Am 26. und 27. September lädt die Landeshauptstadt Saarbrücken zu den Tagen der Bildenden Kunst ein, bei denen Künstler Einblicke in ihre Ateliers gewähren. Auch die Malerin Annette Marx erwartet Kunstinteressierte.
Am letzten Septemberwochenende sind sie wieder unterwegs, die „Kunsttouristen", die in der Landeshauptstadt Saarbrücken von Atelier zu Atelier ziehen, um Künstlerinnen und Künstler kennenzulernen und deren Werke zu entdecken. Ein schöner Nebeneffekt: Man trifft viele Bekannte und Freunde beim Rundgang, hier ein Plausch und dort ein Glas Crémant. Das gehört einfach dazu und ist sicherlich auch Teil des Erfolges der Tage der Bildenden Kunst, die im Jahr 2020 zum 21. Mal stattfinden. Diesmal wird wohl alles ein wenig anders sein, denn es gilt, coronabedingt Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten. Das wird den üblichen Eventcharakter sicherlich ein bisschen schmälern, aber hoffentlich die Kunstinteressierten nicht generell vom Stöbern und Entdecken abhalten. Gerade jetzt brauchen die Kunstschaffenden Unterstützung – ideell und finanziell. Praktischerweise listet das vom Kulturamt der Stadt Saarbrücken herausgegebene Begleitheft die Teilnehmenden nach Stadtteilen auf, das ermöglicht einen guten Überblick, welche Künstlerinnen und Künstler sich im näheren Umfeld befinden, wenn man sich für einen Stadtteil entschieden hat. Zu den zwölf Einträgen im Nauwieser Viertel gehört auch das Atelier von Annette Marx in der Cecilienstraße 33. Dass sich hier früher ein Ladenlokal befand, ist noch an der großen Fensterfront ersichtlich. 2012 stand es leer, und Annette Marx hat sofort zugegriffen. Einigen Kunstfreunden wird dieser Ort noch als Atelier von Otto Lackenmacher in Erinnerung sein, der hier 1988 auch verstorben ist.
Mitten im Viertel fühlt sich Annette Marx wohl. Auch wenn keine Tage der Bildenden Kunst angesagt sind, schaut ständig jemand durch die Fensterscheibe ins Atelier. Im Schaufenster hat sie zudem immer mehrere Gemälde aus ihrer „Industrial"-Serie arrangiert, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Trotzdem kann sie hier ungestört arbeiten. An ihrer Seite ist ihr Beschützer auf vier Pfoten, der schöne Figo, der neugierige Passanten lautstark begrüßt.
Besuche mit Begleitheft planen
Die 1964 in Saarbrücken geborene Annette Marx hat schon in ihrer Kindheit gerne gezeichnet und früh Aquarellkurse besucht. Aber dann sollte sie – nach dem Wunsch der Eltern – doch erstmal etwas Ordentliches lernen. So hat sie Wirtschaftsinformatik studiert und auch ihr Diplom abgelegt, der Kunst ist sie jedoch immer treu geblieben. Zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes arbeitet sie heute halbtags in ihrem Beruf, die übrige freie Zeit verbringt sie am Nachmittag im Atelier.
Seit einigen Jahren arbeitet sie an Collagen bei denen Fotos – aufgenommen in der Völklinger Hütte – in die Malerei integriert werden. Oder vielmehr umgekehrt. Zuerst ist das Foto da, dieses ergänzt sie, indem das Fotomotiv auf der Leinwand malerisch fortgeführt wird. Auf Vorzeichnungen verzichtet sie fast vollständig, denn die grundierte Leinwand gibt bereits Strukturen vor, die sie zur Erweiterung des Bildmotivs animieren. Ihre favorisierten Materialien sind Acrylfarbe und sparsam eingesetzt auch Kreide. „Ich liebe Acrylfarbe und ich habe auch keine Geduld für die Ölmalerei. Das dauert mir zu lange. Gerne arbeite ich auch parallel an mehreren Bildern", erklärt Marx ihre Arbeitsweise. Dabei bevorzugt sie fast immer das Quadrat als äußere Form, denn sie mag die „Gleichmäßigkeit und Perfektion der quadratischen Form". Bei den Farben dominiert eindeutig Rot, da dies für Marx die Farbe mit der größten Nuancierung darstellt, „von Zorn bis Weichheit" kann sie damit alles ausdrücken. Den Auftakt für ihre „Industrial"-Serie mit Fotos der Völklinger Hütte als Ausgangspunkt begann sie mit einer Aufnahme des Gasometers im Jahr 2016, der für Marx vor allem die „Schönheit der Vergänglichkeit" thematisiert.
Die Farbe Rot in Nuancierungen
Den Gasometer hat sie seither mehrfach als Bildmotiv gewählt. Zu den zuweilen poetisch anmutenden Gemäldetiteln wird sie von der Musik der Independent-Band Tool inspiriert, die sie während des Arbeitsprozesses hört. Die mag vielleicht dem einen oder anderen Atelierbesucher an den Nerven zerren, auf Annette Marx wirkt sie kontemplativ. Ihren Bildern fügt sie häufig auch poetische Texte hinzu, die die Bildmotive zusätzlich ergänzen.
Die letzten Monate – seit der Corona-Krise und dem Lockdown – waren schwierig, denn alle Ausstellungen wurden abgesagt oder verschoben, so auch eine Kollektivausstellung im Garelly-Haus, die für den Sommer angedacht war. Für November ist nun wieder eine Ausstellung im „Blauen Hirsch" in Planung, die aus dem Solidaritätsfonds der Landeshauptstadt unterstützt wird.
An den Tagen der Bildenden Kunst will Annette Marx vor allem Einblicke in ihre Arbeit gewähren; zusätzlichen Eventcharakter mit Live-Musik und Schnittchen braucht sie nicht. Mit den Besuchern ins Gespräch kommen, Fragen beantworten und Kunstinteressierte auf ihre kommenden Ausstellungen aufmerksam machen sind ihre selbstgesteckten Ziele und Erwartungen an das letzte Septemberwochenende. Und kaufen kann man ihre Kunst schließlich auch: „Kauft Kunst, dann kommt Ihr in den Himmel!", ergänzt die Malerin lachend. Ein kleiner Wermutstropfen ist an diesem Wochenende dabei: Ihr Hund Figo muss zu Hause bleiben und darf erst nach dem Kunstspektakel wieder seine Wachposition im Atelier beziehen.