Für ihren Debütroman „This Is (Not) a Love Song – Wer glaubt schon noch an Liebe?" wird Christina Pishiris in ihrer Londoner Heimat als neue originelle Stimme der Chick-Lit gefeiert. Im Interview spricht die Autorin über Vermarktung, warum Perfektion hinderlich ist und was ihr gegen Schreibblockaden hilft.
Frau Pishiris, gleich mit Ihrem ersten Buch „This Is (Not) a Love Song" haben Sie einen großen Coup gelandet, nämlich einen Vertrag mit dem Verlagsriesen Simon und Schuster. Wie haben Sie das geschafft?
Vor 15 Jahren habe ich an einem anderen Buch gearbeitet. Ich habe verschiedene Lektorat- und Korrekturlesedienste in Anspruch genommen, lange daran herumgefeilt und es schließlich an 25 Agenten geschickt. Keiner fand es gut genug, um mich repräsentieren zu wollen. So geht es vielen Autoren: Sie haben Manuskripte in der Schublade, die niemals das Licht der Welt erblicken. Die ganzen Absagen haben mich erst einmal entmutigt, und ich musste lernen, dass Ablehnung Teil des Jobs ist. Bei meinem zweiten Buch, „Love Song", ging ich viel gezielter vor. Mir war klar, dass ich etwas schreiben musste, das zu 100 Prozent in ein bestimmtes Genre passen würde.
Wie kamen Sie zu diesem Schluss? Haben Sie Ratgeber gelesen, Workshops besucht?
Auch das, ja, aber hauptsächlich hat mir das Feedback von Lektoren und Agenten geholfen. Sie haben alle gesagt: Deine Geschichte ist Mädelsliteratur, aber deine Hauptfigur ist ein Mann.
Warum funktioniert dieses Genre nicht mit einer männlichen Hauptfigur?
Es funktioniert, wenn der Autor selbst ein Mann ist, wie Nick Hornby oder Mike Gayle. Sie schreiben romantische Komödien, die auf einem Bücherregal direkt neben Bridget Jones stehen können.
Ein Mann muss aus der Sicht eines Mannes schreiben, eine Frau aus der Sicht einer Frau? Etwas antiquiert, oder?
Es wird einfach davon ausgegangen, dass weibliche Leser sich nicht so gerne in eine männliche Hauptfigur hineindenken und -fühlen wie in eine weibliche.
Sie sind eine Frau. Warum haben Sie es sich dann mit Ihrem ersten Buch so „schwer gemacht" und aus der Sicht eines Mannes erzählt?
Ich war jung und naiv. (lacht) Ich wollte nicht, dass man mich in meinem Buch erkennt und hatte Angst, dass Leute zu mir sagen würden: „Bist du das? Ist dir das passiert?"
Worum ging es in dem Buch?
Meine Hauptfiguren wurden kein Paar, und ich denke, deshalb ist nichts daraus geworden. Die Menschen wollen ein Happy End. Aber nach meinem gescheiterten ersten Versuch habe ich gelernt, mich auf die Branche einzustellen. Ich wusste, ich müsste aus der Sicht einer Frau schreiben, um Erfolg zu haben. Und ich habe mir einen Literaturagenten gesucht, denn ohne Agent kein Buch-Deal.
Welche Erfahrung haben Sie mit Schreibwerkstätten gemacht?
Ich habe an einem Workshop der renommierten Literaturagentur Curtis Brown teilgenommen, wo ich mit prominenten Agenten und Verlegern zusammenarbeiten konnte. Interessant waren auch die Gastredner, wie Jojo Moyes und Tracy Chevalier. Eine super Erfahrung. Trotzdem lernt man in solchen Workshops nicht wirklich viel. Ich habe das meiste aus Ratgeberliteratur gelernt. Das Beste an dem Kurs war, dass ich dort Gleichgesinnte traf, die es mit dem Schreiben genauso ernst meinten wie ich. Wir wurden Freunde und sehen uns bis heute regelmäßig, auch während des Lockdowns, eben nur über Zoom. Dieser Gruppe verdanke ich, dass ich am Ball geblieben bin. Wir sind zu fünft, und vier von uns konnten Buchverträge an Land ziehen. Gemeinschaft tut gut, denn Schreiben ist eine einsame Angelegenheit, und man erfährt ständig Ablehnung. Zurückweisung ist wahrscheinlich der Hauptgrund, warum Autoren das Handtuch werfen.
Wollten Sie schon immer Schriftstellerin werden?
Ja. Ich erinnere mich noch gut an die Reaktion meines Berufsberaters in der Schule, als ich sagte, ich wolle Schriftstellerin werden. Er meinte, das sei kein Beruf, und schlug stattdessen ein Journalismus-Studium vor. Ich habe das damals überhaupt nicht infrage gestellt und später für eine Fachzeitschrift für Medienschaffende geschrieben.
Wie vermarkten Sie Ihr Buch in Zeiten von Corona? Ich nehme an, es gab keine Lesungen oder sonstige Veranstaltungen mit einem Live-Publikum?
In einigen Londoner Buchläden haben coronakonforme Signierstunden stattgefunden, aber leider hatte ich keine Launch-Party zur Veröffentlichung von „Love Song". Dafür hat mir mein Mann eine Torte in Form meines Buches backen lassen, das war eine nette Überraschung! Viele Veranstaltungen fallen natürlich aus, aber letzte Woche habe ich zum Beispiel an einer virtuellen Podiumsdiskussion teilgenommen.
Wie hat es sich angefühlt, zum ersten Mal mit Lesern des eigenen Buches zu interagieren?
Surreal! Dieses Buch hat jahrelang nur in meinem Kopf existiert beziehungsweise auf meinem Laptop. Und plötzlich lesen es Menschen, die mich gar nicht kennen. Das ist wunderbar! „Love Song" wurde von der Romantic Novelists’ Association als beste romantische Komödie des Jahres nominiert. Anfang März gab es diese wundervolle Gala, kurz vor dem Lockdown. Ich dachte nur: Wow, das ist irre! Das musst du genießen! Ich habe nicht gewonnen, aber es war toll, gleich mit meinem ersten Buch nominiert zu sein.
In Ihrem Buch spielt Musik eine große Rolle. Hören Sie Musik, wenn Sie schreiben?
Ja, es ist diese gewisse Ablenkung, die ich brauche. Ich mag es nicht, wenn um mich herum komplette Stille herrscht. Musik nimmt die Anspannung raus.
Was hören Sie am liebsten?
Rock! Aber ich bin kein Snob, ich höre auch Michael Bublé. Alles mit einer guten Melodie.
Woher kam die Idee zu den Figuren in Ihrem Buch? Entspringen Sie dem wahren Leben?
Ich weiß nicht, woher Zoe, Simon und Nick kamen. Ich weiß nur, dass ich eine Hauptfigur mit einem coolen Job wollte. Ich dachte, das Musikgeschäft wäre etwas, worüber ich selbst gern lesen würde, also wurde Zoe Musikredakteurin. Durch meine eigene Erfahrung als Journalistin und die Erfahrung meines Mannes, der als Filmemacher oft mit Musikern arbeitet, dachte ich, diese Welt ließe sich gut in einen Roman übertragen. Ich fing an, zu schreiben, und irgendwann wurde mir klar, welche Figuren wann auftauchen müssten, um diese Welt mit Leben zu erfüllen.
Sie hatten keine Geschichte im Kopf?
Ich wusste nur, dass es um die Rückkehr einer verlorenen Liebe gehen und meine Hauptfigur durch und durch von Nostalgie bestimmt sein sollte.
Sicher hatten Sie auch mal mit einer Schreibblockade zu kämpfen. Wie gehen Sie damit um?
Ich setze mir ein konkretes Ziel: 1.000 Worte schreiben, jeden Tag. Das ist machbar. Manchmal schaffe ich das in einer Stunde. Aber manchmal dauert es auch einen ganzen Tag, und ich hasse jedes Wort. Aber das macht nichts. Hauptsache ist, dass man regelmäßig schreibt. Dabei wächst das Selbstvertrauen. Und je größer das Selbstvertrauen, desto größer die Kreativität. Wenn man ein Buch schreibt, muss man nicht chronologisch vorgehen. Man kann hin- und herspringen, wie man möchte. Das ist auch ein gutes Mittel gegen eine Schreibblockade.
Wo schreiben Sie? Und wie mussten Sie gegebenenfalls Ihre Routine wegen Corona anpassen?
Vor Corona habe ich mich gelegentlich in ein Café gesetzt, um Ideen zu sammeln, Notizen zu machen. Aber ich kann in der Öffentlichkeit nicht schreiben, weil es mir schwerfällt, mich zu konzentrieren. Ich bin sehr froh, einen Schreibtisch in einem ruhigen Zuhause zu haben. Dort geschieht die Magie.
Waren Sie jemals an einem Punkt, an dem Sie aufgeben wollten?
Ja, sogar oft. Aber das geht jedem so. Da liest man über seine Idole, und die sagen alle irgendwie, dass sie nach 37.000 Worten einen Hänger haben. Hunderte Male dachte ich schon: Was du schreibst, ist Mist! Aber dann ist da in mir drin doch die Hoffnung auf die Chance, veröffentlicht zu werden.
Beharrlichkeit ist das Zauberwort.
Ja, ich denke, Beharrlichkeit ist wichtiger als Talent. Man muss akzeptieren, dass Zurückweisung wehtut. Man darf sich auch einen Tag lang in Selbstmitleid suhlen. Aber dann muss man sich sagen: Das ist nur eine Meinung, keine Tatsache. Das hält mich nicht auf. Und man sollte sich mit Menschen umgeben, denen man vertrauen kann. Ich habe das große Glück, meine Schwester, meinen Mann und meine Schreibgruppe zu haben, die mich alle unterstützen. Es ist nicht einfach, „seine" Leute zu finden, es braucht Zeit.
Welcher Rat hat Ihnen am meisten geholfen?
„Fortschritt, nicht Perfektion!" Das Streben nach Perfektion hält dich zurück. Wenn man ein Buch schreibt, muss man lernen, dass es beim ersten Durchgang eben nicht perfekt ist. Die Hauptsache ist, dass man es erst einmal zu Ende schreibt, sodass man die ganze Geschichte vor sich sieht. Man kann Wochen damit verbringen, eine einzige Szene zu perfektionieren, nur um am Ende erkennen zu müssen, dass sie doch nicht ins Buch passt.
Man sollte sich also nicht zu sehr an sein Material klammern? Manchmal tut es schon höllisch weh, nur ein einziges Adjektiv zu streichen, richtig?
Ja, auf jeden Fall. Aber manchmal muss man eine Szene einfach streichen. Man kann sie speichern, vielleicht passt sie ja irgendwann einmal in ein anderes Projekt, aber man muss sich eingestehen können: Nein, in diesem Buch hat sie nichts zu suchen.
Auf Ihrem Instagram-Account habe ich ein Foto von Doris Day und Rock Hudson gesehen. Haben Sie die wunderbaren Screwball-
Komödien der 1950er-Jahre inspiriert?
Ja, ich liebe diese Filme! Das alte Hollywood: Die wussten, wie man schreibt.
Was inspiriert Sie noch?
Ich liebe Bridget Jones. Und alles von Mhairi McFarlane, sie ist brillant! Die besten Bücher dieses Jahres waren für mich „Verliebt in deine schönsten Seiten" und „Ist für immer nicht viel schlimmer?" Es ist wichtig, Geschichten zu konsumieren. Nicht nur Bücher, Fernsehen ist auch toll. Die Figuren in einer Serie haben viel Raum, sich zu entwickeln. Ich war schon immer ein leidenschaftlicher TV-Fan.
Lieblingsserien?
Akte X, Buffy, Kampfstern Galactica.
Science-Fiction, Horror, Mystery?
Ja!
An welchem Projekt arbeiten Sie zurzeit?
Mein neues Buch handelt von einer 30-jährigen Paartherapeutin, die gerade von ihrem Freund verlassen wurde, und nun wieder bei ihren Eltern einziehen muss.
Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der am Anfang steht?
Lass dich nicht unterkriegen! Ich habe 15 Jahre gebraucht, um veröffentlicht zu werden, und das ist nicht einmal ungewöhnlich. Also: schreib weiter!