Mit einem defekten Laserpointer startete vor 25 Jahren die Ebay-Erfolgsstory. Inzwischen hat sich das Unternehmen zum globalen Online-Marktplatz mit 90 Prozent Festpreis-Warenanteil gewandelt.
Während sich die Mehrzahl seiner Landsleute am Labor-Day-Wochenende Anfang September 1995 dem Müßiggang hingab, zog sich der damals 28-jährige Pierre Omidyar in San Francisco zum Programmieren einer speziellen Basissoftware zurück. Auch wenn das Internet damals noch in den Kinderschuhen steckte, gab es in den USA schon eine genügend große Zahl von Nutzern, die der 1967 in Paris geborene frühe IT-Tüftler für seine Idee eines Internet-Auktionshauses begeistern zu können hoffte. Am 3. September 1995 hatte er die Auktionsseite fertig konzipiert und stellte am folgenden Tag zu Testzwecken einen kaputten Laserpointer auf der Webseite seiner im Nebenjob betriebenen Ein-Mann-Internet-Consulting-Firma „Echo Bay Technology Group" unter dem Namen „AuctionWeb" online. Einige Tage später ging auf dieser Plattform der erste Handel über die Bühne, da ein Interessent ein Gebot von 14,83 Dollar für das Gerät abgegeben hatte. Omidyar konnte es kaum glauben, hielt es für ein Versehen seitens des potenziellen Käufers, den er nach Kontaktaufnahme nochmals auf den defekten Zustand der Ware hingewiesen hatte. Doch der Mann erwies sich als Sammler kaputter Laserpointer.
Die mindestens ebenso hübsche, bis heute immer wieder kolportierte Geschichte, wonach Omidyar von seiner Freundin und heutigen Ehefrau Pamela zum Programmieren der Auktionswebseite animiert worden sei, weil die Lady sich davon fette Beute als glühender Fan von PEZ-Bonbon-Spender-Boxen versprochen habe, wurde von dem Bachelor-Informatik-Absolventen ins Reich der Märchen verwiesen. Vielmehr sei es von Anfang an sein Bestreben gewesen, so Omidyar in seinem persönlichen Rückblick, „einen möglichst effizienten Marktplatz für Privatleute zu entwickeln. Das war eher eine intellektuelle Übung, eine Idee, die ich in einem Experiment erproben wollte. Ein Hobby eigentlich, das neben meinem Job lief."
„Eine intellektuelle Übung, die ich erproben wollte"
Den Glauben daran, dass über das Internet und noch dazu über eine Online-Auktionsbörse tatsächlich riesige Warenströme würden fließen können, teilten Mitte der 90er-Jahre wirklich nur E-Commerce-Pioniere à la Omidyar oder die Macher der schon im Mai 1995 an den Start gegangenen Auktionsseite Onsale, während die breite Öffentlichkeit das damals noch als spinnerte Zukunftsfantasie abgetan hatte. Nach dem Laserpointer versteigerte Omidyar weitere Dinge aus dem eigenen Fundus sowie aus dem von Freunden und Bekannten. Das Ganze lief bereits nach wenigen Monaten so gut, dass er sich angesichts ständig steigender Serverkosten dazu genötigt sah, Verkaufsprovisionen zu erheben.
Schon nach neun Monaten verdiente Omidyar mit seiner nun „AuctionBay" getauften Plattform mehr als in seinem offiziellen Programmierer-Beruf in der Software-Entwicklungsabteilung von General Magic. Dorthin hatte es ihn nach diversen Jobs bei IT-Start-ups oder der Apple-Tochter Claris sowie des Verkaufs des mit Freunden gegründeten Unternehmens eShop an Microsoft verschlagen.
Bereits ein Jahr nach der Plattform-Lancierung waren 40.000 Nutzer registriert. Für Omidyar Grund genug, bei General Magic zu kündigen, den ersten Mitarbeiter Chris Agarpao einzustellen, wenig später die Verantwortung für das Tagesgeschäft an Jeffrey Scott zu übertragen und schon im Februar 1996 das bekannte Verkäufer-Bewertungssystem einzuführen. Der Name „Ebay" wurde erst 1997 aus der Not geboren, da die ursprünglich geplante Domäne „EchoBay" bereits vergeben war. In diesem Jahr belief sich die Zahl der monatlichen Auktionen schon auf 200.000, und der millionste Artikel, eine Spielzeug-Uhr aus der Sesamstraße, wurde verkauft.
Zur Finanzierung der weiteren Expansion erhielt Ebay, das sich innerhalb kürzester Zeit von einem vielversprechenden zu einem der besten Investments in der Geschichte des Silicon Valley entwickelte hatte, vom Benchmark Capital Fund einen Kapitalzuschuss in Höhe von 6,7 Millionen Dollar. Omidyar zog sich Schritt für Schritt aus den leitenden Funktionen zurück. Im August 1996 hörte er als Vorstandsvorsitzender auf, im November 1997 als Finanzvorstand, im Februar 1998 als Geschäftsführer. Unter Meg Whitman als bis 2008 aktivem CEO ging Ebay im September 1998 an die Börse und machte Omidyar mit einem Schlag zum Milliardär. Bei einem Ausgabepreis von 18 Dollar schoss die Aktie schon am ersten Handelstag auf mehr als 47 Dollar, der Wert des Unternehmens wurde auf 1,9 Milliarden Dollar taxiert.
Doch das war nur der Anfang. 2019 wurde ein Jahresumsatz von 10,8 Milliarden Dollar erzielt, woran der Gründer Omidyar dank eines Aktienanteils von 7,2 Prozent immer noch munter mitverdient. Das Geld setzt der selbsternannte Philanthrop inzwischen für gemeinnützige Zwecke ein und hat auch die Nachrichten-Webseite „The Intercept" als Finanzier ins Leben gerufen.
Mehrfache Millionäre in nur 100 Tagen
In Deutschland hatte sich zwischenzeitlich ein Ebay-Klon namens „Alando" etabliert. Die Brüder Marc, Oliver und Alexander Samwer hatten nach ihrer Rückkehr von einer kalifornischen Privatreise die Geschäftsidee schneller auf dem deutschen Markt nachgeahmt als Ebay es lieb sein konnte. Da Ebay die Pläne für eine Internationalisierung seines Online-Auktionshandels längst in der Schublade hatte und Deutschland als den nach den USA wichtigsten Markt erachtete, wurde der Konkurrent Alando 1999 schon nach 100 Tagen von Ebay für die Summe von 43 Millionen Dollar geschluckt. Nach dem gleichen Muster liefen in den folgenden Jahren weltweit Akquisitionen weiterer Auktionshäuser ab, weil der Ebay-Konzern, der 1999 global die Marke von zehn Millionen registrierter Nutzer erreicht hatte, ganz gezielt das Konzept verfolgte, den Online-Versteigerungsmarkt zu verkleinern und so letztlich zu monopolisieren.
Ein weiterer Meilenstein in der Ebay-Erfolgsgeschichte war die Einführung des Sofortkaufs zum Festpreis im November 2000 neben dem traditionellen, gegenwärtig bis zu zehn Tage dauernden Höchstgebot-Versteigerungs-Marathon. Das hatte zur Folge, dass der ursprüngliche Flohmarktcharakter, das Paradies für Sammler und Schnäppchenjäger oder die Umschlagbörse für gebrauchte Produkte, nicht mehr die erste kommerzielle Geige spielen konnten.
Aktuell werden von den rund 182 Millionen aktiven Kunden des globalen Online-Marktplatzes 90 Prozent der Waren zum Festpreis erworben, wobei der Anteil der Neuware inzwischen 79 Prozent beträgt. Zwar ist Ebay noch immer die größte Online-Auktionsplattform und bietet daher Privatleuten unverändert die Chance, sich von persönlichen Habseligkeiten gegen Gebot zu trennen. Doch die gewerblichen Verkäufer spielen längst umsatzmäßig die entscheidende Rolle. Dennoch kann Ebay im E-Commerce mit Amazon nicht mithalten.
Der legendäre Werbe-Slogan „3, 2, 1, meins" wurde 2016 aufgegeben und durch das Motto „Genau deins" ersetzt. Er wurde schlicht der Realität angepasst, weil das Geschäft mit Auktionen von Privatanbietern zwar für das Ebay-Image noch immer wichtig ist, aber in der allgemeinen Wahrnehmung zu hoch angesiedelt war.
Papst-Golf erzielte 189.000 Euro
Neben den verschiedenen Übernahmen anderer Online-Auktionshäuser hat Ebay in den 25 Jahren seines Bestehens auch spektakuläre Käufe wie 2002 den des Online-Zahlungsservices Paypal getätigt, wenngleich 2015 wieder die Trennung in zwei voneinander unabhängigen börsennotierte Unternehmen erfolgte. Hatte Paypal während der Zusammengehörigkeit viel Geld in die Ebay-Kassen gespült, schien Ebay mit der milliardenschweren Akquise von Skype 2005 nicht so recht glücklich zu werden, weshalb man schon 2009 die Skype-Mehrheit wieder abtrat.
Reichlich Schmunzelpotenzial bietet übrigens die Liste der schrägsten Artikel, die in 25 Jahren Ebay gewissermaßen unter den Hammer gekommen sind. Bekannt wurde beispielsweise ein VW Golf, der einstmals im Besitz des deutschen Papstes Benedikt XVI. gewesen und dem Käufer fast 189.000 Euro wert gewesen war. Ein Chicken McNugget in Form des Konterfeis von George Washington brachte bei einer Ebay-Auktion den stolzen Preis von umgerechnet 6.100 Euro. Für die Visitenkarte eines ehemaligen Apple-Mitarbeiters kamen Gebote von mehr als 80.000 Dollar zusammen. Ein Marktflecken namens Liebon in der Oberlausitz wurde 2009 für 300.000 Euro angeboten, es fand sich dafür sogar ein Käufer, doch sollte die geforderte Summe letztlich niemals überwiesen werden. Das teuerste Produkt, das jemals bei einer Ebay-Auktion den Besitzer gewechselt hatte, war 2006 eine Luxus-Mega-Jacht für schlappe 168 Millionen Dollar. Dagegen war ein Gulfstream-Privatjet mit 4,9 Millionen Dollar 2001 geradezu ein Schnäppchen.