Franziska van Almsick, Robert Harting, Alba Berlin und Kaweh Niroomand – das sind die absoluten Champions aus dem Bereich Sport in Berlin. Die klassische Sportlerwahl fiel im Corona-Jahr 2020 aus.
In normalen Zeiten hat die Wahl zum „Sportler des Jahres" in Berlin immer einen festen Ablauf. Da ist zuerst einmal die sportliche Leistung, die so herausragend ist, dass die Athleten und Mannschaften am Ende des Jahres nominiert werden. Dann wird gewählt, und die Gewinner nehmen den Goldenen Bären als Auszeichnung in einer festlichen Gala in Empfang. Doch es herrschen gerade keine normalen Zeiten, das Sportjahr 2020 fiel zum großen Teil dem Coronavirus zum Opfer. Die Olympischen Spiele in Tokio wurden um ein Jahr verschoben, Welt- und Europameisterschaften mussten abgesagt werden, der Ligabetrieb wurde teilweise eingestellt. Was also sollte die Jury bewerten? Die seit 1979 in Berlin stattfindende Wahl zum „Sportler des Jahres" ausfallen zu lassen, kam für die Organisatoren trotzdem nicht infrage. Sie änderten das Format und ließen stattdessen die „Besten der Besten" wählen: Welche Sportler, Sportlerinnen, Mannschaften und Trainer/Manager, die in den vergangenen 41 Jahren den Wettbewerb gewonnen hatten, sind die größten Champs unter den Champions? Über diese Frage konnten die Sportfans online abstimmen. Diese Stimmen wurden zu 50 Prozent in Kombination mit dem Urteil einer Experten-Jury aus Sportjournalisten, Vertretern der Stadt, des Landessportbundes und des Olympiastützpunktes gesetzt. Die Ergebnisse wurden in einer Online-Show im Dezember präsentiert, und so haben die Berlinerinnen und Berliner gewählt:
Kategorie Sportlerin: Franziska van Almsick
Die Berliner „Göre" lebt mittlerweile zwar in Heidelberg, doch ihre Verbundenheit mit der Hauptstadt ist geblieben. „Berlin ist meine große Liebe, und das wird sich nicht ändern", sagte die frühere Weltklasse-Schwimmerin. „Umso stolzer bin ich, weil ich weiß, dass mich die Berlinerinnen und Berliner nicht vergessen haben." Die Wertschätzung beruht tatsächlich auf Gegenseitigkeit, schließlich erhielt van Almsick mehr Stimmen als zum Beispiel Claudia Pechstein (Eisschnelllauf), Britta Steffen (Schwimmen) oder Natascha Keller (Hockey), obwohl sie im Vergleich zu ihren Konkurrentinnen in ihrer Karriere kein Olympia-Gold gewinnen konnte. Aber sie hat die Herzen der Fans erobert. Van Almsick war der erste gesamtdeutsche Sportstar. Als Teenager verblüffte sie im Wasser mit Weltklasse-Leistungen, einnehmend war aber vor allem ihre offene und herzerfrischende Persönlichkeit. Abseits des Beckens spielten sich bei „Franzi" viele Dramen ab, die die Popularität der zweimaligen Weltmeisterin nur noch steigerten. Noch heute verbinden viele Menschen den deutschen Schwimmsport mit dem Namen Franziska van Almsick, während der aktuelle Doppel-Weltmeister Florian Wellbrock deutlich weniger bekannt ist. Das sportliche und emotionale Highlight in der Karriere der „FvA" spielte sich – wie sollte es anders sein – in ihrem „Wohnzimmer" ab. Europameisterschaft 2002 in der SSE-Halle von Berlin. Zwei Jahre nach dem Olympia-Reinfall von Sydney, wo van Almsick kein einziges Einzelfinale erreicht hatte und von Boulevard-Medien verspottet („Franzi van Speck") wurde. Van Almsick schwimmt mit Wut im Bauch und frenetisch angefeuert vom Berliner Publikum zu fünf Titeln und dem Weltrekord über 200-Meter-Freistil. „Ich konnte allen noch einmal beweisen, dass ich es wirklich draufhabe", sagte die heute 42-Jährige im Rückblick.
Kategorie Sportler: Robert Harting
Bei den Männern gab es keine Überraschung, der Sieger stand eigentlich schon vorher fest. Harting hatte die Wahl während seiner aktiven Karriere bereits viermal gewonnen, die fünfte Auszeichnung sieht er daher als eine für sein Lebenswerk an. „Der Preis zeigt, dass die Leute die Leistung – sportlich und gesellschaftlich – nicht vergessen haben", sagte der Diskus-Olympiasieger in seiner Dankesrede. Unvergessen sein Triumph bei den Sommerspielen 2012 in London, als er sich im emotionalen Jubelrausch das Trikot zerriss. Auf das Entblößen seines muskelbepackten Oberkörpers hat er später verzichtet, weil das der Oma nicht gefiel. Ansonsten hat sich Harting aber von niemandem etwas vorschreiben lassen. Das Kraftpaket war nicht nur im Diskusring angriffslustig, sondern auch in sportpolitischen Diskussionen. Der Berliner nahm nie ein Blatt vor den Mund, vor allem nicht, wenn es um die höchste Funktionärsebene ging. Jetzt fechtet der dreimalige Weltmeister ganz andere Kämpfe aus – die gegen seine Müdigkeit zum Beispiel. Der Papa von einjährigen Zwillingen wacht jeden Morgen um 6.30 Uhr auf. „Mein Sportlerleben ist vorbei", sagt er, „aber mein neues Leben ist voll da."
Kategorie Mannschaft: Alba Berlin
Hier hatten die Berliner die Qual der Wahl. Sie fiel auf die Basketballer von Alba, vielleicht hat der Double-Triumph in der vergangenen Saison den Ausschlag gegenüber Teams wie den Eisbären Berlin, den BR Volleys und sogar den Fußball-Bundesligisten Hertha BSC und Union Berlin gegeben. „Das Team Nummer eins der letzten 40 Jahre geworden zu sein, ist riesig für den gesamten Verein", sagte Alba-Kapitän Niels Giffey. Der Goldene Bär ist absolut verdient. Neun Meistertitel, zehn Pokalsiege, der internationale Triumph im Korac-Cup 1995 – Alba steht für Erfolg. Aber auch für eine hervorragende Nachwuchsarbeit. In vielen Schulen ist der Club aktiv, Albas tägliche Sportstunde animierte während des ersten Lockdowns Zehntausende Kinder und Jugendliche zu Sportübungen vor dem Fernseher. „Ich glaube, der Spirit des Vereins ist besonders", sagte Giffey. „Der Wert von Alba ist tief in Berlin verankert."
Kategorie Manager/Trainer: Kaweh Niroomand
Er ist ohne Zweifel „Mr. Volleyball" in Berlin. Der Iraner hat aus den BR Volleys den deutschen Vorzeigeclub in der Sportart gemacht. Der zehnmalige Meister ist den anderen Bundesligisten sportlich und finanziell längst enteilt – dank des Geschicks von Niroomand. Dabei schwimmt der Geschäftsführer gern auch mal gegen den Strom. Als Niroomand kürzlich über einen Wechsel in die polnische Liga nachdachte, war der Aufschrei groß. Stillstand ist für den 68-Jährigen Rückschritt. Die Auszeichnung zum besten Manager der vergangenen vier Jahrzehnte in Berlin ist aber etwas, dass er für einen Moment genießen wolle. Sie sei gerade in der Sportmetropole Berlin eine große Ehre, „weil wir so viele gute Manager und Trainer haben".