Moderne Ehepaare teilen oft nicht nur Freud und Leid
Wir Männer müssen in jüngster Zeit eine bittere Pille nach der anderen schlucken. Irgendwo – und es war kein Frauenmagazin –
mussten wir jetzt lesen, dass die einstigen Angehörigen (oder sollten es genauer „Mitglieder" heißen?) des „starken Geschlechtes" auch als Finanzchef der Familie ausgedient haben. Falls wir jemals geglaubt haben sollten, diese Rolle innezuhaben, so sind uns seit Längerem schon beim Blick in unseren schwindsüchtigen Geldbeutel arge Zweifel daran gekommen, dass wir die finanziellen Geschicke unserer Familie tatsächlich noch autonom zu lenken vermögen.
Nur noch in jeder vierten Ehe ist angeblich der vermeintliche „Herr des Hauses" wenigstens noch „Herr des Baren". Was für uns als materiell demokratisierter – oder heißt es richtiger domestizierter? – Ehepartner nur bedeuten kann, dass wir – natürlich rein statistisch – noch mindestens drei weitere Ehen eingehen müssten, um endlich mal an eine Frau zu geraten, die uns, vermutlich aus Bequemlichkeit, die Regelung der Familienfinanzen überlässt. Wir befürchten allerdings, dass es dann nach den bis dahin rechnerisch erforderlichen drei Scheidungen auf unserer Seite nicht mehr allzu viel zu regeln gibt.
Obwohl wir uns mit der finanziellen Emanzipation der Frauen längst abgefunden haben, bewundern wir die vielen modernen Paare, die sich zwar vorm Traualtar altmodisch schwören, Freud und Leid miteinander zu teilen, diesen edlen Vorsatz aber in Geldfragen problemlos außen vor lassen können. Und daher beim Bezahlen immer ihr eigenes Ding machen.
Vielleicht glauben sie ja, dass beim Geld nicht nur die sprichwörtliche Freundschaft, sondern auch die Liebe aufhört? Und sich deshalb sagen: Besser getrennte Kassen als getrennte Betten. Nun gut, wer mit einem notorischen Schnarchkopf verheiratet ist, mag das vielleicht auch anders sehen.
Wenn wir beobachten, dass besagte emanzipierten Ehepaare im Lokal bierernst und akribisch jede einzelne Position der Rechnung über 13,50 Euro auseinanderdividieren, um ihren jeweiligen Verzehranteil zu ermitteln, und jeder dann seinen persönlichen Part aus dem eigenen Portemonnaie begleicht; und wenn wir mitbekommen, wie offensichtlich betuchte Paare sich darüber ereifern, ob einer dem anderen die vor acht Tagen vorgestreckten drei Euro Briefmarkenporto schon zurückerstattet hat oder ob diese immense monetäre Schuld schon seit über einer Woche geradezu schicksalhaft über der ansonsten harmonischen Beziehung schwebt: Spätestens dann dämmert es uns, wie hart dieses Stückchen ehepartnerschaftliche Unabhängigkeit im Laufe der vergangenen Jahrzehnte erkämpft worden sein muss.
Jedem aufmerksamen Beobachter wird klar, dass solche modernen Paare sich diese emanzipatorischen Errungenschaften nicht mehr so schnell abkaufen lassen. Jedenfalls nicht für drei Euro. Sicher führen solche Paare auch pedantisch Fahrtenbuch, damit nicht einer das Spritgeld des anderen selbstvergessen durch den Vergaser jagt. Und welche Beziehungsdramen müssen sich da zutragen, wenn beim Abendbrot einer von den gemeinsam finanzierten sechs Wurstscheiben aus purem Egoismus mehr als die ihm zustehenden drei auf die Stulle packt?
Offensichtlich hat in manchen Lebenspartnerschaften – bei allem versprochenen Wir – das Dein und Mein gerade beim Geld einen sehr hohen Stellenwert. Uns sind doppelverdienende Ehepaare bekannt, die sich gegenseitig die Höhe ihres Monatsverdienstes verheimlichen oder den anderen aus liebevoller Diskretion nicht danach fragen. Zumindest solange immer Geld genug auf dem eigenen Konto ist.
Wir sehen ein, dass auch wir uns dem Zeitgeist anpassen müssen und nehmen uns vor, beim nächsten Lokalbesuch mit unserer Frau auf das brutal machohafte und geradezu frauenfeindliche „Alles zusammen, bitte" zu verzichten und unsere Gattin ihren Anteil auf den Cent genau selbst bezahlen zu lassen. Hoffentlich hat sie dann dafür Verständnis, dass wir so engagiert für ihre Emanzipation kämpfen. Koste es, was es wolle. Im Idealfall dann eben genau die Hälfte.