Die Faasend ist tot? Von wegen! Es wird zwar keine „Guddzjer" von den Umzugswagen regnen. Aber ausfallen lassen kommt nicht in Frage. Stefan Regert, Vizepräsident im Verband Saarländischer Karnevalsvereine (SKV), über digitale Faasend, Jugendarbeit und gesellige Menschen.
Herr Regert, was ist in diesem Jahr in der närrischen Zeit überhaupt möglich?
Viele Vereine hatten viele Konzepte ausgearbeitet, wir als Verband haben eine große Aktion im September, Oktober gemacht unter dem Motto: Fastnacht in Corona-Zeiten. Da waren wir noch etwas optimistischer. Sicher war da schon klar, dass wir keine großen Saalveranstaltungen haben werden, dass es keine großen Umzüge gibt, aber wir dachten schon, dass es möglich sein würde, in kleinerem Rahmen das ein oder andere zu machen. Nach den sehr harten Restriktionen seit November ist es aber eigentlich unmöglich geworden, etwas Fastnachtliches zu machen. Denken Sie an unsere ganzen Tanzgruppen bei den Beschränkungen, was Kontakte angeht, oder Musiker, Büttenredner: Da ist es nicht nur schwierig, etwas für Auftritte zu produzieren, sondern auch, was die Inhalte angeht. Damit ist das Vereinsleben auch nahezu lahmgelegt.
Heißt das, die Faasend ist tot?
Es gibt einige Vereine, die machen kreative Sachen. Es gibt einen Verein, der macht einen virtuellen Rosenmontagsumzug. Normalerweise werden bei Umzügen ja Guudzjer (Bonbons) runtergeschmissen, ein Verein aus Oberwürzbach wird jetzt an jede Haustür gehen und ein Fastnachtspaket mit Süßigkeiten abstellen. Ein anderer Verein macht Aufhänger mit Fastnachtsmotiven an die Fensterscheiben im Ort. Es gibt Vereine, die machen Streams, wo sich die Vereinskollegen einschalten können. Es gibt also einige Möglichkeiten, es passiert auch was. Aber im großen Ganzen, muss man leider sagen, wird sehr wenig Aktivität im karnevalistischen Brauchtum zu finden sein.
Ein Kollege von Ihnen von der Mainzer Fastnacht hält dagegen: Das steht im Kalender wie Ostern und Weihnachten.
Das stimmt. Man kann Fastnacht nicht einfach absagen, das machen wir ja auch nicht. Nur gibt es eben nicht die Veranstaltungen wie in einer normalen Session. Dass wir das nicht absagen können und wollen, zeigen ja auch unsere eigenen Veranstaltungen, die wir als Verband machen. Wir haben beispielsweise den Orden des Jahres, 26 Vereine haben sich Orden oder Pins machen lassen für diese besondere Session 20/21. Wir haben eine Jury, die das bewertet, dazu eine Online-Vereinsumfrage. Damit haben wir zum ersten Mal eine virtuelle Prämierung zum Orden des Jahres. Wir werden zusammen mit dem Saarländischen Rundfunk eine Narrenschau für das Fernsehen produzieren, ein Best-of aus den letzten zehn Jahren (Anmerkung: 8. Februar, 20.15 Uhr, SR und SWR). Damit ist die Fastnacht auch im TV nicht ganz tot. Wir werden als Verband eine weitere digitale Veranstaltung machen: Am 7. Februar, 17.33 Uhr wird die „digitale Schau der Narren" gestreamt, eine Reise durch die Regionalbezirke. Das ist eine Plattform, wo sich unsere Akteure präsentieren können.
Überwiegt kreativer Trotz oder eher Lethargie?
Es gibt beides. Ende September letzten Jahres war die Kreativität sehr hoch, da haben wir Superdiskussionen über Formate wie etwa Autokino-Karnevalssitzung und andere Ideen, was man unter den Bedingungen hätte machen können, geführt. Es gibt weiter kreative Ideen, die umgesetzt werden. Aber es gibt auch sehr viele, die resigniert haben und sagen: Dieses Jahr wird es halt nichts. Was auch ein Problem ist: Die Vereine konnten ja seit einem Jahr keine Einnahmen generieren, weil keine Feste stattgefunden haben. Das fehlt natürlich, wenn man die hohen Kosten für Produktionen bedenkt. Außerdem ist es auch schwierig, unter den aktuellen Regeln wie den Haushaltsregeln überhaupt etwas zu produzieren. Trotzdem fehlt es nicht an Kreativität. Es wird zum Beispiel einen digitalen Rathaussturm geben. Man versucht also, so gut es geht, etwas zu machen.
Die närrischen Tage sind auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Lässt sich beschreiben, was da fehlt?
Es stimmt, es ist auch ein Wirtschaftsfaktor. Wir sind ein Ehrenamtssektor, der viele Schnittstellen hat, beispielswiese zu Caterern, Getränkelieferanten, Veranstaltungstechnik, Ordensherstellern; Kostümdesigner, auch zu den Städten und Gemeinden mit Hallenmieten für Veranstaltungen und den Trainingsbereich, aber auch zum Deutschen Roten Kreuz und anderen, die uns unterstützen, das Technische Hilfswerk für Rosenmontagsumzüge. In all den Bereichen bricht ja auch etwas weg, wenn wir als Karnevalisten weniger machen können.
Wie geht es den Vereinen in dieser Situation?
Wir haben uns gefreut, dass die Landesregierung entsprechende Programme aufgelegt hat, wovon die Vereine je nach Größe profitiert haben. Aber natürlich ersetzt das nicht ein ganzes Jahr Wirtschaftsbetrieb von einem Karnevalsverein. Im letzten Jahr konnten wir vieles noch machen vor dem ersten Lockdown, da hatten wir noch Glück gehabt. Wenn aber in diesem Frühjahr und Sommer viele Feste nicht mehr so stattfinden können, die eine wichtige Einnahmequelle sind, hoffe ich sehr, dass uns trotzdem nicht der ein oder andere Verein wegbricht. Bislang ist es noch nicht passiert.
Wirkt sich die Situation auf die Mitgliederentwicklung aus?
Es gibt sicher Einzelfälle, aber dass es einen größeren Mitgliederschwund gegeben hätte, ist bislang noch nicht an uns herangetragen worden. Es gab auch keinen Vereinsaustritt aus dem Verband. Natürlich wird sich einiges verändern, wenn alles wieder ins Laufen kommt. In der Zwischenzeit hat sich vieles verändert, Lebens- und Tagesabläufe haben sich in dieser Zeit für viele Menschen komplett verändert. Da werden sich die Vereine bemühen müssen, die Leute wieder bei der Stange zu halten. Auf der anderen Seite werden sich viele freuen, endlich wieder gemeinsam was erleben zu können und Projekte zu machen.
Wird es demnächst Hybrid-Faasend geben?
Wir Fastnachter sind eher gesellige Menschen, die ziemlich nahbar sind, was ja jetzt alles gerade nicht geht. Man wird schon überlegen, was davon nachhaltig bleibt. Ich gehe davon aus, dass auch in diesem und im nächsten Jahr weiter mit Einschränkungen zu rechnen ist.
Was wird für die nahe Zukunft wichtig sein?
Ich denke, dass es vor allem wichtig ist, dass unsere Kinder und Jugendlichen möglichst bald wieder in Aktivitäten einsteigen können. Wir machen als Karnevalsvereine eine ganz wertvolle Jugendarbeit über das ganze Jahr, viele Vereine gehen in Krebsstationen oder Altenheime, wir machen viel mit Seminaren und Schulungen, ob im Garde- oder Büttenredenbereich. Wir geben Jugendlichen eine Heimat. Ich hoffe, dass wir da in ersten Schritten noch mal was machen können, damit es anderes gibt als Covid und zu Hause vor dem Bildschirm zu sitzen.