Auch während das Leben der normalen Bevölkerung weiter stillgelegt wird, kommt es in der Champions League zu internationalen Aufeinandertreffen. Dabei gibt es Probleme. FORUM hat sich die Situation der deutschen Teams und ihre Gegner angeschaut.
Leere Ränge in den Stadien – sie sind wohl das einzige Indiz dafür, dass wir uns in einem Pandemiejahr befinden. Selbst internationale Wettbewerbe wie die Champions League finden statt, auf den Plätzen wird abgeklatscht, nach Toren innig gejubelt und sich in Teamkreisen auf ein Spiel eingeschworen. Auf den Fußballplätzen des Profifußballs scheint alles wie gehabt. Doch nicht nur dort: Die Handball-WM der Männer wurde mit Teams aus 32 Nationen ausgetragen – in Ägypten. Nachdem der Spitzensport also zu Beginn der Pandemie im vergangenen Jahr wochenlang ruhte, darf er im zweiten Teil-Lockdown stattfinden – mit abgesegnetem Hygienekonzept. So stehen in den kommenden Wochen zahlreiche internationale Spiele sowie im Sommer eine Europameisterschaft an. Nach der EM folgt dann Olympia in Tokio. Bevor die Gegner der deutschen Mannschaften in der Champions League vorgestellt werden, ist es wichtig, auf diese groteske Situation aufmerksam zu machen.
Nun zum Sportlichen. Alle deutschen Teams, die in der Champions League gestartet sind, haben sich in der Gruppenphase durchgesetzt und stehen im Achtelfinale. Für den letztjährigen Sieger FC Bayern München lief es zwar teilweise wackelig, letztendlich aber doch souverän in der Gruppenphase. Im Achtelfinale treffen die Münchner auf Lazio Rom. Der letztjährig Vierte der Serie A klettert in der Tabelle der Serie A zuletzt wieder stetig nach oben. Im italienischen Pokal musste man sich kürzlich gegen Atalanta Bergamo mit 2:3 geschlagen geben. Nur vier Tage später gelang mit einem 3:1-Sieg in der Liga die Revanche. Dennoch ist Lazio gegen die großen Bayern klarer Außenseiter.
In der Gruppenphase der Champions League blieben die Römer zwar ungeschlagen, spielten dabei aber viermal Remis. Absoluter Star der Mannschaft ist Topstürmer Ciro Immobile. Der Gewinner des Goldenen Schuhs der vergangenen Saison ist die Lebensversicherung einer guten – bei weitem aber keiner Spitzenmannschaft. Performen die Münchner weiter wie gewohnt, sollten die Italiener keine große Hürde darstellen. Dennoch: Unangenehm können die Römer durchaus werden, Borussia Dortmund gelang in der Gruppenphase kein Sieg gegen die Laziali.
Dortmund kann Liga-Alltag vergessen machen
Die Dortmunder bekommen es im Achtelfinale dann schon mit einer unangenehmeren Mannschaft zu tun. Mit dem FC Sevilla treffen die Westfalen auf den Seriensieger der Europa League der letzten Jahre. Dortmund gelang in seiner Gruppe mit vier Siegen, einem Remis und einer Niederlage der Gruppensieg. Und das nach einer Niederlage am ersten Spieltag in Rom. Trotz der Qualifikation für die K.o.-Runde wurde Lucien Favre aufgrund schwankender Leistungen in der Liga beurlaubt, für ihn übernahm sein bisheriger Co-Trainer Edin Terzic. Stabilisiert haben sich die Leistungen in der Liga und auch im Pokal dadurch nicht. Gegen den SC Paderborn im DFB-Pokal-Achtelfinale führten die Schwarz-Gelben früh mit 2:0 – für Sicherheit sorgte das aber nicht. Die Dortmunder mussten in die Verlängerung, setzten sich dann durch ein höchst umstrittenes Tor von Erling Haaland knapp durch. Gegen eine erfahrende Mannschaft wie Sevilla muss Dortmund ein anderes Gesicht zeigen. Mit insgesamt sechs Titeln in der Europa League sind sie Rekordsieger in diesem oft verschmähten Wettbewerb. Trainer Julen Lopetegui wurde in Spanien lange belächelt, findet in Sevilla derzeit aber sein Glück. Der FC Sevilla wurde in der Gruppenphase der Champions League Zweiter hinter dem FC Chelsea. Mit vier Siegen, einem Remis und nur einer Niederlage ist die Bilanz mit jener der Dortmunder vergleichbar. In der spanischen Liga belegt der FC Sevilla derzeit den vierten Tabellenplatz. In der Innenverteidigung besticht vor allem Jules Koundé, der von einigen Top-Clubs umgarnt wird. Im Mittelfeld zieht der alternde Mittelfeldstratege Ivan Rakitic die Fäden. Im Sturm hat Youssef En-Nesyri mit 16 Toren in 30 Spielen für die Spanier die mit Abstand beste Quote. Sevilla wird für die Dortmunder ein unangenehmer Gegner, bei dem es nur mit Topleistung seitens des BVB reichen wird.
Mit anderen Problemen hat derweil RB Leipzig zu kämpfen. Die Corona-Maßnahmen des Bundes verbieten Liverpools Einreise zum Hinspiel am 16. Februar. „Natürlich befinden wir uns in Gesprächen mit den Behörden, mit der Uefa und mit Liverpool", sagte RB-Sprecher Till Müller in der vergangenen Woche. „Das beinhaltet auch, dass wir einen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung gestellt haben für die Einreise des Teams aus Liverpool." Diese hat allerdings abgelehnt. Deutschland hat Fluggesellschaften mindestens bis zum 17. Februar untersagt, Personen aus Gebieten, die von Corona-Mutationen betroffen sind, auf deutsches Staatsgebiet zu transportieren. Anfang der Woche konnte RB dann Vollzug melden. Die Partie findet in Budapest statt. Für den Verein blieb keine Alternative.
Wäre eine Verlegung der Partie an einen anderen Ort beziehungsweise auf einen Zeitpunkt nach Auslaufen der Einreiseregelung nicht gelungen, wäre die Partie mit 0:3 aus Sicht der Leipziger gewertet worden. „Das ist ein Thema, das uns schon Bauchschmerzen bereitet hat", gab RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff zu. Sollte das Spiel nun wie geplant stattfinden, treffen zwei Teams aufeinander, die gut in ihre jeweilige Saison gestartet sind, dann aber ein wenig außer Tritt kamen. Vorjahresmeister Liverpool stand zwischenzeitlich wieder an der Spitze, musste mittlerweile aber die erste Heimniederlage seit Jahren hinnehmen und hängt der Spitze der Liga hinterher. Gebeutelt sind die Engländer vor allem von Verletzungen: Virgil Van Dijk und Joe Gomez fallen beide mit einem Kreuzbandriss schon sehr lange aus und werden weiterhin lange fehlen.
Stadion-Probleme in Leipzig und Gladbach
Provisorisch spielen Kapitän Jordan Henderson und Mittelfeldabräumer Fabinho in der Innenverteidigung – zum Ende der Transferphase wurde für diese Position Ozan Kabak vom FC Schalke 04 verpflichtet. Auch die drei Offensiv-Monster Sadio Mané, Roberto Firminho und Mohamed Salah kommen nicht konstant an die Spitzenleistung der vergangenen Saison ran. Obwohl Liverpool auch bei den Experten als der große Favorit gilt, dürften die Leipziger im Achtelfinale nicht chancenlos sein. Mit zwei guten Vorträgen könnte eine Überraschung möglich sein. Allerdings darf RB dann in England nicht so auftreten, wie beim 0:5 in der Gruppenphase bei Manchester United. Borussia Mönchengladbach muss ebenfalls gegen eine Mannschaft von der Insel antreten. Die Fohlen mit ihrem Trainer Marco Rose treffen auf Pep Guardiola und Manchester City. Die Gladbacher spielten eine turbulente Gruppenphase, lieferten über weite Strecken gegen die großen Gegner überragende Spiele ab – nur um am Ende noch ein unglückliches Tor zu kassieren. Hätten sie nur eins dieser Spiele gewonnen, wäre das Zittern am letzten Spieltag nicht so groß gewesen. Durch das 0:0 zwischen Inter Mailand und Atalanta Bergamo reichte die 0:2-Niederlage bei Real Madrid fürs Achtelfinale. Dort wartet nun Pep Guardiola mit seiner wiedererstarkten Mannschaft. Nach wirklich schwachem Saisonbeginn stehen die Citizens an der Tabellenspitze der Premier League – mit einem Spiel weniger als Verfolger Manchester United.
Es scheint als hätte die Mannschaft des ehemaligen Bayern-Trainers ihren Zauber wiedergefunden. Schaffen die Gladbacher es, beispielsweise ihre Leistung aus dem Hinspiel der Gruppenphase gegen Real Madrid erneut abzurufen, ist eine Überraschung nicht unmöglich. Im Vorjahr musste sich Guardiola bereits im Viertelfinale gegen die „Underdogs" von Olympique Lyon geschlagen geben. Ein frühes Scheitern der Citizens wird nur dann wahrscheinlich, wenn Gladbach es schafft, über 180 Minuten über dem Limit zu performen. Auch die Gladbacher, die das Rückspiel am 24. Februar zu Hause haben, suchen nach einem Ausweich-Stadion.