In Corona-Zeiten sind Audioguides eine willkommene Alternative zu herkömmlichen Führungen. Mit der „Lauschtour"-App auf dem Smartphone lässt sich der Europäische Kulturpark in Bliesbruck-Reinheim auf eigene Faust entdecken – samt angenehmer Erzählerstimme im Ohr.
Der Europäische Kulturpark in Bliesbruck-Reinheim eignet sich im Herbst hervorragend für einen Sonntagsausflug mit der Familie. Normalerweise kann man mit seinen Liebsten durch den Park schlendern und die Ausgrabungen der Kelten und Römer genießen. Auf den Infotafeln stehen wichtige Eckdaten zu verschiedenen Stationen, aber eine Führung macht den Ausflug erst perfekt.
Die „Lauschtour"-App bietet quasi einen Guide per Smartphone an. Sie beinhaltet verschiedene Audio-Führungen in ganz Deutschland. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. In Bliesbruck-Reinheim wird eine solche Tour auch angeboten, und ich habe sie getestet. Ein Manko ist allerdings, dass speziell diese Tour nur auf Deutsch angeboten wird. Da der Europäische Kulturpark zur Hälfte in Frankreich liegt, wäre zumindest Französisch von Vorteil. Andere Touren in der App sind bereits mehrsprachig konzipiert. Gerade in der jetzigen Zeit, in der man allerorten ans Abstandhalten erinnert wird, lassen sich so ohne Informationsverlust große Menschenansammlungen vermeiden.
Das Gute daran ist, dass nicht nur die App kostenlos ist, sondern auch der Eintritt in den Park. Nur für die Museen auf dem Gelände – wie das Fürstinnengrab –
muss man Eintritt zahlen. Pro Erwachsenem kostet die Karte fünf Euro.
Nachdem die App heruntergeladen und die Tour gefunden ist, kann es losgehen. Nun entscheidet jeder selbst, ob man manuell die verschiedenen Audio-Aufnahmen startet oder ganz einfach sein GPS am Handy aktiviert. Ich wähle die GPS-Variante. So ertönt an den Standorten eine Art Klingel, und eine angenehme Männerstimme erzählt die wichtigsten Fakten.
Der Sprecher hat eine wohlklingende Stimmlage, sodass einem das Zuhören leichtfällt. Außerdem werden die Hörpunkte zusätzlich durch Erklärungen eines Archäologen ergänzt. Oft erinnert der Audio-Guide an ein Hörspiel, wenn beispielsweise die einzelnen Stationen durch Geräusche eines Marktes, auf dem dichtes Gedränge herrscht, vorstellbar werden. So wird die Tour nicht langweilig. Durch die Hörspielpassagen wird also die Fantasie des Hörers angeregt. Am Informationszentrum des Kulturparks startet die Lauschtour. Bei der ersten Aufnahme wird man erst mal ins Thema eingeführt. Zuerst werde ich zum Museum im Informationszentrum geführt.
Dank der Erklärungen im Ohr erfährt man, was dort alles ausgestellt wird. So beschreiben App-Stimme und Archäologe, welche Funde in Bliesbruck- Reinheim ausgegraben worden sind. Beispielsweise fand man Münzen, die vermutlich als Bauopfer unter Häusern lagen. Auch die zweite Audioaufnahme ist nicht weniger interessant. Man steht vor einem Weiher – dem Fundort des Fürstinnengrabes, das 1954 während Bauarbeiten eher zufällig entdeckt wurde. Auf meinem Rundgang durch den Park kündigt sich eine neue Station mit einem klingelähnlichen Ton an. So kann es schon mal passieren, dass man beim Flanieren vor dem Geräusch erschrickt. Vor allem, wenn man gedankenverloren durch den Park spaziert.
Insgesamt liegen entlang der Route 13 verschiedene Stationen, die zu einer Art Rundweg aneinandergereiht sind. Innerhalb von anderthalb Stunden legt man dabei eine Strecke von rund 3,5 Kilometer zurück, ohne dass es langweilig wird. Per GPS kann man, ohne sein Smartphone zu zücken, durch den Kulturpark schlendern und die Umgebung genießen. Das macht den Weg angenehmer, und man konzentriert sich voll und ganz aufs Lauschen.
Taverne beherbergt kleines Restaurant
Wenn man allerdings diese Funktion nicht nutzen möchte, kann man auf der Rückseite der Infotafeln die jeweilige Lauschstation sehen. Sich verlaufen oder von der Wegroute abkommen kann man dank der App nicht. Auf einer interaktiven Karte wird einem der Verlauf der Lauschtour angezeigt. Bei der GPS-Ortung finden Appnutzer also immer den aktuellen Standort der Tour.
Richtig spannend wird die Lauschtour besonders ab der vierten Station. Dort springt man in der Zeit um 400 Jahre nach vorne – von den Kelten zu den Römern. Im Ohr ertönen die Worte: „Und jetzt wird es luxuriös." Man findet die Umrisse einer römischen Villa, in der vermutlich „eine wirtschaftlich und politisch unglaublich einflussreiche Familie" lebte. Die Villa und das dazugehörige Land sollen so groß wie zehn Fußballfelder gewesen sein, erfahre ich im Flüsterton vom Erzähler.
Auf einer Informationstafel ist in H-Form die römische Villa dargestellt. Nach den Umrissen der Villa geht man zum dazugehörigen Wirtschaftsteil. Mit Hintergrundgeräuschen erscheint dem Hörer die komplette Tour noch kurzweiliger – eben wie bei einem Hörspiel. Man stellt sich gleich viel leichter das Treiben und den Trubel in den Straßen vor. Ein Gebäude sticht bei allem besonders hervor. Es wurde komplett nachgebaut und diente damals vermutlich als Kornspeicher.
Heute heißt das Haus Taverne, und darin befindet sich ein kleines Restaurant, das sich perfekt für eine kurze Pause eignet. Nach fast der Hälfte der Tour hat man hier Gelegenheit, um sich auszuruhen. Neben warmen Speisen und Getränken werden auch Kuchen und Eis angeboten. Also braucht man sich nicht unbedingt eine Wegzehrung von zu Hause mitbringen. Doch auch mitgebrachte Snacks darf man im Park auf einer Sitzgelegenheit verzehren.
Nach der wirklich gelungenen Lauschtour endet der Audioguide mit einem Ausblick in die offene Landschaft der Biosphäre. Auf eine kleine Bank am Wegesrand setze ich mich und lasse – wie der Sprecher es in mein Ohr sagt – meinen Blick über die Landschaft schweifen. 2009 wurde diese Region um Bliesbruck-Reinheim zum Unesco-Biosphärenreservat deklariert. Beim Betrachten der umliegenden Natur fällt ein Nutzungsmosaik auf. Es gibt hier „nicht nur eine Nutzungsart der Fläche, sondern es ist wie ein Mosaik", erklärt der Experte im Ohr.
Die Landschaft ist unglaublich facettenreich, auch was die Artenvielfalt betrifft. Nachdem man anderthalb Stunden den Kulturpark selbst entdecken konnte und der Stimme lauschte, ist diese letzte Station erholsam und kann hier ausklingen.
Die Lauschtour ist gerade in Zeiten wie diesen eine geniale Alternative zu Führungen mit vielen Menschen. Man kann sein eigenes Tempo bestimmen, kann an manchen Stationen nach Belieben verweilen und muss nicht dicht gedrängt nebeneinander stehen. Trotz allem war die Lauschtour sehr erholsam, beruhigend und informativ.