Als Vorstandsmitglied soll Klaus Allofs Fortuna Düsseldorf wieder in die Spur bringen. Für den einstigen Nationalspieler ist diese Aufgabe mehr als nur ein Job, sondern die Rückkehr zu den Wurzeln.
Es ist so eine Sache, wenn Fußballvereine neue Trainer, Spieler oder Funktionäre vorstellen. Es fallen dort die immer gleichen Floskeln, in denen stets die Rede ist von großen Herausforderungen, enormen Potenzialen und positiven Eindrücken und man alles dafür tun wolle, um gemeinsam erfolgreich zu sein.
Vor diesem Hintergrund ist die Vorstellung von Klaus Allofs als Vorstandsmitglied von Fortuna Düsseldorf Ende September eine wohltuende Ausnahme. Kein Wunder, schließt sich für den gebürtigen Düsseldorfer Allofs mit der Rückkehr zur Fortuna doch ein Kreis. So wählt der mittlerweile 63-Jährige bei seiner Antrittspressekonferenz Worte, die man in solchen Runden eher selten hört: „Das ist mein Club, meine Heimat. Ich bin schon als Junge mit der Fahne zum Flinger Broich, habe dort die Spiele geschaut und mir von meinen späteren Mitspielern Autogramme geholt." Aus dem einstigen Fortuna-Fan wurde bekanntlich später ein überaus erfolgreicher Fortuna-Spieler, für eine kurze, wenig erfreuliche Zeit auch ein Fortuna-Trainer und nun also ein Fortuna-Vorstand, der sich um die Gebiete Fußball und Entwicklung, Kommunikation sowie Corporate Social Responsibilty kümmern soll. Damit ist Allofs nun neben dem Vorsitzenden Thomas Röttgermann, Christian Koke (Marketing) und Uwe Klein (Sport) das vierte Mitglied des Fortuna-Vorstands. Wegen seiner Prominenz soll er natürlich auch das neue Gesicht dieser Clubspitze sein, mit seinem großen Namen bislang verschlossene Türen öffnen und vor allem für Aufbruchstimmung beim zuweilen fatalistisch wirkenden Bundesligaabsteiger sorgen.
„Niemand steht mehr für Fortuna als er"
„Diese Aufgabe, die ich jetzt übernommen habe, ist nur bei Fortuna zu machen, nicht bei irgendeinem anderen Club", betont Allofs bei seiner Vorstellung, wie sehr es sich um eine Herzensangelegenheit handelt. Aber das nicht nur wegen des Vereins, sondern auch wegen seines guten Freundes Thomas Röttgermann. Der ist ganz zufällig Vorstandsvorsitzender bei der Fortuna, hat mit Allofs schon beim VfL Wolfsburg zusammengearbeitet und ist „extrem dankbar, dass wir eine Möglichkeit gefunden haben, ihn einzubinden. Klaus Allofs ist eine Düsseldorfer Legende, niemand steht mehr für Fortuna als er." Von einem Freundschaftsdienst will Allofs dennoch nichts wissen und erklärt entschlossen, dass es sich um „keine Kumpelgeschichte" handele. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Fortuna, Björn Borgerding, ist jedenfalls hellauf begeistert und bezeichnet den Moment der überraschenden Verpflichtung als „großen Tag für Fortuna Düsseldorf. Keiner hat es für möglich gehalten, die Identifikationsfigur zurück zur Fortuna zu holen." Borgerdings Stellvertreter Sebastian Fuchs schlägt in dieselbe Kerbe: „Ich bin sehr dankbar, dass es uns gelungen ist, mit Klaus Allofs einen der erfolgreichsten Fußballmanager Deutschlands zurück zu seinem Heimatverein zu lotsen. Ich bin heute einfach glücklich!" Er wird noch viel glücklicher sein, wenn es gelingt, Allofs‘ ambitionierte Ziele auch tatsächlich zu erreichen. Immerhin will der Europameister von 1980 mit der Fortuna irgendwann „zu einem Kreis von Clubs gehören, die zur Elite der ersten Liga zählen."
Die Älteren werden sich erinnern, dass Fortuna Düsseldorf in der Tat schon einmal Teil dieser Elite war. Klaus Allofs hatte daran einen gehörigen Anteil. Er gewann mit dem Verein 1979 und 1980 den DFB-Pokal, unterlag dem FC Barcelona im Endspiel des Europapokals der Pokalsieger nur knapp mit 3:4 nach Verlängerung und wurde selbst als bislang einziger Fortune Torschützenkönig der Bundesliga. Doch während die Fortuna seitdem frei von vergleichbaren Erfolgen eifrig im Fahrstuhl zwischen den Ligen unterwegs ist, legte Allofs eine bis 1993 dauernde Bilderbuchkarriere mit weiteren Stationen beim 1. FC Köln, Olympique Marseille, Girondins Bordeaux sowie Werder Bremen hin und war zeitweilig sogar Kapitän der deutschen Nationalmannschaft.
Mit sehr viel weniger Erfolg war Allofs anschließende Trainerlaufbahn gesegnet. Im Sommer 1998 übernahm er seine Fortuna und war den Job bereits neun Monate später wieder los, als die Mannschaft ans Tabellenende der 2. Liga stürzte. So sattelte Allofs um und wurde Manager von Werder Bremen, wo er mit seinem ehemaligen Bremer Mitspieler Thomas Schaaf sowie enormem Transfergeschick ein Team von europäischem Format aufbaute und dafür unter anderem Spieler wie Johan Micoud, Miroslav Klose und Mesut Özil in die Hansestadt lockte. Eine Meisterschaft (2004), zwei DFB-Pokalsiege (2004 und 2009) sowie mehrere Teilnahmen an der Champions League später galt Allofs als einer der fähigsten Männer seines Fachs und wechselte zum VfL Wolfsburg. Auch dort blieb ihm der Erfolg in Form eines weiteren DFB-Pokalsiegs 2015 treu.
Eine Bilanz, die auch den ein oder anderen sonst eher sachlichen Vertreter ins Schwärmen über Allofs geraten lässt. So zeigt sich Fortunas Ex-Coach Friedhelm Funkel in seiner Kolumne in der „Rheinischen Post" äußerst begeistert von der namhaften Verpflichtung, bezeichnet Allofs als „absoluten Glücksfall für den Verein" und ergänzt: „Klaus ist ein absoluter Profi, der hat seinen Job von der Pike auf gelernt. Der hat als Spieler einiges erreicht und war später auch als Verantwortlicher bei Werder Bremen und später in Wolfsburg erfolgreich. Mit Bremen hat er über Jahre die Bayern geärgert. Ich habe ihn für seine Arbeit bewundert." Eine Breitseite gegenüber seinen ehemaligen Chefs kann sich Funkel allerdings nicht verkneifen und attestiert Allofs „eine Strahlkraft, wie sie sonst niemand von den aktuellen Verantwortlichen hat. Im Vorstand war bisher keiner für die erste Reihe dabei." Funkels Verhältnis zur Vereinsführung ist nicht das beste, seit er – trotz überraschendem Aufstieg 2018 und nicht minder überraschendem Klassenerhalt im Jahr darauf – im vergangenen Januar etwas unschön vor die Tür gesetzt wurde.
„Absoluter Glücksfall für den Verein"
Doch wohin führt nun der Weg der Fortuna mit ihrem prominenten Vorstandsmitglied? Einmal mehr steht das Team an einem Scheideweg und weiß nach dem vermeidbaren Abstieg aus der Bundesliga und der anschließenden Fluktuation im Kader noch nicht wirklich, wo es steht. Ein gewisser Anspruch ist selbstverständlich vorhanden und wird nicht nur von Allofs unmissverständlich formuliert: „Ein Verein wie Fortuna muss die Ambition haben, in der Bundesliga zu spielen." Dennoch wabert eine Ungewissheit rund um die schmucke Arena. Passt der völlig neu zusammengestellte Kader zusammen? Wie wirkt sich die Corona-Krise mittel- und langfristig auf die Fortuna aus? Und wie wird die Zusammenarbeit zwischen Allofs und Uwe Klein funktionieren? Immerhin war Klein bislang allein als Vorstandsmitglied für den sportlichen Bereich zuständig, seit er diesen Job am 1. Juni nach dem freiwilligen Rückzug seines Vorgängers Lutz Pfannenstiel übernommen hat. Nun wird er wahrscheinlich Kompetenzen abgeben müssen. Darauf angesprochen, wiegeln beide ab und versprachen beinahe demonstrativ einen reibungslosen Ablauf. Im Interview mit der „Bild" wollte Klein von einem Kompetenzgerangel und einer Entmachtung nichts wissen: „Klaus ist konzeptionell und strategisch verantwortlich, ich bin weiterhin für das Tagesgeschäft, alles rund um die Mannschaft und das Sportliche verantwortlich. Klar ist aber: Wir wollen und werden im Team arbeiten, tauschen uns aus." Allofs sieht es ähnlich und erklärt: „Wir werden ohne Zweifel Schnittmengen haben. Wir werden die Zusammenarbeit in Angriff nehmen und dann schauen, wie das aussieht. Es geht mir nicht darum, irgendjemanden in seinen Kompetenzen zu beschneiden. Uwe Klein ist eng an der Mannschaft. Und ich habe die Möglichkeit, ihm Ratschläge zu geben. Darüber wird dann sicherlich diskutiert." Wie harmonisch und zweckdienlich diese Zusammenarbeit der beiden Sport-Vorstände letztlich funktionieren wird, könnte entscheidend sein für den Verlauf der Saison. Die Fortuna wäre nicht der erste Verein, der sich an internen Streitigkeiten in der Führungsetage aufreibt.