Welche Chancen und Risiken das Sportjahr 2021 mit sich bringt
Die Pandemie ist noch nicht vorüber und wird auch das Sportjahr 2021 beeinflussen. Keiner kann verlässlich sagen, welche der geplanten Sportereignisse stattfinden können und wenn ja, unter welchen Umständen. Wie werden Sportler mit dem Virus fertig, sollte sich die Situation in den nächsten Monaten nicht wesentlich verbessern? Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) prognostiziert für den Sport einen Schaden von mehr als einer Milliarde Euro.
In 2021 warten zunächst die Fußball-Europameisterschaft, danach die Olympischen Sommerspiele in Tokio und über das Jahr verteilt 23 Formel-1-Rennen. Ich behaupte, die Europameisterschaft wird gespielt werden. Ob aber, wie beabsichtigt, in zwölf Ländern mit Reisen kreuz und quer durch Europa, sogar außereuropäisch bis Baku, bleibt dahingestellt. Ein Husarenritt, selbst bei niedrigerem Infektionsrisiko. Ob und wie viele Zuschauer – da bleibt momentan nur die Hoffnung.
Noch schwieriger und wahrlich eine Herkulesaufgabe werden die Olympischen Spiele in Tokio. Mindestens 10.000 Athleten und genauso viele Betreuer, dazu zwei Millionen Zuschauer werden erwartet und sollen gesund zurückkommen. Wird es ein Superspreading-Event? Es bedarf ausgeklügelter Schutzkonzepte, um so etwas zu verhindern. Ein olympisches Dorf im herkömmlichen Sinn, in dem alle Athleten zumindest für einige Tage wohnen und leben möchten, ist kaum vorstellbar.
Corona und Breitensport, eine besonders unheilvolle Allianz. Sportanlagen sind gesperrt, das Vereinsleben ist eingeschränkt, der Mitgliederschwund ist bereits jetzt alarmierend. Wird sich das Sportverhalten zukünftig verändern? Bemerkenswert ist auch, dass viele olympische Athleten in der Vergangenheit in kleinen Sportvereinen begonnen haben. Die Basis könnte wegbrechen, wenn die Vereine an Attraktivität verlieren.
Auch für die sportärztliche Betreuung stellt Corona wegen fehlender Erfahrung und Evidenz eine Herausforderung dar. Im Spitzensport wurden in den vergangenen Wochen zunehmend infizierte Athleten gemeldet, die häufig symptomlos waren und nach absolvierter Quarantäne in den professionellen Sportbetrieb zurückkehrten. Allerdings gibt es einzelne Fälle mit schweren Verläufen. Die derzeitigen Empfehlungen, infizierte Athleten sollten auch bei fehlender Symptomatik zwei Wochen kein intensives Training durchführen, sind der ärztlichen Vorsorge geschuldet, ohne dass aktuell wissenschaftliche Daten vorliegen.
Von hoher Praxisrelevanz sind laufende Studien über mögliche Langzeitfolgen bei Sportlern, die mit Sars-Cov-2 infiziert waren. Erinnert sei in diesem Kontext an Sportler, die nach einer als Pfeiffersches Drüsenfieber bekannten Viruserkrankung monatelang an einem chronischen Ermüdungssyndrom mit deutlich herabgesetzter Belastbarkeit litten.
Ist die Corona-Krise ein Freifahrtschein für Doper? Einiges spricht dafür, denn die Schlupflöcher sind größer geworden. Für einige Monate war das Anti-Doping-System weltweit fast auf null heruntergefahren. Die Leichtathletik rätselt über Lauf-Rekorde am Fließband. In 2020 gab es zahlreiche Welt- und Europarekorde im Laufen, darunter Verbesserungen um mehrere Sekunden auf den klassischen Laufdistanzen 5.000 und 10.000 Meter. Der Wunder-Laufschuh von Nike kann es allein nicht sein. Neue Trainingsreize und mehr Mut zum Experimentieren während der Corona-Krise, weniger Wettkämpfe und damit mehr und bessere Regeneration? Wir können nur spekulieren, ein Geschmäckle bleibt. Die Diskussion wird spätestens während der Olympischen Spiele in Tokio erneut aufflammen.
In jeder Krise steckt auch eine Chance. Stichwort Langzeitverletzte. Es ist nicht der beste Ratschlag, so schnell wie möglich wieder fit zu werden. Wenn in einigen Sportarten der Wettkampfbetrieb ruht oder sportliche Großereignisse auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, bleibt mehr Zeit für den Wiederaufbau eines stabilen Fundaments. Man kann auch aus der Not eine Tugend machen und die historische Herausforderung nutzen.
Alles in allem: Ein bisschen Optimismus darf sein. Bleiben wir gespannt, was uns trotz allem das Sportjahr 2021 bringen wird.