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WAS MACHT EIGENTLICH...

Marc Girardelli, hier im Jahr 1987, war schon mit acht Jahren ein erfolgreicher Skiläufer
Foto: picture alliance / Sven Simon

… Marc Girardelli?

Zwischen 1980 und 1997 war er einer der erfolgreichsten Skirennläufer und gewann fünfmal den Gesamtweltcup, vier WM-Titel und zwei olympische Silbermedaillen. Nach dem Rücktritt 1997 war er auch als Tourismus-Unternehmer erfolgreich. Heute vertreibt der 58-Jährige Lizenzen für Tourismus-Projekte und Sportmode, organisiert Ski-Events und schreibt Krimis.

Mit 16 galt ich bereits als Vaterlandsverräter", gestand Marc Girardelli im Vorjahr der Schweizer Boulevardzeitung „Blick". Weil sein Vater damals seinen Sohn vom österreichischen Skiverband nicht genügend gefördert sah, organisierte er den Wechsel des Talents zum luxemburgischen Verband. In der Folge wurde das wenig alpine Herzogtum dank Marc Girardelli zu einer erfolgreichen Ski-Nation. Trotzdem erhielt der Sportler erst 1987 die Luxemburger Staatsbürgerschaft. Girardelli war immer ein Exot im Skizirkus und reiste stets mit seinem Privatteam zu den Wettbewerben an. Heute gesteht er, dass er immer unter seinem „One-Man-Status" gelitten habe und körperlich oft am Ende war. Auch gibt er inzwischen zu, dass ihm als „Alleinunterhalter" durchaus die Einbindung in ein funktionierendes Team gefehlt hat: „Es war nicht einfach für mich, wenn man jahrelang nur ein, zwei Ansprechpartner hat. Zudem fehlte mir der interne Vergleich bei den Zeitläufen im Herbst." Die hohen Strapazen im alpinen Leistungssport macht Girardelli auch für die heute so zahlreichen nicht-sturzbedingten Verletzungen der Athleten verantwortlich. „Nur wenige Rennläufer waren oder sind so kompakt wie Didier Cuche oder Hermann Maier. Über die zwei hätte ein Panzer drüberfahren und sie trotzdem nicht umbringen können", sagte Girardelli 2019 der österreichischen Zeitschrift „Kurier". Seinen relativ frühen Rücktritt 1997 kommentierte er dort so: „Ich bin die zwei letzten Saisonen nur mit Schmerzen gefahren. Ich habe meine Knorpelentzündung nicht weggekriegt."

Marc Girardelli bei einer Charity-Veranstaltung 2019 in Kitzbühel
Marc Girardelli bei einer Charity-Veranstaltung 2019 in Kitzbühel - Foto:picture alliance / AP Photo

Kolumnist für Zeitungen

Nach seinem Abschied vom Rennsport zeigt sich Girardelli weiterhin sehr umtriebig und ist bis heute ein Weltenbummler, der mit seinem Helikopter eigenhändig zu seinen Terminen fliegt. Er arbeitet für den Liechtensteiner Medizingerätehersteller „Bemer-Therapie", berät den bulgarischen Skiverband und ist mit seinen Firmen „T.A.K. Services" und „Julen AD" Promotor des bulgarischen Weltcup-Ortes Bansko, oft sehr zum Leidwesen örtlicher Umweltschützer. Trotzdem bleibt er dort aktiv, weil „tolle Freundschaften entstanden sind". Außerdem veranstaltet er 15 bis 20 Ski-Events pro Jahr und vertreibt unter dem Namen „Girardelli Skiwear" seit 2005 Sportbekleidung. Die Konkurrenz großer Hersteller fürchtet er nicht: „Wir konzentrieren uns abseits vom Kaufhausmarkt nur auf Skiclubs, auf Skischulen, Seilbahnpersonal, auf kleinere Gruppen, aber auch auf Freunde und Helfer." Seine Kundschaft wird mit individuell entworfener Bekleidung ausgestattet und umfasst Feuerwehren ebenso wie die Zürcher Kantonspolizei. Girardelli, der sein früheres Ski-Einkommen auf „ein bisserl mehr als eine Million" beziffert, ist seit einiger Zeit sogar als Verleger des Tourismus-Magazins „Alpin aktuell" tätig, das eine Auflage von 250.000 erreicht hat. Girardelli, der schon immer gerne geschrieben und als Kolumnist für Zeitungen gearbeitet hat, veröffentlichte zusammen mit der Autorin Michaela Grünig 2017 auch den Kriminalroman „Abfahrt in den Tod", dem im Folgejahr der zweite Ski-Krimi „Mordsschnee" folgte. Girardelli beschreibt sich als Typen, „der sich gerne neuen Herausforderungen stellt. Es wäre mir zu langweilig, nichts zu machen. Der Tag hat 24 Stunden, und ich will meine Lebenszeit nicht vertrödeln! Ich bin einfach neugierig, offen und leidenschaftlich", betont er. Die mehrsprachige Ski-Legende hat einem Kunden zuliebe sogar begonnen, auch noch Russisch zu lernen.

Hatte 18 Operationen

Nicht alle außersportlichen Aktivitäten Girardellis waren von Erfolg gekrönt: So erwies sich seine Investition in die Skiporthalle Bochum 2001 als Flop. Sein „Alpenhotel" oberhalb Dornbirns brannte 2001 teilweise nieder und wurde als Brandruine 2005 verkauft. Nur ein paar Monate dauerte Girardellis im Winter 2017 begonnener Einsatz als TV-Experte für das schweizerische Fernsehen, weil er in den wenigen Wochen gemerkt habe, dass er sich in dieser Rolle nicht zu 100 Prozent wohlfühlt. In seinen bisher 57 Lebensjahren hat Girardelli viele spannende Zeiten und interessante Begegnungen erlebt. Die meisten Dinge würde er aus heutiger Sicht genauso machen, auch wenn er zugibt, dass bei ihm Emotionen und Ehrgeiz oft zu groß waren: „Dadurch musste ich meinen Körper über Jahre vergewaltigen – und das spüre ich schon lange und hatte große körperliche Probleme." 18 Operationen liegen jetzt hinter ihm. Dank der Nutzung eines von ihm promoteten medizinischen Gerätes, das die Selbstheilungskräfte stärkt und die Kapillardurchblutung verbessert, gehe es ihm heute besser: „Ich kann wieder jeden Sport schmerzfrei machen, nur ein Weltcup-Comeback traue ich mir nicht mehr zu", scherzt er. So spielt er öfters Tennis, Squash und Golf, probiert neue Sportarten aus und unternimmt im Sommer gern anspruchsvolle Mehrtagestouren in den Alpen. Den heutigen Ski-Zirkus verfolgt Girardelli weiterhin als interessierter Beobachter und Kolumnenschreiber. Mit Bedauern stellt er aber fest, dass es zuletzt – außer Marcel Hirscher – nur noch wenige Ausnahmeathleten gab.

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