Nicht alle, aber doch viele Männer haben nicht so recht was an Gesichtspflege. Dabei würde es ihnen ihre Haut danken. Gerade im Winter. Eine simple Routine ist dabei schon völlig ausreichend.
Beim Auto ist es klar: Wäsche, Innenreinigung und Pflege sind gleichermaßen Pflicht und Kür. Im Winter greift dann noch Salz den Lack an. Da muss nicht lange überlegt werden: ab in die Autowaschanlage und das beste Spezialprogramm gewählt. Fragt sich, ob der Fahrer den Pflege-Check auch bestehen würde. Regelmäßige Hautreinigung, Pflegecremes und -lotionen und zum Intensiv-Verwöhnprogramm noch eine Gesichtsmaske? Ohne alle Männer über einen Kamm scheren zu wollen, darf dennoch die provokante These aufgestellt werden, dass die Herren der Schöpfung ihrem fahrbaren Untersatz mehr Pflege angedeihen lassen als der eigenen Haut.
Die gute Nachricht zuerst: „Bei Männerhaut ist weniger mehr. Das aber bedeutet nicht gar nichts", weiß die Münchener Dermatologin Dr. Marion Moers-Carpi. „Die Haut von Männern ist 0,2 Millimeter dicker als die von Frauen, produziert mehr Talg, besitzt ein festeres und strafferes Bindegewebe. Dennoch ist sie im Winter auch einer weit geringeren Luftfeuchtigkeit in Innenräumen sowie permanenter Heizungsluft ausgesetzt und benötigt eine besonders feuchtigkeitsspendende Pflege", erklärt die auch zum Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) gehörende Ärztin. Cremes und Lotionen mit Urea, Glyzerin, Vitamin E, Vitamin B5 und Sheabutter bieten da Abhilfe. Fettreiche Produkte hingegen, so Moers-Carpi, seien kontraproduktiv. Durch die von Natur aus gegebene höhere Talgproduktion würden die Poren verstopfen und das ebenso unangenehme wie unansehnliche Ergebnis seien Pickel.
Durch die unzähligen Talgdrüsen, die nützliches Fett produzieren, entsteht ein schützender Lipidfilm. Mit diesem körpereigenen Schutzschild lässt sich gut Wind, Wetter und Umwelteinflüssen trotzen. Da jedoch das Tempo und die Produktion der Talgdrüsen sinken, wenn die Temperaturen weit unten sind und das Fett dann auch nicht mehr so geschmeidig ist, muss nachgeholfen werden. Feuchtigkeit statt Fett also; ein einfaches Winterpflege-Prinzip, das es gilt, täglich in die Tat umzusetzen, auch wenn dies für viele wahrscheinlich eine ungewohnte und auch nicht gelernte Routine wie bei Frauen sein mag.
So wie es bei der Autowäsche ein Vorprogramm gibt, braucht die (Winter-)Haut noch eine Vorstufe. „Wichtig ist die Reinigung morgens und abends", sagt Dr. Marion Moers-Carpi, „den ganzen Tag über sammeln sich viele Staubpartikel an, die die Hautalterung sowie die Talgproduktion und damit Pickelbildung fördern." Davon muss die Haut befreit werden. Zudem, so die Expertin, könnten Cremes und Lotionen nur über eine gereinigte Oberfläche in die Tiefe der Haut einziehen.
Die tägliche Pflege erlernen
Zu einer angenehmen Routine könnte auch die wöchentliche Anwendung einer Gesichts-Feuchtigkeitsmaske gehören. Wenn man diese während der Übertragung der Bundesliga oder der Formel 1 auf dem heimischen Sofa einwirken lasse, wäre dies ein gemütlicher Sportnachmittag mit positivem Effekt ohne großen Aufwand, schmunzelt die Dermatologin, die in der bayerischen Landeshauptstadt neben ihrer Praxis auch das Beautyinstitut Hautok und Hautok Cosmetics betreibt.
Ein besonders sensibler und beanspruchter Bereich ist der des Barthaares, sofern der Träger nicht der trendigen Vollbartträger-Community angehört. Alkoholhaltige Tonics und Aftershaves sind dort fehl am Platz, der Alkohol irritiert die Haut, macht sie feuchtigskeits- und fettärmer. Besonders im Winter ist ein Nassrasur-Pflegeplus ratsam: Erst das Gesicht befeuchten, um Haut und Haar aufzuweichen, dann Rasierschaum sanft einmassieren, damit die Durchblutung der unteren Hautschicht, der Lederhaut, angeregt wird. Mit einer scharfen Klinge wird in Richtung Haarwachstum rasiert, damit Hautirritationen vermieden werden. Zum Finale wird eine Feuchtigkeitscreme oder beruhigende Lotion aufgetragen. Wie auch sonst bei den pflegekosmetischen Produkten sollte man unter dem Motto „Never change a winning team" auf ständige Wechsel verzichten, wenn man mit seinen Marken zufrieden ist.
Kopfhaut braucht milde Reinigung
„Eine Studie hat ergeben, dass Männer mit Glatze imposanter, stärker, größer und autoritärer wirken", widmet sich Marion Moers-Carpi einem anderen Trend, der häufig auch mit vollem Gesichtshaar kombiniert wird. „Die Kopfhaut hat Ähnlichkeit mit der Gesichtshaut, braucht daher eine milde Reinigung und feuchtigkeitsspendende Produkte, die etwas reichhaltiger sein sollten, als im Sommer. Shampoo ist nichts für Glatzenträger", sagt sie. In ihrer Praxis empfiehlt sie zudem die Hautbehandlung Dermolissage, eine Weiterentwicklung der Mikrodermabrasion. Die Haut wird sozusagen abgeschliffen und gleichzeitig werden Antiaging-Stoffe aufgenommen, um eine straffe und prall gefüllte Glatze zu erhalten. Ohne Haare wird es schnell kühl am Kopf, eine Mütze aus Naturstoffen wie Baumwolle, Seide oder Kaschmir schützt die Winterhaut. Im Sommer kommt der Schutz dann aus der Tube oder Dose, Lichtschutzfaktor 50 sollte so selbstverständlich sein wie das tägliche Zähneputzen.
Neben der winterlichen Hege und Pflege von außen gibt es auch die von innen. „Vitamin E für den Zellenschutz, Vitamin C fürs Immunsystem, Kupfer für viele enzymische Reaktionen, die Aminosäuren Lysin und Proline für das Bindegewebe, Glutamin für Stoffwechselprozesse", beschreibt die Dermatologin wichtige Wirkstoffe.
Sich im Winter Gutes tun, wird vielfach mit dem Besuch der Sauna verbunden. Für die Haut gilt dies allerdings nicht. Wie auch eine zu heiße Dusche entziehen die hohen Temperaturen Feuchtigkeit. „Falls doch, viel trinken und eincremen", rät Moers-Carpi all jenen, die auf dieses Ritual nicht verzichten wollen. Möglicherweise führt das Cremen nach dem Saunieren auch zu einem so angenehmen Körpergefühl, dass zum Alltag wird – wie die Pflege fürs Auto.