Mit einem 2:1-Erfolg beim 1. FC Magdeburg hat der 1. FC Saarbrücken seine Sieglos-Serie in der 3. Liga beendet. Dabei überzeugte das Team vor allem kämpferisch.
Dass sich Fußballer nach einem gewonnen Spiel freuen, ist eine Selbstverständlichkeit. Doch beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken brachen am Dienstagabend kurz vor 21 Uhr alle Dämme. Während Mannschaft und Betreuer jubelten, spielte sich am Rande des Geschehens eine bemerkenswerte Szene ab. Trainer Lukas Kwasniok und Mannschaftskapitän Manuel Zeitz umarmten sich so fest und so lange, dass man sich fragen konnte, wem von den beiden zuerst die Luft ausgehen würde. Es war eine spontane Aktion aus der Emotion, aber sie sollte vor allem auch eins zeigen: Wir sind eine Einheit. Von einem „verschworenen Haufen“, sprach Doppel-Torschütze Sebastian Jacob einige Minuten später: „Wir haben in den sieben Spielen zuvor ja auch nicht unbedingt immer nur schlecht gespielt. Heute haben wir uns das Glück erarbeitet.“ Linksverteidiger Mario Müller, seit 2016 im Verein, drückte es noch deutlicher aus: „Ich bin ja schon ein paar Jahre hier. Aber solch eine Einheit waren wir noch nie, solch einen Zusammenhalt haben wir noch nie gehabt.“
Der wichtige Erfolg in der Hauptstadt Sachsen-Anhalts zeigte vor allem aber auch: Der 1. FCS ist abermals ein Stück mehr in der 3. Liga angekommen. Die Schwächen bei der 0:1-Niederlage in Meppen waren diesmal die Stärken. Bombensicher stand die Defensive um Torwart Daniel Batz, der an seinem 30. Geburtstag eine starke Partie ablieferte, vor allem bei gegnerischen Standards. Und auf der Gegenseite war diesmal ein ruhender Ball ausschlaggebend, dass das Pendel zugunsten der Blau-Schwarzen ausschlug. Nach einer Ecke von Timm Golley sorgte Jacob mit seinem achten Saisontreffer in der 57. Minute für den Sieg, nachdem er schon nach drei Minuten vom Elfmeterpunkt für die Gästeführung gesorgt hatte. „In der Anfangsphase haben wir es gut gemacht. Wir hatten nach der frühen Führung noch zwei, drei gute Umschaltaktionen, die wir einfach besser ausspielen müssen. Wenn wir da das zweite Tor nachlegen, bekommen wir mehr Ruhe ins Spiel“, monierte Kwasniok. Stattdessen entwickelte sich auf tiefem und unebenem Geläuf eine typische Drittliga-Partie. Der FCS, der in Meppen noch versuchte, viele Dinge spielerisch zu lösen, stand tief, setzte auf Umschaltmomente und zweite Bälle. „In unserer Situation ist es normal, dass wir keinen Zauberfußball spielen. Aber wir haben auch nicht ganz so viel zugelassen“, sagte Torwart Batz. Dennoch war der Magdeburger Ausgleich durch einen Strafstoß von Saliou Sané kurz vor dem Halbzeitpfiff durchaus verdient. Nach dem Wechsel präsentierte sich der FCS dann reif und abgebrüht. Nur zweimal wurde es in der Schlussphase gefährlich, auf der anderen Seite hätten Jacob und der eingewechselte Markus Mendler die Partie aber auch noch vor dem Abpfiff entscheiden können. „Die Bereitschaft, mit der sich die Jungs in diese Schlacht geworfen haben, hat mich beeindruckt. Es war wichtig, dass wir das Spiel mit einem ruhenden Ball entschieden haben. Wir haben nicht die größte Mannschaft, daher muss man bei Standards geschickte Laufwege suchen. Diesmal hat es Sebastian hervorragend gemacht“, lobte der Trainer.
Vor dem Spiel gegen den FSV Zwickau am Samstag um 14 Uhr im Ludwigspark hat der 1. FCS nach 18 Spielen 29 Punkte auf der Habenseite. Damit hat er den bisherigen Drittliga-Bestwert aus der Saison 2011/2012 bereits eingestellt. Damit weitere Zähler hinzukommen, wird Coach Kwasniok den Plan B noch weiter verfeinern müssen. Denn mit dem begeisternden Spektakel-Fußball der ersten Wochen ist derzeit kein Blumentopf zu gewinnen: „Im Januar werden die Spiele über Standard-Situationen gewonnen. Die Plätze sind überall schlecht, es fällt dann schwer, spielerische Akzente zu setzen.“ Der Anfang ist gemacht. Und Anlass zur Hoffnung gibt auch die Tatsache, dass mit Marin Sverko, Fanol Perdedaj und Maurice Deville drei Akteure in Kürze zurückkehren werden, die genau diese Spielweise können. Zudem wird mit Sebastian Bösel ein routinierter Drittliga-Akteur auch nicht ewig ausfallen. Und doch hat die Serie von sieben sieglosen Spielen und die teils harschen Reaktionen des Umfelds bei dem einen oder anderen Spuren hinterlassen: „Der Verein hat sechs Jahre gebraucht, um aus der Regionalliga herauszukommen. Er wäre gut beraten, nicht gleich in der ersten schlechten Phase die Nerven zu verlieren. Wenn man anfängt, sich zu zerlegen, dann wird es schwer“, sagte Torwart Batz vor der Partie in Magdeburg. Doch der Sieg in Sachsen-Anhalt dürfte vor allem die Diskussion um die Trainingsgruppe zwei verstummen lassen. Fan-Liebling Christopher Schorch hat seinen Vertrag am Dienstag aufgelöst und sich dem abstiegsbedrohten West-Regionalligisten Wuppertaler SV angeschlossen. „Für beide Seiten eine gute Lösung. Mit seiner Spielweise wird er ihnen im Abstiegskampf sicher helfen“, sagte Sportchef Jürgen Luginger hörbar erleichtert. Der Nachfolger steht schon bereit. Vom österreichischen Erstligisten Admira Mödling wechselte Innenverteidiger Bjarne Thoelke an die Saar. Den 28-Jährigen, in seiner Karriere oftmals von Verletzungen ausgebremst, sieht Kwasniok vom Potenzial her als Zweitliga-Spieler. Und: Er wird als absoluter Team-Player eingestuft. Dieses Merkmal ist beim FCS im Januar 2021 besonders wichtig.
FORUM-Einzelkritik
Daniel Batz: An seinem 30. Geburtstag mit zwei starken Paraden. Ruhig und umsichtig bei hohen Bällen. Absolut fehlerfrei. Note 2
Mario Müller: Bester Akteur in der Viererkette. Ließ über die linke Abwehrseite fast nichts zu, sorgte zudem offensiv für Entlastung. Ballsicher und überlegt. Note 2-
Anthony Barylla: Im Abwehrzentrum im Vergleich zum Meppen-Spiel deutlich verbessert. Vor der Pause mit ein, zwei Stellungsfehler, verlor er nach dem Wechsel kaum einen Zweikampf. Note 3
Steven Zellner: Ein Katastrophen-Fehler im Spielaufbau schmälerte eine ansonsten starke Leistung vor allem in den Zweikämpfen. Note 3
Jayson Breitenbach: Man spürt sein Potential. Offensiv stärker als defensiv. Holte einen Elfmeter raus, verursachte leider auch einen. Note 3-
Manuel Zeitz: Schwierige erste Halbzeit für den Kapitän mit zwei schlimmen Fehlpässen. Nach dem Wechsel deutlich verbessert. Überragend sein Kopfballspiel in der Schlussphase. Note 3-
Tobias Jänicke: Besser als in Meppen, aber immer noch nicht in Bestform. Der Routinier taucht derzeit zu oft unter. Note 4
Timm Golley: Versucht auf schwierigen Plätzen immer noch das Besondere. Ging aber weite Wege und leitete das Siegtor ein. Note 3-
Mino Gouras: Lief den Gegner früh an, absolvierte ein hohes Pensum. Muss dringend an der Zweikampfhärte arbeiten. Nicht alles wird in dieser Liga gepfiffen. Note 4
Nicklas Shipnoski: Spielte ein, zwei Kontersituationen in der ersten Halbzeit unsauber aus. Wie Gouras mit vielen Defensivaufgaben betraut. Nach dem Wechsel auch mit guten Aktionen. Note 3
Sebastian Jacob: 90 Minuten im Dauereinsatz, 90 Minuten bekam er auf die Socken. Eiskalt beim Strafstoß, sehenswert sein Kopfballtreffer. Note 2
Markus Mendler: Kommt in der 3. Liga an. Gewann viele Zweikämpfe, behauptete in der hektischen Schlussphase viele Bälle. Note 2-
Julian Günther-Schmidt: Lauf- und Zweikampfstark. Noch ohne Durchschlagskraft nach vorne. Note 3-