Reichlich Renaissance und Barock, die älteste Holzbrücke Europas und eine bezaubernde Lage in traumhafter Natur – das und noch mehr bietet die schweizerische Stadt am Vierwaldstättersee.
Gleich bei der Ankunft überrascht Luzerns geräumiger Bahnhof. Das Untergeschoss, gestaltet als lichte Shopping-Meile, gefällt ebenso wie die großzügige Bahnhofsvorhalle, wo keine Drängelei entsteht.
Es ist der dritte Bahnhof an dieser Stelle und ersetzt den pompösen, 1971 abgebrannten Vorgänger, von dem nur ein hohes Portal übrig blieb. Doch gut Ding braucht Weile. Erst im Februar 1991, also 20 Jahre nach dem Brand, wurde der neue Bahnhof eröffnet.
Nun aber hinaus, und sogleich lockt der Vierwaldstättersee. Nur wenige Schritte sind es. Blau schimmert sein klares Wasser, weiß leuchten die schneebedeckten Berggipfel am jenseitigen Ufer. Ein schöner Farbkontrast.
In den See hinein reicht Luzerns Ikone der Moderne – das 1998 eröffnete Kultur- und Kongresszentrum (KKL), geplant vom französischen Stararchitekten Jean Nouvel. Fest ruht es jedoch auf dem Europaplatz gleich neben dem Bahnhof und umschließt drei Teile: den Konzertsaal, den multifunktionalen Luzerner Saal und das Kongresszentrum mit inkludiertem Kunstmuseum.
Wasser trennt Konzertsäle
Trotz seiner Größe betrug die Bauzeit bis zur Eröffnung nur fünf Jahre, obwohl Nouvel beim Konzertsaal nachbessern musste. Er hatte ihn in Schiffsform geplant und wollte ihn im See verankern, das aber gestattete die Stadt aus ökologischen Gründen nicht. Also holte Nouvel das Wasser auf die Terrasse und ins Gebäude. In zwei Kanälen trennt es drinnen die Säle voneinander.
Der Konzertsaal ist das Highlight des KKL und zieht aufgrund seiner fabelhaften Akustik Künstler und Musikfans aus aller Welt an. Sein schönes Aussehen verdankt er jedoch Claudio Abbado, damals Chefdirigent der Berliner Philharmoniker.
Dieses Weltklasseorchester hatten die Luzerner für die Konzertsaal-Einweihung am 19. August 1998 engagiert, doch bei der Vorbesichtigung zeigte sich Abbado über den zunächst tiefschwarzen Raum schockiert.
Er dirigiere doch nicht in einer Leichenhalle, so seine sofortige Kritik. Nouvel musste umplanen und schuf ein lichtes Oval mit weißen Wänden, möbliert in warmen Brauntönen. Ein Schmuckstück mit 1.998 Sitzplätzen.
Normalerweise finden im KKL jährlich 500 nationale und internationale Veranstaltungen statt, doch wegen Corona ist der attraktive Bau zurzeit geschlossen, schimmert jedoch einladend über den See.
Beim Blick nach links Richtung Neustadt fallen sogleich zwei hohe gotische Türme auf, die über die Dächer ragen. Sie gehören zu St. Leodegar im Hof, kurz Hofkirche genannt. Wie ein steinernes Bilderbuch zeigt dieses Gotteshaus die Baustile mehrerer Jahrhunderte.
Unterwegs mit dem Schaufelraddampfer
Die Fundamente stammen zum Teil noch vom Vorgängerbau, einer 1633 abgebrannten romanischen Basilika. Nur die beiden 69 Meter hohen Türme überstanden das Feuer. Zwischen diese platzierten die Baumeister einen helleren Renaissance-Mittelteil. Der Giebel wurde dann barock, und korinthische Pilaster gliedern die Fassade im zweiten Stock. Aufgrund dieser historisch-stilistischen Vielfalt gehört die Hofkirche zu den Wahrzeichen der 1178 gegründeten Stadt.
Auf andere Art imponieren die Traditionshotels an der beliebten Seepromenade. Errichtet wurden sie für gut betuchte Touristen, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts Luzern als Urlaubsziel entdeckt hatten. 1870 entstanden das „Grand Hotel National" und der „Schweizerhof".
Diese und andere Hotels sind zumeist geöffnet, beköstigen zurzeit aber nur die eigenen Gäste. Als „Kulturgüter von nationaler Bedeutung" stehen die beiden Nobelhotels auf der mehr als 100 Objekte umfassenden Denkmalliste, genau wie die nostalgischen Schaufelraddampfer.
„Uri", der erste, nahm 1901 Fahrt auf, es folgten die Schiffe „Schiller", „Unterwalden", „Gallia" und „Stadt Luzern". Die werden gehegt und gepflegt und kreuzen im Sommer über den See.
In der kalten Jahreszeit ist der Fahrplan reduziert. Doch wie gewohnt fahren die Wintersportler per Schiff über den See zum Skilaufen, Rodeln und Winderwandern. In Beckenried gehen sie von Bord, steigen in die längste Luftseilbahn der Schweiz und schweben hinauf zur Klewenalp.
Die Lifte laufen mit den entsprechenden Hygienemaßnahmen. Die Bergrestaurants sind momentan geschlossen, reichen aber Essen heraus. Allein der Blick von oben über den See lohnt diesen Ausflug.
Wieder unten in Luzern wärmt die Sonne ab Februar schon angenehm und reizt zur Erkundung der Altstadt, die in Gänze unter
Denkmalschutz steht. Aus der Peterskapelle ertönt plötzlich Musik. Es ist der ökumenische Mittagsimpuls „zwölfnachzwölf", der auch live gestreamt wird.
Die Peterskapelle aus dem 11. Jahrhundert ist ohnehin die Keimzelle Luzerns, rundherum siedelten sich die Bürger an. Aufwendig wurde sie kürzlich saniert und zu einer lichten Stadtkirche umgebaut. Auf die Bedürfnisse heutiger Menschen soll sie eingehen. In der Dunkelheit leuchtet sie allen freundlich entgegen.
Ebenfalls in der Altstadt hat die 1861 geweihte Matthäuskirche ihren Platz gefunden, das erste protestantische Gotteshaus der Schweiz. Dort heirateten am 25. August 1870 Richard Wagner und die zuvor geschiedene Cosima. Von 1866 bis 1872 lebte das Paar mit den drei gemeinsamen Kindern nahebei auf der Halbinsel Tribschen. Ihr Landhaus wurde zum Museum, ist aber im Winter geschlossen.
Europas älteste überdachte Holzbrücke
Auf diesem rechten, von der Sonne verwöhnten Reuss-Ufer, setzt sich das Renaissance-Rathaus von 1606 unübersehbar in Szene. Nebenan gefällt das Zunfthaus zu Pfistern aus dem Jahr 1578.
Blickt man entlang der anschließenden Reihe feiner Häuser wird ein weißes Fachwerkhaus mit roter Fassadenverzierung, ursprünglich 1658 erbaut, zum Hingucker: das ehemalige Haus Balthasar. 1959 wurde es von der Modehauskette Spengler gekauft, 1969 abgebrochen und durch einen Betonbau ersetzt. „Im Anschluss hat man die Fachwerkfassade wieder aufgeklebt", weiß Stadtführerin Ursula Korner.
Im Vorjahr ist die französische Kette Maxi Bazar dort eingezogen. Weitere Details – nicht nur zu diesem Haus – kennt sicherlich die mittelalterliche Museggmauer, eine ehemalige Wehranlage mit neun Türmen über der Altstadt.
Der Star ist jedoch die Kapellbrücke von 1365, die älteste überdachte Holzbrücke auf dem europäischen Kontinent. Sie ist Luzerns Wahrzeichen Nummer eins und zusammen mit dem achteckigen Wasserturm das meistfotografierte Denkmal der Schweiz. Die Kapellbrücke war ursprünglich eine Wehrbrücke zum Schutz der Altstadt, doch gegen die plötzlich auflodernden Flammen im August 1993 – vermutlich durch eine weggeworfene Zigarettenkippe verursacht – konnte sie sich kaum wehren. Der Schreck war groß, die Fotos gingen um die Welt. Luzern zögerte nicht. In nur acht Monaten wurde die Kapellbrücke rekonstruiert.
Auch rund 30 von 111 der dreieckigen Bildtafeln konnten gerettet und restauriert werden. Nun sind sie wieder unter den Deckenbalken befestigt. Seit seiner „Feuertaufe" wird dieses wertvolle Baudenkmal noch mehr als früher geliebt, nicht nur von den Luzernern.
Vieles hat die Kapellbrücke in den vergangenen Jahrhunderten erlebt und überstanden, selbst Kriege und Pest-Attacken. Auch der Corona-Pandemie trotzt dieses fragil wirkende Bauwerk und macht den Bewohnern Mut.
Beim Weg über die Brücke aufs linke Reuss-Ufer ist es schon dunkel, doch hell leuchtet die angestrahlte Jesuitenkirche Franz Xaver, errichtet von 1666 bis 1677. „Sie war die erste große Barockkirche, die in der Schweiz gebaut wurde", sagt die Gästeführerin. Drinnen beeindruckt sie durch Glanz und Großzügigkeit, genau wie die schöne Stadt Luzern.