Er fliegt von der Schule, weil er mit Haschisch handelt, seine Eltern schmeißen ihn raus. Tief gekränkt kehrt er dem kleinen Lütjensee in der norddeutschen Provinz den Rücken.
Der damals 16-jährige Helmut Zierl trampt der Sonne entgegen und so trägt sein autobiografisches Buch den Titel „Follow The Sun: Der Sommer meines Lebens". Darin hat der bekannte Schauspieler prägende Erinnerungen seiner wilden Jugend gesammelt, mit Fokus auf drei Monate im Sommer 1971.
In der Klatschpresse wurde der Roman als „Drogenbeichte" hochstilisiert. Doch wer in den 1970er-Jahren aufgewachsen ist, weiß, wie viele damals mit Drogen experimentierten. Zierl ist zuerst in Brüssel, dann in Amsterdam, erlebt „Dealer, Penner, Sessions, Liebe und Tod" nimmt LSD und Speed und raucht fast täglich Haschisch. Er lebt in einer Fixer-WG, kommt dem Heroin gefährlich nah, doch stürzt nicht ab.
Er macht später eine beeindruckende Schauspielerkarriere. Lange schleppt er die traumatischen Seiten seiner Jugend-Erfahrungen mit sich herum. Er schreibt zehn Jahre am Buch, schiebt es immer wieder zur Seite.
Der Roman ist durchgehend aus der Perspektive des 16-jährigen Zierl geschrieben. Vielleicht hat der Autor hier jugendliche Leser im Blick. Doch manchmal wünscht man sich zu erfahren, was der heute 66-Jährige rückblickend über die Sinnsuche seines jungen Ichs denkt. In jedem Fall ist das Buch eine gelungen Zeitreise in eine Epoche, die wie Zierl voller Lebensgier ist, mit Konventionen bricht, neue Lebensentwürfe ausprobiert und auch scheitert.
Helmut Zierl ist es gelungen, das Lebensgefühl, die Stimmung und auch den Sound der Hippie-Generation – Musik spielt eine wichtige Rolle in seinen Schilderungen – festzuhalten. Bemerkenswert ist die fast minutiöse Erinnerungsleistung. Hier wäre es interessant zu wissen, ob Tagebücher oder andere Aufzeichnungen vorhanden sind. Das Werk ist nicht nur eine spannende Biografie, sondern Zeitgemälde und Versöhnungsgeschichte.