich zu bugsieren.
Heute wie damals dominieren Bonbonfarben, denn hier kann es gar nicht auffällig genug sein. Auch dem Schleifendekolleté bleibt Giambattista Valli treu, ein echter Evergreen also. Schleifen in Kombination mit Tüll sind derzeit aber auch bei anderen Designern beliebt. Bei Marc Jacobs zum Beispiel. Auch hier bleibt das auffällige Kleid vorn mini, hinten maxi und erinnert damit an ein Hochzeitskleid. Mit einer Einschränkung: Es ist pink mit einer aufgesetzten Spitze im Brustbereich. Das sorgt für einen spannenden Akzent irgendwo zwischen Diva und Schulmädchen. Das schwarze dünne Schleifenband baumelt locker vom Hals herab und bindet die Spitze kurzerhand kinnhoch. Laut Modebibel Harpers Bazaar versucht sich Jacobs mit dieser eigenwilligen Kreation an der „Freude des Herausputzens“. Oder aber er erinnert damit einfach an den in den 80er-Jahren angesagten Vokuhila-Stil. Der bezog sich ursprünglich auf einen wilden Haarschnitt, bei dem das Haar vorn an der Stirn kurz, hinten im Nacken aber lang getragen wurde. Und da fast alles in der Mode irgendwann wieder kommt und sich mutige Stars längst am eigenwilligen Haarschnitt probiert haben, verlegen sich Modedesigner lieber auf den Entwurf schicker Roben. Angesichts der üppigen Stofflagen aus leicht fallendem Tüll sicherlich eine gute Idee.
Rüschenblusen passen super zu schlichten Jeans
Das dachte sich wohl auch Alexander McQueen, der liebt es allerdings noch eine Spur extravaganter. Ein Wort, das im Zusammenhang mit üppigen Volants sicher ungewöhnlich erscheint. Und doch! Hier verwandelt der Designer die Volant-Tüllversionen seiner Abendkleider in übergroße Rosen. Um diesen Eindruck zu verstärken, versieht er das knallrote Abendkleid am oberen Rückenbereich mit leicht fallenden Tülllagen, die an Rosenblätter erinnern. Den Eindruck verstärken die hochgenähten, in Blüten gelegten Stoffbahnen im Schoß des Kleides. Um überhaupt die schlanke Figur der Trägerin zu unterstützen, entscheidet sich McQueen für einen derben Stilbruch in Form eines breiten schwarzen Taillengürtels und kniehohen Springerstiefeln. Da wünschen sich manche Damen sicher mehr Weiblichkeit. Auch dafür ist gesorgt, zum Beispiel bei Valentino. Hier kommt man ganz ohne Volants aus und zeigt, dass sich Tüll auch dezenter legen lässt. Das verspielte Minikleid in Federoptik erinnert mit seinem zarten Fliederton eher an einen sexy Paradiesvogel und ist damit optimal für heiße Sommertage.
Vögel hatte wohl auch Molly Goddard im Kopf bei ihrer Midiversion eines Tüllkleides in warmem Hellgelb. Der Rock fällt dabei so weich, dass sich darunter locker einige Extra-Kilos verstecken lassen. Verstecken lässt sich bei aufgesetzen Rüschen ohnehin leicht etwas, denn der Stoff umhüllt die Körpermitte wie ein kuschelweiches Vogelnest. Im Hause Chanel geht es traditionell sehr klassisch zu. Deshalb kommt das tiefschwarze Rüschenkleid aus leicht transparentem Satin ohne viel Schischi aus. Der Rock ist komplett verrüscht und aufgeplustert wie das Federkleid eines Raben, darüber setzt ein schmaler Silbergürtel Akzente. Der erinnert an die Henkel der Taschen, die das Label berühmt gemacht haben.
Dass Rüschen auch ganz dezent daherkommen können, beweist Miu Miu. Hier ist das lachsfarbene knielange Sommerkleid lediglich im Schoß mit einem schrägverlaufenden Rüschenbesatz versehen. Das schlichte Kleid wird optisch aufgewertet, wirkt aber nicht ganz so verspielt wie der üppige Rüschenlook anderer Designer.
Wer sich trotzdem gar nicht für ein Kleid entscheiden kann, der findet Rüschen natürlich auch an Blusen, Röcken und sogar Hosen. Warum für den perfekten Rüschenlook gerade Tüll ein so toller Begleiter ist, ergibt sich aus den praktischen Eigenschaften des netzartigen Gewebestoffes. Der kann mit unterschiedlichen Garnen gewebt sein und verändert dadurch, je nach Machart, sein Erscheinungsbild. Immer ist er allerdings semitransparent und sehr leicht, deshalb lässt er sich so hübsch in Tülllagen legen.
Erfunden haben den Stoff übrigens die Franzosen in der Stadt Tulle, der Tüll seinen Namen verdankt. Ehemals für Gardinen und Dessous verwendet, ziert Tüll heute mehr und mehr die Abend- und Alltagsmode. Apropos Alltag. Da muss natürlich auch fern aller Catwalks niemand auf den eigenwilligen Sommertrend verzichten. Hübsche Tüllkleider gibt es dieser Tage schon ab 25 Euro bei Shein, H&M und Zara. Je weniger Tüll das Kleid hat, desto eher ist es auch etwas für den Alltag. Bonbonfarben stehen jeder Frau, sie machen Lust auf Sommer. Deshalb sind sie der perfekte Begleiter zum Tüllstoff. Wem Kleider nicht zusagen, der kann sich auch bei Hosen und Blusen einmal umschauen und wird da sicher schnell fündig. Lace & Beads (über Asos) bieten zum Beispiel romantische Palazzo-Hosen in Blassrosa an. Auch bei Bershka hat man den Trend erkannt und vertreibt luftige Midi-Tüllhosen, die auf den ersten Blick fast an einen Rock erinnern. Dazu passen Rüschenblusen (Chicsoso, Orsay, Zalando) ebenso gut wie Seidenhemden und Shirts. Natürlich harmonieren Rüschenblusen auch wunderbar zur Baumwollchino oder schlichten Jeans. Den Kombinationsmöglichkeiten sind hier kaum Grenzen gesetzt. Die Vorteile an diesem Trend sind: Tüll trägt sich wunderbar leicht, die Lagenmode schmeichelt der Figur und jede Frau entscheidet selbst, wie viele Rüschen genug sind.