Der FK Pirmasens gehört zu den Überraschungsmannschaften der Regionalliga Südwest. Linksverteidiger Gianluca Lo Scrudato will sich dauerhaft im Profi-Fußball festspielen.
Gut, dass Fahrgemeinschaften nicht unter die aktuellen Lockdown-Beschränkungen fallen. Denn dann hätten einige Saarländer, die beim FK Pirmasens unter Vertrag stehen, ein Problem. Fast ein Dutzend der Kicker, die für „die Klub" in der Regionalliga spielen, stammen entweder aus dem Saarland oder haben bereits für einen Saar-Verein gespielt. Gianluca Lo Scrudato, 24, Moritz Zimmer, 27, Arne Neufang, 22, und Benno Mohr, 25, treten die knapp 70 Kilometer lange Fahrt aus Saarbrücken in aller Regel gemeinsam an. Gianluca Lo Scrudato, von allen eigentlich Giallo genannt, kommt dies entgegen. „Wir kennen uns ja alle schon eine halbe Ewigkeit, außerdem spart es Kosten", sagt der Außenverteidiger. Wie Mohr und Neufang hat der gebürtige Saarlouiser einen Großteil seiner Jugend beim 1. FC Saarbrücken verbracht. Lo Scrudato gehört zu der fast schon legendären Mannschaft, die 2014 in die Junioren-Bundesliga aufgestiegen ist und ein Jahr später sensationell und bisher als einzige saarländische Mannschaft den Klassenerhalt geschafft hat. „Unser Vorteil war, dass wir jahrelang zusammengespielt haben. Kaum einer ist in ein Nachwuchsleistungszentrum eines Bundesligisten gegangen. Wir haben uns gekannt, wir waren enge Freunde und wir hatten mit Bernd Rohrbacher einen super Trainer", sagt der 24-Jährige. Es war der letzte wirklich gute Jahrgang, den der FCS hatte, und der letzte, aus dem zumindest einige den Sprung in den professionellen Fußball geschafft haben. Jan Eichmann kam beim FC Homburg auf 73 Regionalligaspiele, Ivan Sachanenko steht nach einem Zwischenspiel beim SC Freiburg nun auch in Homburg unter Vertrag, der Luxemburger Florian Bohnert spielt in der U23 von Mainz 05, sein Landsmann Tim Hall ist in der ersten Liga Portugals am Ball, und der Franzose Jordan Steiner verdient sein Geld als Profi in Luxemburg.
Saarländische Filiale beim FK Pirmasens in der Pfalz
Die Bundesligakarriere, von denen sie alle geträumt hatten, als sie in Saarbrücken spielten, hat allerdings bisher keiner von ihnen erreicht. „Wir haben damals die Klasse gehalten, weil wir eine absolute Einheit waren und sicherlich auch gute Einzelspieler. Aber das absolute Megatalent war sicher nicht dabei", sagt „Giallo" realistisch. Der Außenverteidiger hätte um ein Haar beim FCS Profiluft schnuppern dürfen. Unter Trainer Fuat Kilic trainierte er regelmäßig in der Ersten Mannschaft mit, kam auch in Testspielen zum Einsatz. „Nach meiner Jugendzeit hatte ich mit dem damaligen Sportdirektor Milan Sasic gute Gespräche. Aber ich habe mich dafür entschieden, meine Ausbildung zum Industriemechaniker fertigzumachen, was sicherlich auch richtig war. Ich hätte mir vorstellen können, beim FCS in der U23 zu spielen und mich dort zu empfehlen. Leider hat der Verein in diesem Sommer die Zweite Mannschaft abgemeldet", sagt der 24-Jährige und schiebt nach: „Für uns ist damals eine kleine Welt zusammengebrochen. Wir wären alle dort geblieben, weil wir den Verein geliebt haben. Für mich ist es heute noch unbegreiflich, dass man sich damals zu diesem Schritt entschlossen hat. Es ist eine Wunde, die immer noch schmerzt und die wahrscheinlich nie ganz heilen wird." Während sich der verschworene Haufen von Jugendfreunden in alle Himmelsrichtungen zerstreute, hatte Lo Scrudato Glück im Unglück. Sein Talent war den Nachbarn aus Elversberg nicht verborgen geblieben, mit dem damaligen U23-Trainer Timo Wenzel lernte er neben Bernd Rohrbacher seinen zweiten großen Förderer kennen. „Eigentlich war geplant, dass ich bei der SVE oben mittrainiere, doch ich hatte den Vertrag kaum unterschrieben, da wurde Trainer Willi Kronhardt gefeuert. Michael Wiesinger hatte dann andere Vorstellungen. Das ist auch okay. Man muss realistisch sein. In diesen Vereinen geht es darum, aufzusteigen, da kann sich ein Cheftrainer nicht um den Einbau von Nachwuchsspielern kümmern."
„Das absolute Megatalent war nicht dabei"
Nachdem er sich in Elversberg an den Herrenfußball gewöhnt hatte, schloss er sich 2017 dem Regionalliga-Aufsteiger Röchling Völklingen an. Dort kam er auf 30 Einsätze. „Es war eine richtig gute Zeit, und wenn wir auf zwei, drei Positionen besser besetzt gewesen wären, hätten wir die Klasse auch halten können." Der gebürtige Saarlouiser hinterließ bleibenden Eindruck, stand zwischenzeitlich auch bei Dirk Lottner auf dem FCS-Zettel. „Wir hatten damals einen losen Kontakt, aber konkreter ist es nicht geworden", erzählt der 24-Jährige, der dann dem Ruf Timo Wenzels nach Schweinfurt folgte. Dort wurde er zu einem richtigen Profi. „Ich war von zu Hause weg, habe gelernt, selbstständig zu leben und habe unter absolut professionellen Bedingungen trainiert. Die meiste Zeit war ich auch Stammspieler", sagt er. Zumindest so lange, wie Wenzel im Amt war. Nach zwei Jahren war im vergangenen Sommer Schluss. „Der Verein wollte was verändern, mehr auf regionale Spieler setzen. Für mich war es halt problematisch, weil die Regionalliga Bayern früh unterbrochen wurde und die Vereine nicht wussten, wie es weitergehen würde", blickt er zurück. Kontakte gab es zum FC Homburg, auch weil Timo Wenzel dort ein Trainerkandidat war. Dass es letztlich der FKP geworden ist, lag daran, „dass sich der Verein sehr um mich bemüht hat." Der Pfälzer Verein, jahrelang eine Fahrstuhlmannschaft zwischen Oberliga und Regionalliga, ist dabei, sich zu etablieren. „Wir haben eine richtig gute Mannschaft und wollen mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Der Verein hat sich sehr entwickelt, aber es sind nach wie vor nicht alle Spieler Profis. Das macht das Training schon ein bisschen schwieriger. Aber ich war froh, dass ich im Sommer hierhin konnte, und habe es nicht bereut." Bewusst hat der Deutsch-Italiener nur für ein Jahr unterschrieben. Denn perspektivisch möchte er sich im Profifußball festspielen. „Ich habe einen Beruf gelernt, in den ich jederzeit zurückkehren kann. Jetzt habe ich mich erst einmal entschlossen, auf die Karte Fußball zu setzen. Wo, das ist dabei zweitrangig. Die Perspektive muss stimmen."