Einen eigenen Weinkeller aufzubauen, ohne zu viel Geld in die falschen Weine zu investieren, ist manchmal gar nicht so einfach. Unser Gastro-Experte gibt Tipps, worauf Anfänger achten sollten.
Einen Weinkeller daheim einzurichten kann zweierlei Gründe haben. Der eine ist, dass man schlicht Spaß am Weingenuss hat und sich daher einen eigenen Vorrat der bevorzugten Tropfen anlegt. Vermögendere Menschen hingegen betreiben einen Weinkeller gerne auch als Geldanlage. Denn so mancher Wein steigt über die Jahre im Wert und lässt sich mit Gewinn veräußern.
Wenn ich vor 40 Jahren den Weinkeller von so manchem Bekannten besuchte, war die Aufteilung der Weine meist sehr ähnlich. Der Schwerpunkt – und damit auch die meisten Weinregale oder Weingewölbe – lag auf Kreszenzen aus Frankreich, die meisten Flaschen aus verschiedenen Regionen. Dann gab es fast immer eine Abteilung aus Italien. Natürlich auch deutsche Weine. Damals oft mit Schwerpunkt Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Selten sah ich Flaschen wie etwa den Bocksbeutel aus Franken. Dabei war und ist diese Gegend berühmt für ihre guten Silvaner.
Nur kaufen, was einem schmeckt
Die Weinkeller waren sich alle sehr ähnlich. Meist gab es noch eine weitere Abteilung, in der die Exoten lagen. Damals etwa Weine aus Spanien, Portugal und dem übrigen europäischen Ausland. Weine aus Übersee fanden sich nur bei speziellen Liebhabern. Und natürlich fand man bei echten Weinfreaks immer die Weine von Château Musar aus dem Libanon. Dieser Wein wurde gern bei Blindverkostungen von Bordeauxweinen als sogenannter Pirat eingeschmuggelt. Also ein Wein, der eigentlich nicht zu diesem Anbaugebiet gehört. Diese Kellerei wurde 1930 von dem Franzosen Gaston Hochar nahe Beirut im Libanon gegründet. Das Flaggschiff dieses Hauses ist ein Rotwein. Eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Cinsaut, Carignan und etwas Syrah. Bevor er das Haus verlässt, lagert er erst mal vier Jahre im Keller. Und fällt, wie gesagt, bei einer Bordeaux-Verprobung selten als Fremder auf.
Das alles entsprach dem damaligen Zeitgeist. Irgendwie hatten damals alle Weinfreaks eine Idee im Kopf: Mein Angebot muss vielfältig sein, und Weine aus verschiedenen Ländern sollen auch zu den unterschiedlichen Gerichten passen. Irgendwie wie in einem Restaurant.
Doch genau darin liegt der Fehler, und so mancher Weinfreund hatte viel Geld in Weine investiert, die er selbst gar nicht besonders mochte. Deshalb lautet Regel Nummer eins beim Anlegen eines privaten Weinkellers für den eigenen Genuss: Wir sind kein Restaurant, das viele Angebote aus unterschiedlichen Ländern vorhalten muss. Es wird nur gekauft, was dem Besitzer auch wirklich schmeckt. Und dies kann gerade bei uns sehr wohl auch regional sein.
Regel Nummer zwei beim Aufbau des eigenen Weinkellers ist: viel lesen, viel trinken, viel reisen. Nur so bekommt der Weinfreund tatsächlich einen Überblick. Das Problem für viele Anfänger ist: Man muss die unterschiedlichen Weine und die Gegend, aus denen sie kommen, erst mal kennen und verstehen. Man muss lernen, welche Rebsorten dort angebaut werden und letztlich, ob man diese Rebsorten mag. Erst dann ist man auch in der Lage zu entscheiden, welcher Wein zu welchem Essen passt. Die klassische Regel von einst, nach der zu Fisch Weißwein gehört und zu Käse ein Roter, ist schon lange nicht mehr zeitgemäß, wie man schnell merkt, wenn man sich heute mal ein französisches Kochbuch zu Gemüte führt. Und bestimmte Käse schmecken zu Weißwein auch viel besser als zu einem Roten.
Ich erinnere mich noch an einen Urlaub auf dem Hausboot. Das Dorf, in dem wir angelegt hatten, hieß Saint Chinian, im Südwesten Frankreichs. In der Bäckerei bekam ich mit, dass hier Wein angebaut wird, also nahm ich ein paar Flaschen mit, und der Wein kam auch bei meinen Freunden gut an. Die Rotweine aus Saint Chinian sind fruchtig, vollmundig und würzig. Der ideale Begleiter zu Wild. Eine Rehkeule à la Languedoc, Wildschweinpfeffer oder Hase und dieser Tropfen, das passt! Wenn man die Preise mit ganz normalen Burgundern vergleicht, merkt man schnell, warum ich seither gern Weine aus den Appellationen AOC Saint-Chinian-Roquebrun und AOC Saint-Chinian-Berlou kaufe.
Zunächst regional umsehen
Auf meinen Reisen habe ich in Sachen Wein das meiste gelernt und entdeckt. Deshalb hat sich mein Weingeschmack auch immer wieder verändert. Ob im französischen Elsass oder in der Nähe von Montpellier, ob an der Mosel, der Saar oder in der Pfalz: Wer neugierig durchs Leben geht, erlebt immer wieder ungeheuer spannende Begegnungen mit den Winzern der jeweiligen Regionen. Mit das Beste, was mir persönlich passierte, war eine Begegnung in einem Weinhotel in Lyon. Das Haus hatte jede Menge Wein vorrätig, aber auch unzählige Weinliteratur. Stundenlang hörten wir dem Besitzer zu, der uns aus seinem reichhaltigen Erfahrungsschatz erzählte. Und immer wieder stiegen wir auf die Leiter, um Bücher über Wein aus den Regalen zu fischen. Bei diesem Aufenthalt hörte ich auch zum ersten Mal von Château Grillet, die kleinste Appellation Frankreichs. Ein besonderer Wein, recht teuer, aus der Traube Viognier.
Darum ging es mir immer: die unterschiedlichen Trauben und ihren Geschmack kennenzulernen. Viognier ist eine Traube, die noch im Süden angebaut wird. Und die mir richtig schmeckt! Mir ist wichtig, ob ein Wein industriell hergestellt wird oder ob dieser Wein die Handarbeit eines Winzers ist.
Doch warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Ich möchte alle ermutigen, die sich einen Weinkeller anlegen wollen, sich zunächst einmal regional umzusehen. Kein anderer Wein als der Riesling von der Saar hat in den vergangenen 20 Jahren einen solchen Triumphzug hingelegt! Heute bekommt man aus unserer Region richtige Spitzenweine zwischen 8,50 Euro und 20 Euro. Und diese müssen sich vor keinem Wein auf dieser Welt verstecken! Und auch die saarländischen Winzer an der Obermosel bieten hervorragende Tropfen an – aus ganz unterschiedlichen Reben. Ebenso die Kollegen an Mosel, Ruwer, Nahe und in der Pfalz. Da gilt es vieles zu entdecken. Auch im nahen Lothringen und dem Elsass lassen sich besondere Tropfen finden. Bei Tagesausflügen lassen sich die entsprechenden Tropfen direkt vor Ort erleben.
Ich persönlich habe heute viel weniger Wein im Keller liegen als zu früheren Zeiten. Wobei ich natürlich nach wie vor immer noch daran interessiert bin, Neues zu lernen. In den vergangenen Jahren beschäftigte ich mich auch mehr und mehr mit Tropfen aus Kroatien, Moldawien und Rumänien, und bin begeistert, welch herausragende Weine es da gibt.
Auf diese Weise habe ich in meinem Weinleben die Weine gefunden, die ich mag. Wenn da Riesling, Muscat, Weißburgunder, Chardonnay, Viognier, Gamay, Syrah, Cabernet franc oder Sauvignon blanc draufsteht, könnte es für meinen persönlichen Geschmack passen. Allerdings hat sich die Präferenz über die Jahrzehnte immer wieder gewandelt. Und das macht ja letztlich den Reiz des Weingenusses aus …