Wer auf der Straße langfristig überleben will, der muss wirklich hart im Nehmen sein. Hier gilt nämlich grundsätzlich das unausweichliche Recht des Stärkeren. Obdachlose entwickeln selten Loyalität untereinander, sind aber meistens Überlebenskünstler. Auch für Straßenmusiker ist das tägliche Musizieren in Fußgängerzonen eine knallharte, aber oftmals lehrreiche Feuerprobe. Wer hier mit seiner eigenen Musik auf sich aufmerksam machen kann, hat Glück. Denn nicht viele Passanten bleiben lange an einem Ort, wenn sie in der Stadt unterwegs sind.
Die Sängerin Elen hat diese Feuerprobe bestanden. Dabei wäre es fast schiefgelaufen. Warum? Na ja, sie hatte sich nicht vorher als Straßenmusikerin angemeldet und kam daher beinahe mit dem Gesetz in Konflikt. Doch nun hat sie ganz legitim ihr neues Album „Blind über Rot" veröffentlicht. In ihrem Song „Andere Arcaden" hat sie ihre spannende Zeit als Straßenmusikerin verarbeitet, das Ganze in eingängiger Pop-Manier und mit einer charakteristischen Stimmfarbe, die sich ab und zu überschlägt, was interessanterweise aber gut klingt. Ein paar kratzige Piepser kommen schon mal vor. Aber das stört nicht.
Und dass sie einen sturen Kopf besitzt, weiß sie selbst. Doch genau dieser Dickschädel hilft ihr nun vielleicht, im Musikbusiness zu überleben. Trotzdem wünscht sie sich manchmal, es wäre ihr wirklich alles egal, wie sie in dem gleichnamigen Song „Egal" besingt. Dabei rechnet sie auch mit oberflächlichen Freizügigkeiten anderer Musikerinnen ab. Elen bleibt diesbezüglich lieber konservativ – und das macht sie sympathisch. Doch auch wenn sie offensichtlich kein It-Girl sein will, hasst sie Heuchelei und vermeintlich „heile Welten". Schließlich hat ja jeder Mensch Probleme. Elen diskutiert dies gerne in der Öffentlichkeit aus – andere schützen ihr Privatleben. Nicht zuletzt deswegen wirken Elens Statements trotz ihrer Ehrlichkeit oder gerade deswegen gelegentlich ein wenig naiv. In „Luftschlösser" wünscht sie sich ihre verlorene Kindheit zurück. Ihre aktuelle Single „5 Meter Mauern" handelt von Verschlossenheit in zwischenmenschlichen Beziehungen.