Der Schwabe Artur Fischer zählt mit seinen mehr als 1.100 Patenten zu den produktivsten Erfindern aller Zeiten. Sein Name wird vor allem dank seines legendären Kunststoffdübels unvergessen bleiben.
In Zeiten des bundesweiten Baubooms und Fahrt aufnehmenden Wirtschaftswunders sollte die Erfindung des am 31. Dezember 1919 im Nordschwarzwald-Dörfchen Tumlingen geborenen Artur Fischer das Heimwerken grundlegend revolutionieren. Dank seines speziellen Kunststoff-Polyamid-Spreizdübels, der umgangssprachlich bald nur noch Fischer-Dübel genannt werden und nach 1958 die bis dahin meist gebräuchlichen Holzdübel ablösen sollte, konnten fortan Bilder, Lampen oder Regale bombenfest an den Wänden befestigt werden. „Das erste Exemplar", sagte Artur Fischer im Rückblick auf den Sommer 1957, „habe ich an einem Samstagmittag von Hand aus einem Stück hochwertigem Nylon gefeilt."
Es war beileibe nicht die erste, aber fraglos die erfolgreichste geniale Innovation des gelernten Schlossers, der mit seinen mehr als 1.100 Patenten neben Thomas Alva Edison, dem Vater der Glühbirne, der wohl produktivste Tüftler aller Zeiten gewesen war. Schon vorher hatte er mit seiner Ein-Mann-Firma Artur Fischer Apparatebau der Fotografie durch die Entwicklung des Synchronblitzes auf die Sprünge geholfen. Dank dieses Geniestreichs, für den er von der Agfa einiges an Geld einstreichen konnte, war er in den folgenden Jahren finanziell unabhängig und konnte sich neuen Problemlösungen für den Alltag zuwenden. Was dem Sohn eines Dorfschneiders, der stolze 96 Jahre alt werden sollte, dermaßen überzeugend gelang, dass er vom Europäischen Patentamt 2014 in der Kategorie Lebenswerk mit dem Europäischen Erfinderpreis, dem „Erfinder-Oscar", ausgezeichnet wurde.
Doch zurück zum Dübel. Der war schon lange bekannt, bereits 1910 wurde vom Briten John Joseph Rawlings der erste industriell produzierte Spreizdübel vorgestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es in Fortentwicklung eines Produkts der Firma Niedax aus dem Jahr 1928 sogar schon einen vom Ingenieur Fritz Axthelm entwickelten Dübel aus Kunststoff.
Ein Jahr vor Fischers Dübel-Innovation hatte der Schwede Oswald Thorsman 1957 einen Dübel aus Nylon-Rundstäben präsentiert. Doch davon nahm weltweit niemand mehr Notiz, nachdem Artur Fischer am 7. November 1958 seinen grauen „Spreizdübel S" zum Patent angemeldet hatte. Herzstück der gestanzten Kunststoffhülse sind seitdem die trapezförmig gefeilten Zungen und die seitlich eingefrästen Schlitze. Beim Eindrehen der Schraube drückt diese die geschlitzten Hälften des hochwertigen Nylonteils auseinander, gleichzeitig pressen sich die Sperrzungen elastisch gegen die Bohrungswandung. Zusätzlich erhöhen die nach außen ragenden Dübelzähne die Festigkeit der gesamten Konstruktion.
Heute gehört der Fischer-Dübel zum festen Repertoire eines jeden Werkzeugkastens, täglich werden im Fischer-Stammwerk in Tumlingen über 15 Millionen Exemplare des Spreizdübel S hergestellt.
Auch für die Medizintechnik hat Fischer spezielle Dübel entwickelt. Weitere legendäre Erfindungen wie den 1964 auf den Markt gebrachten Fischertechnik-Baukasten, eine Art Technik-Lego für Jugendliche und künftige Ingenieure, nicht zu vergessen. Das Familienunternehmen Fischer beschäftigt heute weltweit rund 5.000 Mitarbeiter und macht einen Jahresumsatz von gut 660 Millionen Euro.