Das bislang beste Afro-Blues-Album dieses Jahrgangs – „Tamotait" von Tamikrest, rezensiert in dieser Rubrik am 15. Mai – bekommt Konkurrenz, die sich beileibe nicht verstecken muss.
Afel Bocoum stammt wie Tamikrest aus dem von Krisen gebeutelten Mali, wo zuletzt die beste und innovativste afrikanische Musik gebastelt wurde. Auch „Linde" weiß bei aller musikalischen Vielfalt jenen magischen Flow zu erzeugen, dem sich der geneigte Hörer nicht entziehen kann.
Und das liegt nicht nur – aber auch! – an einer Riege von Gastmusikern, die diesem Album ihren Stempel aufdrücken.
Zuvorderst sind das Joan As Police Woman an der Geige, der Trompeter Vin Gordon (Bob Marley, Skatalites) und der kürzlich verstorbene Afro-Beat-Pionier Tony Allen an der Perkussion. Ihre Beiträge setzen im ohnehin fantastischen, tiefenentspannten Sound genuine Höhepunkte, addieren etwas berührend Kosmopolitisches. Daran hat gewiss auch der umtriebige Damon Albarn (Blur, Gorillaz), der im Verbund mit dem World-Circuit-Label-Gründer Nick Gold dieses Wunderwerk produzierte, seinen Anteil.
Eine Song-Auswahl: „Penda Djiga" eröffnet den Reigen mit jener betörenden Mixtur aus afrikanischen Saiteninstrumenten (Ngoni, Kora, Njurkele), raffiniert ineinander verwobener Perkussion und einer charismatischen Lead-Stimme, an die sich weitere schmiegen. Eine E-Gitarre blitzt auf, eine Trompete gesellt sich dazu.
„Bombolo Liilo" ist astreiner, tanzbarer Reggae – befeuert von Vin Gordons feiner Trompete. Ein folkiger Geigenstrich adelt „Yer Gando". „Avion" ist eine Hommage an die Möglichkeit, per Flugzeug zu reisen, „Remain standing/ Sing and dance/ Near the Lord" heißt es darin augenzwinkernd – übliche Sicherheitsstandards fröhlich aushebelnd … Im Booklet wird jedes Lied von „Linde" behutsam kommentiert.
Afel Bocoum zeigt Missstände auf und appelliert insbesondere an die Jüngeren, Kraft und Hoffnung für ein besseres Leben in der Heimat einzusetzen. An seine eigene Jugend erinnert er sich so: „Wenn man jemanden mit einer Gitarre sah, folgte man ihm überall hin."