Der Deutsch-Französische Garten ist ein beliebtes Ausflugsziel für Familien mit Kindern, Spaziergänger, für Jogger oder auch für Menschen, die einfach mal abschalten möchten. Eine Momentaufnahme.
Hinter dem Absperrgitter vor dem Gelände der ehemaligen Gulliver-Welt im Deutsch-Französischen Garten klafft ein gähnendes Loch. Ein kleiner Dreikäsehoch in seiner kurzen blauen Latzhose und einem fröhlich gelben T-Shirt stellt sich am Absperrzaun auf die Zehenspitzen und macht sich gaaaanz lang. „Ich kann nichts sehen", jammert der allenfalls Dreijährige, der in seinem Outfit an eine der Minion-Zeichentrickfiguren erinnert. Sanft hebt ihn seine Mutter hoch, damit auch er einen Blick in das Loch erhaschen kann. „Boah!", sagt er. „Das ist aber tief, Mama."
Wie viele andere an diesem Tag nutzen die beiden das herrliche Septemberwetter mit den ungewöhnlich hohen Temperaturen jenseits der 30-Grad-Marke für einen Spaziergang im DFG. Allzu viele herrliche Tage dieser Art wird es mutmaßlich in diesem Jahr wohl nicht mehr geben. Entsprechend viel los ist in der Grünen Lunge vor den Toren der Stadt. Einige Jogger drehen ihre Runden um den See, die einen flotten Schrittes, andere hörbar keuchend. Mütter mit Kinderwagen spazieren gemütlich durch den Park, einige Mitarbeiter des benachbarten Hotelkomplexes genießen ihre Mittagspause auf einer Bank im Schatten vor den Gleisen der historischen Bimmelbahn. Ein Radfahrer legt eine Pause ein und gönnt sich ein Eis am kleinen Kiosk, ehe er den Anstieg in Richtung Metzer Straße in Angriff nimmt.
Die Gondeln der historischen Seilbahn und die ebenfalls historische Schienenkleinbahn bleiben an diesem Tag in ihren Garagen. Beide sind jeweils nur mittwochs sowie an Wochenenden und an Feiertagen im Einsatz, wie ein älteres Ehepaar enttäuscht erfährt. Sie hatten sich so auf einen kleinen Flug über den Park gefreut.
Der kleine Minion ist derweil noch immer fasziniert von dem tiefen Loch und will gar nicht mehr runter von Mamas Arm. Das Loch ist Teil der Renaturierungsarbeiten auf dem Teilstück der ehemaligen Gulliver-Welt. Bis Ende des Jahres soll hier neben dem bereits vorhandenen Spielplatz am Ehrentalweg ein weiterer Spielplatz für den kleinen Mann und alle anderen Kinder, die den DFG besuchen, entstehen (siehe auch Interview Seite 4). Diese Arbeiten sind zudem der Grund dafür, dass der Deutschmühlenweiher im DFG derzeit ein eher trauriges Bild abgibt und auch die Wasserorgel im wahren Wortsinne auf dem Trockenen liegt. Drei braun-weiße Höckergänse watscheln laut schreiend durch den Schlick und betrachten neugierig das Gestell der Metallrohre, das normalerweise allenfalls schemenhaft unter der Wasseroberfläche zu erahnen ist. Jetzt steht es ganz offen auf einer Sandbank.
Zwei ältere Damen sitzen gemütlich auf einer der Bänke in unmittelbarer Nähe, genießen die Sonnenstrahlen und beobachten interessiert das Schauspiel. Auch sie blicken verwundert dorthin, wo normalerweise um diese Zeit Wasserfontänen zu den unterschiedlichsten musikalischen Klängen in die Höhe schießen. Dabei spekulieren beide wild darüber, wohin wohl das ganze Wasser verschwunden sein könnte. „Da ist bestimmt der Klimawandel daran schuld", mutmaßt die eine. „Und der fehlende Regen. Der Sommer war ja viel zu trocken", pflichtet ihr die andere bei.
Völlig Unrecht haben die Damen nicht, wie sich auf manchen Wiesen des Parks oberhalb der Konzertmuschel zeigt. Viele Rasenflächen, die nicht von den hohen, dichten Bäumen beschattet werden, sind regelrecht von der Sonne verbrannt. Statt saftig grün sind weite Teile gelblich-braun. Die fehlenden Niederschläge machen sich wie überall auch im DFG bemerkbar.
Blickt man von hier aus auf den Deutschmühlenweiher, dann sieht es aus der Ferne so aus, als hätten sich mitten auf dem See fünf riesige Schwäne, zwei mächtige Flamingos und drei überdimensionierte Enten zusammengerottet und konspirativ ihre Köpfe zusammengesteckt. Tatsächlich sind es die stylischen Tretboote, die hier alle zusammenliegen. Wegen des niedrigen Wasserstands des Sees dümpeln auch sie seit Anfang September ungenutzt vor sich hin.
Der Deutschmühlenweiher bietet derzeit ein sehr ungewohntes Bild
Auch die Enteninsel am Fuße der Spielbank ist derzeit keine mehr. Der Wasserlauf, der die künstlich angelegte Insel normalerweise umspült und vom benachbarten Weg trennt, wird vom See gespeist. Da der Wasserspiegel derzeit unterhalb des Zulaufs liegt, hat sich der Wasserlauf in einen tiefen Morast verwandelt. Ohnehin ist die Insel bis auf einen einsamen Reiher verwaist. Viele der Enten erkunden entweder wie die zuvor erwähnten Höckergänse die ungewohnten neuen Landmassen und picken eifrig mit ihren Schnäbeln im Schlick, um die neu gewonnenen Futterquellen auszubeuten. Andere dösen gemütlich im Schatten vor sich hin, die Schnäbel tief ins Rückengefieder vergraben. Sie lassen sich auch nicht von den Spaziergängern stören, die wenige Schritte entfernt vorbeiflanieren. Die Tiere sind Menschen gewöhnt und schenken den ungefiederten Zweibeinern nicht mehr als einen müden Blick.
Eine Krähe bearbeitet mit ihrem spitzen Schnabel eine der unzähligen Eicheln, die so langsam überall von den Bäumen fallen. Immer wieder schwingt sich der schwarze Vogel in die Lüfte, um die Nussfrucht aus großer Höhe auf den Asphalt krachen zu lassen und sie so zu knacken. Bis sie laut schimpfend in den nächsten Baum flattert, weil sie wieder einmal von einem der vielen Hunde, die mit Herrchen oder Frauchen Gassi gehen, gestört wird.
Ein Mitarbeiter der Stadt gießt derweil die Blumenpracht, die angesichts der heißen Temperaturen besondere Zuwendung braucht. Wobei sich der geneigte Hobbygärtner fragt, ob Gießen in der prallen Mittagssonne nicht eher kontraproduktiv ist. Aber gut, den beiden Joggern, die gerade vorbeikommen, ist das egal. Sie genießen den zarten Sprühnebel, den der Wind herüberträgt, dankbar für die kleine Abkühlung.
Trotz der Baumaßnahmen hat ein Spaziergang durch den DFG auch derzeit etwas Entspannendes. Selbst eine halbe Stunde in der Mittagspause ist wie ein kleiner Kurzurlaub. Perfekt, um den Akku wieder aufzuladen. Kein Wunder, dass es so viele Menschen jeden Tag hierherzieht, um sich für einige Stunden aus dem Alltagsstress auszuklinken und die Ruhe und die Natur zu genießen.