Corona-Hotspots auf dem Wasser? Fehlanzeige. Ein Segeltörn ist nicht nur eine wunderbare Art, Urlaub zu machen, sondern in Pandemie-Zeiten auch relativ sicher. FORUM-Autorin Sabine Ludwig war auf einem Katamaran in Kroatien unterwegs.
Es war mein letzter Urlaub vor Beginn der Reisewarnungen. Der erneute Lockdown war noch in weiter Ferne. Hätte ich damals schon gewusst, was auf uns zukommt, wären die Tage an Bord sicher nicht so unbeschwert gewesen. Doch sie waren es, und darüber bin ich letztlich sehr froh.
Oft stelle ich mir die Frage, was die Zukunft bringen und wie sie aussehen wird. Werde ich wieder unbeschwert reisen können wie bisher? Zuversicht und Hoffnung haben mich noch nie verlassen. Im Gegenteil, sie prägten stets meine Pläne und mein Handeln. Ich bin ein optimistischer Mensch, umso mehr, da das Ende der Pandemie näher rückt. Ich glaube daran. Und das ist das Wichtigste.
Den Segeltörn habe ich mit Freundinnen unternommen. Jedes Jahr entscheiden wir uns für eine andere Region. Diesmal fiel die Wahl auf Kroatien. Tagelang hatten wir im Netz gesurft und Kataloge gewälzt. Endlich fanden wir das, was wir wollten: Einen Katamaran mit entsprechender Ausstattung, groß genug für uns alle. Und einen Skipper. Zwei Freundinnen hatten bereits Segelerfahrung und wollten bei Wind und Wetter mit Hand anlegen. Ich genieße es dafür umso mehr, mich segeln zu lassen.
Eine komfortable Kochgelegenheit war Voraussetzung, denn das CandleLight-Dinner an Deck gehört zu den maritimen Erlebnissen, die unvergesslich sind. Genau wie die Landgänge, bei denen wir frisches Obst, Gemüse und Fisch direkt vom Händler kauften. Die Abstecher in die idyllischen Hafenstädtchen wurden mit einem Aperitif in einer landestypischen Bar oder den unvermeidlichen Shopping-Bummel durch verwinkelte Altstadtgassen abgerundet. Wir suchten immer nach genau jenem hippen Stück, das fernab aller Ladenketten doch genau hier angeboten wurde.
Georg Ammann ist im Mittelmeer zu Hause. Das kennt der Skipper wie seine Westentasche. Der Lehrer aus Würzburg segelt nebenberuflich. Im Sommer und Herbst arbeitet er auf großen Yachten und kleineren Booten, je nach Gusto von Mitseglern oder Freunden. Normalerweise. Doch 2020 war alles anders. Reisewarnungen kamen unerwartet und Improvisieren war Teil des Jobs.
Inselparadiese locken auch Stars aus Hollywood an
Zu Ammanns Revier gehören Ziele in Griechenland und Kroatien. Vor Ort kennt er geheime Buchten und malerische Häfen. Zum Beispiel auf Korčula, der idyllischen Insel unweit der Hafenstadt Split. „Bei Antonella kann jeder, der in ihrem kleinen Restaurant zu Abend speist, in der dazugehörigen Bucht übernachten. Liegegebühren fallen nicht an." Und genau das taten wir. Denn Lust auf Kochen hatte niemand. Es lohnte sich: Antonellas Fischgerichte waren ein Gedicht. Einschlafen unterm Sternenhimmel und Erwachen bei Sonnenaufgang waren inklusive. Ein Hafenplatz kann teuer sein, abhängig davon, wie prominent die jeweiligen Locations gerade sind. Korčula und Hvar gehören zu den bekanntesten und schillerndsten Inseln im Mittelmeer. Einst durch malerische Lavendelfelder und hochwertigen Wein, der nach Feigen und trockenen Aprikosen schmeckt, zum Sehnsuchtsort geworden ziehen die Inselparadiese mittlerweile Hollywood an. Leonardo di Caprio, Steven Spielberg, Caroline von Monaco oder Michael Douglas nebst Gattin Catherine sind häufig gesehene Gäste.
Ich kaufte typische Lavendel-Duftsäckchen für den Kleiderschrank. Auch hier hatte Skipper Ammann Geheimtipps parat: Dort gibt es besonders aromatischen Käse, daneben raffiniert gewürzte Wurst und direkt beim Bauern den süffigen Beerenlikör, der noch im Familienbetrieb hergestellt wird. Der Mittfünfziger geht auf Tuchfühlung, lässt sich auf Land und Leute ein. So entstehen außergewöhnliche Empfehlungen, die er gern an seine Segelcrew weitergibt.
„Übers Motorbootfahren bin ich zum Segeln gekommen", sagt der Metzgermeister, der bis 2002 als Chef im Laden der Eltern im unterfränkischen Randersacker stand. 2004 machte er den Motorbootführerschein. Und dann war da die Suche nach dem Mehr, nach dem großen Ganzen. Der Segelschein war für den ehemaligen „Gassenjungen", wie er sich selbst nennt, die nächste Herausforderung. Den bestand er 2008. „Das war genau das Richtige für mich. Segeln ist mein Traum. Was gibt es Schöneres als vom Boot aus die Landschaft und den Horizont zu genießen", beschreibt er sein erstes Aha-Erlebnis, das während seiner Törns regelmäßig wiederkehrt.
Dann steht er wieder am Steuer und versucht, den großen Wellen auszuweichen, die von einem Fischkutter herüberschwappen. „Die Familie unterstützt meinen Ferienjob als Skipper voll und ganz. Sie gibt mir die Freiheit, die ich für meine Törns brauche", ergänzt der dreifache Vater. Thema Sicherheit: Unterwegs auf dem Meer ist ihm die am wichtigsten. „Die Crew muss sich nach meinem Kommando richten. Keine Diskussionen, wenn es brenzlig wird." Gefährliche Momente auf dem Wasser hat er zum Glück noch nicht erlebt.
Er freut sich auf die unterschiedlichsten Menschen an Bord. „Niemand ist gleich, ich muss mich immer wieder auf neue Situationen einstellen. Das gefällt mir!" Zuletzt war er in Griechenland mit Freunden unterwegs. „Am Panorama werde ich mich nie sattsehen können. Und sollte dies einmal der Fall sein, höre ich mit den Törns auf!"
Geschicklichkeit und Hilfsbereitschaft sind gefragt
Der sportliche Würzburger schläft am liebsten am Bug, unter freiem Himmel. „Die Sterne zu beobachten hat etwas Faszinierendes." Mit Blick ins nächtliche Firmament erklärt er, wo die Milchstraße liegt oder Sirius, Cassiopeia und Orion ihren Stand haben. Wo sonst kann man Einsamkeit und Ruhe so genießen wie auf dem Meer oder in malerischen Buchten mit ausreichend Abstand zu anderen Booten?
Ammann spricht über die Voraussetzungen, die für einen Segeltörn unabdingbar sind: „Kompromisse müssen immer eingegangen werden, daher sind Toleranz und eigene Zufriedenheit entscheidende Kriterien. Wer unausgeglichen ankommt, wird seine Probleme während des Törns nicht lösen." Gefragt sind auch Geschicklichkeit, Hilfsbereitschaft und die eine oder andere Segelerfahrung. Selbst mal das Steuer in die Hand nehmen oder ein Großsegel setzen ist für jeden eine tolle Erfahrung. Gemeinsam mit dem Würzburger Wolfgang Hauck plant er die Trips. Während Ammann sein Know-how zur Verfügung stellt, organisiert Hauck die passenden Boote.
Segeln ist während Corona ähnlich gefragt wie Campingurlaube. Hier kann der Urlauber am besten entscheiden, mit wem er die schönste Zeit des Jahres verbringen will und wie einsam sie letzten Endes sein soll. Das bedeutet einen klaren Vorteil gegenüber Hotel- oder Rucksackurlauben, wo Transportwege und Gästebelegungen und damit auch der nötige Abstand kaum beeinflusst werden können.
Das Risiko einer Corona-Infektion so minimal wie möglich zu halten ist Ammans oberste Devise: „Im Sommer, hoffe ich, wieder in See stechen zu können!"