Respekt vor Tieren und natürliche Produkte für ihre Kunden: So leben und arbeiten Michael und Anette König. Das Ehepaar betreibt eine Bäckerei in St. Ingbert und einen Hof in Zweibrücken – und bietet beste Bioland-zertifizierte Produkte an.
Wolle hat es schon wieder getan. „Der weiß genau, was los ist", sagt Michael König und lacht. Wolle ist der Ausbrecherkönig unter den 24 Galloway-Rindern, eine robuste Rasse, die ganzjährig im Freien auf dem Hof von Michael König und seiner Frau Anette in der Nähe von Zweibrücken lebt. Der 1,5 Jahre alte Ochse zwängt sich regelmäßig durch den Stromzaun der Weide und läuft über die Straße in Richtung Wald und Wiesen. Jetzt ist er wieder da, die Äpfel, die Michael König auf der Weide verteilt hat, haben ihn zurückgelockt. Der 60-jährige Bäcker liebt seine Rinder, die er und seine Frau Anette sozusagen mitgekauft haben, als sie vor zehn Jahren das Anwesen erworben haben. Das Ehepaar suchte damals eigentlich nur einen Platz für seine Pferde. Daraus hat sich mittlerweile eine Leidenschaft entwickelt, eine Lebensphilosophie, von der auch die Kunden der Bäckerei König in St. Ingbert profitieren. Michael und Anette König haben einen Bioland-zertifizierten Hof aufgebaut, wo neben den Rindern mittlerweile auch Hühner, Schafe, Ziegen und Bienen leben. Und auch ihre Bäckerei ist Bioland-zertifiziert. „Bio ist nicht gleich Bio", sagt Anette König. „Man sollte sich an zertifizierte Produkte halten, wie Demeter, Bioland und Naturland. Die Richtlinien hier sind sehr streng." Besonders stolz ist Anette König auf ihre große Hühner-Schar, die sie uns gern zeigt. Wir machen uns von der Rinderweide auf den Weg, mit uns kommen die beiden Hunde Joschi und Max, die eifrig voranstürmen. Erst geht es durch einen kleinen Wald, dann am Haus vorbei, wo uns die Bienen umschwirren, die hier gehalten werden, und den Bio-Honig für den Verkauf liefern. Dann geht es leicht bergauf, quer über eine riesige Wiese, die kein Ende zu nehmen scheint. 300.000 Quadratmeter umfasst das komplette Gelände des Hofs. „Ein Fitnessstudio brauche ich nicht mehr", lacht Anette König. Auf einer kleinen Anhöhe steht der mobile Hühner-Wagen. Etwas weiter unten grasen die Pferde der Königs, sie leben hier völlig frei in Offenstall-Haltung. Eine traumhafte Idylle.
Bei zertifizierten Bio-Produkten gelten strenge Richtlinien
Die Hühner registrieren den Eimer in Anette Königs Hand schon von Weitem und kommen aufgeregt angeflitzt. Ein paar stolze Hähne sind auch dabei. Sie sind für den Schutz der Gruppe verantwortlich, spähen ständig nach Räubern und stoßen Warnlaute aus, wenn sich einer nähert. Dann rennen alle Hühner unter das Hühnermobil. Damit wir Fotos machen können, schaltet Anette König den Strom der kleinen Umzäunung ab, ein paar Hühner nutzen die Gelegenheit und hüpfen darüber. Die 54-Jährige lacht, nimmt eines auf den Arm und hält es fast zärtlich fest. „Es sind ÖTZ-Hühner, darauf sind wir besonders stolz", sagt Anette König. Das heißt, dass bei diesen Züchtungen die kleinen Hähne nicht getötet werden, wie es in der Massentierhaltung üblich ist. „Der Bruder-Hahn wird mit großgezogen. Die Hähnchen kann man später essen, das ist richtig gutes Fleisch." Zweinutzungshühner nennt sich das Konzept. „Diese Hühner darf man nur kaufen, wenn man gleichzeitig die Aufzucht der Hähne mitfinanziert."
Wer sich mit Anette und Michael König unterhält, bekommt schon nach wenigen Minuten mit, wie wichtig den beiden der Respekt vor Tieren ist, der ethische Umgang mit allen Lebewesen. „Wir wollen mit gutem Gewissen unsere Tiere halten. Ich will kein Tier ausnutzen", sagt Anette König. „Ich will auch kein Huhn ausnutzen, es quälen, damit es noch mehr Eier legt. Es soll einfach hier oben lustig durch die Gegend rennen, und nebenbei legt es mir noch ein Ei. Wir essen auch noch Fleisch, aber ich möchte, dass man jedes tierische Produkt mit Achtung verspeist." Auch ihren Kunden wollen die Königs Fleisch aus ihrer Rinderzucht anbieten. Doch auch dafür soll kein Tier unnötig leiden. Deshalb ist Michael König gerade dabei, einen sozusagen humaneren Weg zur Schlachtung seiner Rinder zu beschreiten. „Schlachtung mit Achtung" nennt sich das Konzept. Es sieht vor, dass die Tiere auf der Koppel geschossen werden. Damit bleiben ihnen der stressige Transport und das Sterben in der Maschinerie eines Schlachthofs erspart. „Das Rind wird quasi im Vorbeigehen mit einem Bolzenschuss betäubt", erklärt Michael König. „Dann kommt es innerhalb von 60 Sekunden in eine Schlachtbox und blutet dort aus." König hat dafür schon einen Antrag gestellt und wird auch einen Lehrgang absolvieren. Wenn er daran denkt, auf seine eigenen Tiere zu schießen, wirkt er bedrückt. „Ich mache das nicht gerne, aber ich will keinen mehr wegfahren." Seine Frau ergänzt: „Hier haben sie ein sehr schönes Leben, und dieser Stress soll ihnen erspart bleiben. Solange gibt es kein Fleisch, das wir verkaufen."
Bis dahin profitieren die Kunden der Bäckerei König von allen anderen Produkten aus der Herstellung von Michael und Anette König, den konventionellen und Bio-Backwaren aus eigener Herstellung, den Bio-Eiern, Bio-Honig, Bio-Apfelsaft, und Produkten, die Anette König liebevoll selbst zubereitet. „Ich fertige Marmelade an. Das Obst kommt von unserem Hof." Außerdem macht die 54-Jährige auch Nudeln, die im Laden verkauft werden. Natürlich mit den Eiern ihrer Hühner. Und in den Backwaren findet man keine Fertigprodukte, nur natürliche Zutaten, die Mehle kommen aus der Region, dazu noch Bio-Milch und -Sahne aus der Bliesgau Molkerei. Daneben gibt es Wurstwaren von einem regionalen Bio-Metzger. Auch auf die belegten Brötchen, die in der Ladentheke liegen, kommt ausschließlich Bio-Wurst. Und wenn die Bäckerei geschlossen ist, können sich die Kunden an der Regiobox bedienen, ein Automat, der immer mit frischen Produkten bestückt wird.
Das geht nur mit viel Liebe zu dem, was man tut
Eine Bäckerei, ein Riesenhof, Produkte in Handarbeit, wie ist das alles zu schaffen? „Wir sehen das hier nicht als Arbeit", sagt Michael König und lacht. Und das, obwohl er Nacht für Nacht in der Backstube steht, mittags dann mal zwei Stündchen schläft und dann bis spätabends auf seinem Hof weiterarbeitet. Dazu dann noch die Büroarbeit. Das geht nur mit viel Liebe zu dem, was man tut. Und mit Leidenschaft. Die empfindet Michael König vor allem fürs Backen. Besonders stolz ist er auf seinen relativ neuen Holzbackofen. Das Brot wird hier geschmacksintensiver, hat eine bessere Kruste, und die Energie stammt aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Bäckerei König hat eine lange Tradition, schon 1850 wurde sie gegründet, seitdem wird sie innerhalb der Familie weitergegeben. Michael König betreibt sie in der fünften Generation. Drei Gesellen und ein Auszubildender helfen ihm in der Backstube, Anette König und mehrere Verkäuferinnen arbeiten im Laden.
Die Leidenschaft für Pferde hat das Ehepaar König vor 21 Jahren zusammengeführt. Anette König arbeitete zu der Zeit als Reitlehrerin und Krankenschwester. Sie gab ihre Berufe auf, arbeitet wie ihr Mann rund um die Uhr. „Ich bin in ein ganz anderes Leben gegangen", sagt sie. „Ich habe hier etwas für mich gefunden und kann mit Sicherheit sagen, dass ich insgesamt mehr Frieden in mir habe." Doch romantisieren will sie das alles auf keinen Fall. „Es wächst einem natürlich auch mal über den Kopf. Doch die meisten Tage sind befriedigend." Den ganzen Tag in einem Büro sitzen, das kann sie sich nicht vorstellen. Drei Kinder hat das Ehepaar, die auch auf dem Hof mit anpacken. Den ältesten Sohn hat Anette König mit in die Ehe gebracht, er studiert Bio- und Umweltwissenschaft. Die beiden jüngeren Kinder, Nele, 19, und Nils, 17, gehen noch zur Schule. Nele sei eine passionierte Bäckerin, erzählt Anette König und schmunzelt. Vielleicht wird das ja mal ihr Beruf. Mittlerweile sind die Pferde den Hügel heraufgekommen, um zu sehen, wer da zu Besuch ist. Es ist eine bunt gemischte Truppe vom Pony bis zum großen Warmblut. Neugierig werden wir beschnuppert, vielleicht gibt es ja auch was Leckeres abzustauben. Die Tiere sind freundlich, wirken entspannt, man merkt, dass es ihnen hier gut geht. Respekt vor dem Leben, natürliche Produkte herstellen und verkaufen, das ist die Ideologie von Michael und Anette König. Massentierhaltung verachten sie. „Wenn man auf der Autobahn an einem Schweinetransporter vorbeifährt, das ist furchtbar", sagt Michael König. „Da drücken sie ihre Nasen platt", ergänzt seine Frau, „wahrscheinlich haben sie noch nie Tageslicht gesehen. Es ist schlimm."
Die Tiere sind freundlich und wirken entspannt
So ein Leid werden die Tiere auf dem Hof der Königs nicht erfahren. Sie werden noch nicht mal bestraft, wenn sie abhauen. Wie Wolle, der Ausbrecherkönig, der frech in die Kamera guckt. „Wenn man den hier anschaut, kann man doch nur zufrieden sein", sagt Michael König. Und lächelt.