Was genau passiert bei Winterkälte mit unserer Haut? Wie sollte man sie nun pflegen? Und darf man im Winter noch ins Solarium? Diese Fragen und viele mehr hat uns der mehrfach ausgezeichnete Dermatologe Prof. Dr. Jörg Faulhaber beantwortet.
Herr Professor Faulhaber, welche dermatologischen und kosmetischen Behandlungen sind die gefragtesten?
Die Behandlungen von Entzündungen der Haut, Warzen, Akne, Leberflecken, Sonnenschäden und Hauttumoren sind die gefragtesten. Im ästhetischen Bereich kommen in erster Linie Filler und Botulinumtoxin zum Einsatz.
Der Winter steht kurz bevor. Was passiert bei Kälte mit unserer Haut?
Prinzipiell trocknet die Haut durch Kälte aus. Umwelt- und Witterungseinflüsse strapazieren die Haut und den biologischen Schutzfilm. Durch den ständigen Wechsel von trockener Heizungsluft und Minuten später klirrender Kälte ist der Winter eine einzige Stressperiode. Es kommt häufig zu Hautreizungen, die Haut wird trocken, spröde und rötet sich. Drei Faktoren spielen eine Rolle: kalter Wind und Außentemperatur, trockene Heizungsluft und starke Temperaturschwankungen.
Bei Kälte ziehen sich die Poren der Haut zusammen. Der natürliche Talgfluss verringert sich – mit der Folge, dass die Haut spröde wird. Der natürliche, schützende Fettfilm wird aus Millionen kleiner Talgdrüsen in der Haut gespeist. Bei sinkenden Temperaturen produzieren diese Drüsen immer weniger Hautfett. Bei extremer Kälte kann die Fettproduktion sogar ganz eingestellt werden. Auf diese Weise geht ein Hauptbestandteil des natürlichen Hautschutzmantels verloren. Da der Fettfilm der Haut fehlt, verdunstet das Wasser schneller von der Hautoberfläche. Zudem entzieht die Heizungsluft unserer Haut wichtige Feuchtigkeit. Die Haut trocknet dann aus und kleine Risse können entstehen. Die Folge sind Juckreiz und Spannungsgefühle.
Bei Kälte ziehen sich außerdem die Blutgefäße unter der Haut zusammen, um die Wärme im Körperinneren zu garantieren. Die Blutzufuhr zur Haut wird gedrosselt.
Warum sehen wir im Winter eigentlich so blass aus?
Weil zum einen das Pigment in der Haut abgebaut wird und sich bei Kälte die Blutgefäße zusammenziehen. Dadurch erhält die Haut weniger Sauerstoff und Nährstoffe, wodurch der Stoffwechsel auf Sparflamme gesetzt wird – deshalb sehen wir blass aus.
Was kann man tun, um die Haut auf die kalte Jahreszeit vorzubereiten?
Man sollte die Haut regelmäßig pflegen, um die Hautschutzbarriere zu unterstützen. Die Reinigung der Haut sollte im Winter in der Tat milder erfolgen, da die waschaktiven Substanzen und Tenside der Haut zusätzlich wertvolle Fette rauben. Beim Baden keine Schaumbäder, sondern eher pflegende Zusätze zum Badewasser geben. Beim Duschen am besten Duschöle verwenden. Auch sollte der Duschvorgang nicht zu lang und zu heiß sein. Grundsätzlich nach der Ganzkörperwäsche pflegende Produkte mit zum Beispiel Harnstoff (Urea 5 bis 10 Prozent) auftragen.
Was kann man im Winter noch tun, um der Haut zu helfen?
Der Temperaturwechsel zerstört den Hydrolipidfilm unserer Haut und begünstigt den „transepidermalen" Wasserverlust. Wichtig ist daher, auf einen guten Feuchtigkeits- und Lipidausgleich zu achten. Lipidhaltige Cremes mit innovativen Wirkstoffen können die Hautschutzbarriere unterstützen und auf diesem Wege den Lipid- und Feuchtigkeitshaushalt regulieren.
Viel eincremen hilft viel! Individuelle Bedürfnisse der Haut sind die ausschlaggebenden Faktoren für die Wahl der Gesichtspflege sowie der Menge der Pflege.
Wichtig ist es, die Haut morgens und abends nach der Reinigung mit der benötigten Pflege zu versorgen. Die optimale Pflege für empfindliche und feuchtigkeitsarme Haut muss neben einer intensiven und lang anhaltenden Feuchtigkeitsversorgung auch für eine Stärkung der Widerstandskraft und hauteigenen Schutzbarriere sorgen. Sie muss sanft über die Haut gleiten und direkt ein angenehmes Wohlbefinden hervorrufen. Eine gute Empfehlung ist eine „Erbsengröße". Sollte die Haut mehr Pflege brauchen, ist es empfehlenswerter, mit kleinen Mengen öfter nachzucremen als die Haut mit einer großen Menge zu überfordern.
Eine zu große Menge an Creme kann von der Haut nicht optimal aufgenommen werden und kann sie aus dem physiologischen Gleichgewicht bringen. Die Haut kann mit Unreinheiten reagieren.
Wie sollte im Winter die ideale tägliche Ganzkörper-Pflegeroutine aussehen? Worauf sollte man verzichten, was mit einbauen?
Gegen trockene Haut helfen lipidreiche Cremes auf einer Wasser-in-Öl-Basis. Sie bilden eine dünne Isolations- und Schutzschicht auf der Haut, halten bei einem Spaziergang die Kälte ab und verhindern, dass die Feuchtigkeit der Haut übermäßig verdunstet.
Für Personen mit fettiger oder zu Akne neigender Haut hingegen ist es ratsam, auch im Winter bei den gewohnten Pflegeprodukten zu bleiben, damit die Bildung von Talgverstopfungen nicht gefördert wird.
Am empfindlichsten sind Handrücken und Gesicht. Im Gesicht wiederum sind die Lippen und die Ohrmuscheln am stärksten von Kälte betroffen. Die Pflege für die Haut ist hier besonders wichtig und sollte aus Urea und glycerinhaltigen Cremes bestehen.
In der Lippenregion verwendet man am besten Pflegeprodukte auf Bienenwachsbasis. Teilweise wird dies in der Lippenregion sehr unterschiedlich vertragen. Daher einfach ausprobieren, manchmal wirkt sogar ganz einfache Dexpanthenol-Salbe sehr gut.
Emulgatoren, Parabene und Duftstoffe sollte man meiden und am besten zu pH-neutraler Seife (oder pH=5,5) greifen. Für die Hände empfehlen sich ein rückfettendes Handwaschöl und lauwarmes Wasser sowie nach der Reinigung feuchtigkeitsspendende und rückfettende Handcremes.
Man sollte aber nicht zu häufig waschen und am besten Handschuhe anziehen, zum Beispiel beim Abwaschen. Denn der Handrücken hat nur wenige Talgdrüsen! Eine zu aggressive Reinigung zerstört Lipide und Eiweiße beziehungsweise werden diese dann ausgewaschen. Durch übermäßige Pflege kann eventuell die Fähigkeit zur Lipid-Neubildung verloren gehen. Durch Überfeuchtung und veränderte Hautlipidzusammensetzung können sich Keime ansiedeln und Hautinfektionen begünstigen.
Ist es auch empfehlenswert, im Winter häufig Feuchtigkeitsmasken, Ampullen oder Vitamin C-Seren zu verwenden?
Am besten Obst, Zitrusfrüchte und Vitamin D zu sich nehmen. Auch Feuchtigkeitsmasken sind eine gute Wahl.
Wie kann man noch mit der Ernährung gegensteuern?
Durch den Verzehr von hautprotektiven Nahrungsmitteln, die auch im Winter besonders zu empfehlen sind: Pflanzenfarbstoffe wie Karotinoide –
besonders reichhaltig enthalten in Mohrrüben und Tomaten –, Polyphenole wie zum Beispiel in grünem Tee sowie Flavonoide und Vitamine. Generell empfiehlt sich eine mediterrane Kost mit hohen Anteilen an mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
Verschlechtern sich Problemhaut und Hauterkrankungen wie Neurodermitis im Winter?
Ja, oftmals durch weiteres Austrocknen der Haut. Daher: Pflege, Pflege, Pflege! Wenn es zu Juckreiz und Entzündungen kommt, das heißt, wenn die Haut rot, rissig und schuppig wird, sollte man die Pflege intensivieren und einmal wöchentlich durch ein Mandelölbad ergänzen. Gegebenenfalls auch den Hautarzt besuchen. Durch die Verordnung von antientzündlichen Cremes tritt dann eine rasche Besserung ein.
Darf man im Winter weiterhin auf die Sonnenbank? Ist das zum Beispiel einmal wöchentlich vertretbar oder geht man besser gar nicht mehr, weil jede Art von UV-Strahlung schädlich ist?
Nein, kein Solarium im Winter! Das trocknet die Haut noch mehr aus, und man geht ein Risiko ein. Wenn man dieses Risiko eingehen möchte, dann nur ein- bis zweimal pro Monat.
Sollte man im Winter immer Cremes mit Lichtschutzfaktor verwenden?
Wenn man keine Sonnenexposition hat, braucht man meines Erachtens nach keine Cremes mit LSF. Im Skiurlaub hingegen sind Sonnencremes ein Muss!
Naturkosmetik erfreut sich in den letzten Jahren großer Beliebtheit. Ist diese herkömmlicher Kosmetik immer vorzuziehen?
Wer in puncto Inhaltsstoffe ganz sicher gehen möchte, der sollte deutsche und schweizerische Produkte verwenden. Diese unterliegen der Kosmetikverordnung und sind sicher und effizient.
Als Arzt und Wissenschaftler möchte ich Inhaltsstoffe für meine Patienten verwenden, bei denen man weiß, wie sie funktionieren und die sicher sind. Grundlage dabei ist, dass es genügend Daten gibt, die über einen längeren Zeitraum erhoben wurden.
Ätherische Öle direkt auf der Haut sind nicht vorteilhaft, und es sollten genau die richtigen Inhaltsstoffe ausgewählt werden.
Wer seine perfekte Pflege noch nicht gefunden hat oder sich unsicher ist, welche Inhaltsstoffe mit gutem Wissen verwendet werden können und ob Pflanzenmedizin sowie Naturkosmetik oder „chemische" Grundlagen individuell besser sind, dem empfehle ich den Besuch bei einem Dermatologen. Viele Menschen unterschätzen dieses Fachwissen – doch es ist der Schlüssel zu einer gesunden Haut.
Sind Parabene oder Sulfate wirklich so schlecht wie ihr Ruf?
Um Parabene gibt es eine große Diskussion. Aber es existieren viele Parabene, und man sollte nicht alle in den gleichen Topf werfen.
Es gibt Studien, die gezeigt haben, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen Parabenen und Krebs gibt. Auch die EU-Kommission macht deutlich: die Parabene Propylparaben, Butylparaben, Methylparaben und Ethylparaben sind sicher. Sulfate sind stark öl- und fettlösende Reinigungssubstanzen.
Sie wirken emulgierend, sorgen also für eine Mischung der Bestandteile von Kosmetika. Dass Sulfate enthalten sind, erkennt man beispielsweise an der Schaumbildung. Bei dem Reinigungsprozess mit Sulfaten gehen jedoch auch für Haut und Haare wichtige Fette verloren, was zu Hautirritationen und trockenen, juckenden Stellen führen kann. Für die unterstellte krebserregende Wirkung liegen keine wissenschaftlichen Belege vor.
Auf einer Verpackung kann ausgewiesen sein: Sodium Lauryl Sulfate, Natrium Alkyloxysulfuricum, Natriumlaurethsulfat, Natriumdodecylpoly-Oxyethylen, Ethersulfat, Natriumlaurylethersulfat und Natriumdodecyl-poly(oxyethylen)sulfat.
Welche Reinigungs- und Pflegeprodukte benutzen Sie als Hautarzt für Gesicht, Haar und Körper?
Urea-Creme nach dem Duschen, Olivenöl für trockene Kopfhaut und ein Mandelölbad ab und zu, wenn die Haut sehr trocken ist.