Es gibt sie noch, die schöne alte Normalität. Es wäre auch verwunderlich, wenn die Corona-Wirrnisse alle lang trainierten Routinen völlig ausgelöscht hätten. Auf Einiges kann man sich noch verlassen. Kaum jährt sich der Jahrestag, an dem das Wahlalter auf 18 gesenkt wurde, flackert die Debatte um die „16“ wieder auf. Und weil der Institutsbetrieb die Marktgesetze ganz gut beherrscht, gibt es gleich passende Studien dazu. Neue Argumente in dieser Debatte hat niemand ernsthaft erwartet. Die Reaktionen bleiben dreigeteilt: die einen ärgern sich, weil das Thema einfach nicht in der Versenkung verschwinden will, die anderen, weil nicht längst umgesetzt, und die dritten fragen: Haben wir sonst keine Probleme? Den ersten beiden Gruppen dürfte klar sein, dass sie gegenüber den dritten derzeit wohl in der Minderheit sind und das Thema in diesen Zeiten eher Eintagsfliegendasein fristet.
Schon in früheren Debatten ist mir regelmäßig die Frage begegnet, wie es um die derzeit Wahlberechtigten bestellt ist. Ob die denn so alle beständig bemüht sind, dem Idealbild des aufgeklärten Bürgers zu entsprechen, der gut informiert und mit wohl überlegten Argumenten begierig darauf aus ist, auf einem Wahlzettel sein Votum zur Zukunft der Republik kundzutun?
Mal den – in einer funktionierenden Demokratie natürlich völlig unwahrscheinlichen – Fall angenommen, dass dem nicht unbedingt und zwingend so wäre und das womöglich noch ziemlich gleichverteilt zwischen allen denkbaren soziologischen und sonstigen statistischen Merkmalen: Die Annahme, dass die unterstellte Mündigkeit der Wähler mit dem Alter – statistisch formuliert – korrelliert, würde zweifelhaft erscheinen. Und die Absicht, sinkender Wahlbeteiliung durch eine quantitative Vergrößerung des Wahlvolks zu begegnen, hätte den Hauch von Schönfärberei, wenn gleichzeitig das Bemühen um enttäuschte Ex-Wähler eingestellt würde. Was wir natürlich wohlmeinend den parteipolitisch Engagierten nicht unterstellen wollen.
Ich habe meiner ersten Wahl richtiggehend entgegengefiebert und seither keine Wahlmöglichkeit ungenutzt verstreichen lassen (uugegeben nicht immer leichten Herzens). Das war und ist keine Frage des Alters, sondern der Einstellung. Dass genau darin die eigentliche Herausforderung liegt, ist eigentlich kein Geheimnis.
POLITIK
Foto: Thomas Wieck
Nach gedacht: Altersfrage
Politik - Kolumne
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