Insel mit dem Goldstrand – Ilha Praia Dourada, so wird Porto Santo genannt. Und der Strand des kleinen portugiesischen Eilands in der Nähe von Madeira ist nicht nur traumhaft, sondern hat auch eine therapeutische Wirkung.
Wenn die Sonne ihre Strahlen auf Porto Santo schickt, verrät der golden glitzernde Sand, warum das Eiland seinen Beinamen „Insel mit Goldstrand" erhalten hat. „Der besondere Glanz entsteht, weil der Sand extrem viel Muschelkalk enthält", sagt José Idalino Vasconcelos an der Ponta da Calheta im Süden, wo der Strand von schneckenartigen Muschelresten übersät ist. „Geologisch sind sie 30 Millionen Jahre alt", erklärt der gebürtige Portosantenser. Die Erosion hat sie an die Oberfläche gebracht, eine Schneckenart, die heute gar nicht mehr existiert. Einer der Gründe, weshalb Porto Santo gerade als Biosphärenreservat in die Liste der Unesco aufgenommen worden ist.
Porto Santo hat, was der grünen Blumeninsel Madeira fehlt: feinen goldgelben Sandstrand, und davon gleich neun Kilometer am Stück. „Wir sind der beste Sandstrand im Atlantik", rühmt ihn auch Vasconcelos, der Bürgermeister der elf Kilometer langen Insel. „Unsere Vorzüge sind der Strand, die Stille und absolute Sicherheit, damit können wir wuchern", sagt er. Der Tourismus floriert, besonders jetzt als risikofreies Gebiet in Corona-Zeiten.
„Mehr Sand als hier ist Wüste" erfand ein findiger Werbetexter als Slogan für Porto Santo. Liebhaber von Farbtönen wie Sandgelb, Kamelbraun und Khakigrün sowie Individualisten, die gern für sich sind, finden für länger als eine Woche Gefallen an der unaufgeregten Landschaft und dem gemächlichen Lebensrhythmus. „Die Insel mag klein sein, aber sie ist die totale Entspannung", sagt Heidi Papka, die sich mit ihrem Freund für mehrere Monate einquartiert hat. Das erste Mal blieben sie neun Wochen – zum Ausprobieren. „Jetzt fühlen wir uns wie zu Hause." Die beiden lesen, surfen, kiten oder wandern in den Bergen von Pico do Castelo oder Pico Branco e Terra Chã, wo es ausgeschilderte Wanderwege mit herrlichen Ausblicken auf die Steilküste gibt. Denn um ein bisschen landschaftliche Abwechslung ins Bild zu bringen, hat die Natur im Norden steile unescotaugliche Basaltklippen aus dem Meer getrieben und die Ebenen mit ein paar hübschen Anhöhen garniert, die sich Picos oder Miradores nennen. Auch Drachenflieger wissen die Topografie zu schätzen, unter denen Porto Santo als Topspot kursiert.
Wanderwege mit Ausblick zur Küste
Fährt man durch die Insellandschaft, spürt man den Hauch von Afrika. „Tourismus ist unsere wichtigste Einnahmequelle", sagt Taxifahrer Gabriel, der wie seine Kollegen Rundfahrten auf der Insel anbietet. Den Besuchern zeigt er die versteinerten Dünen von Fonte da Areia, die seltene Basaltorgel am Pico Ana Ferreira und Portela, die „Theaterloge" der Insel, von der man die ganze Südküste überblicken kann. „Wenn der Winter genügend Regen bringt, trägt die Insel für kurze Zeit grün", sagt Gabriel. „Fast wie auf Madeira", schmunzelt er. Aber das passiere nicht jedes Jahr, gibt er zu.
Immerhin genügt es, um bei Camacha einen kräftigen hochprozentigen Inselwein zu produzieren. Im verkarsteten Inselnordosten, der Serra de Dentro, schaffen es dagegen nur die zähesten Pflanzen wie Besenerika in der Trockenheit zu bestehen. Die Menschen haben hier bereits vor langer Zeit das Feld geräumt und es dem Wind überlassen. Bei Pedregal sieht man noch die Mauern verlassener Bauernhäuser und Reste der früher einmal betriebenen Terrassenwirtschaft. Sie erzählen von den jahrelangen vergeblichen Anstrengungen, den verdorrten Boden urbar zu machen und ihm das Lebensnotwendige abzuringen – Weizen, Getreide, Roggen und Linsen.Vereinzelt lässt sich ein Flussbett erkennen, doch es führt kein Wasser. Ein paar Schafe, Ziegen und Kühe knabbern am kargen Bodenbewuchs. Obwohl Wasser so knapp ist, haben die Portosantenser 2004 einen Golfplatz von Golf-Legende Severiano Ballesteros kreieren lassen, ein Meisterschaftsplatz mit 18 Spielbahnen. Die Entsalzungsanlage, die die Insel mit Trinkwasser versorgt, kam erst zwei Jahre später.
Im Hauptort Vila Baleira erinnert die Pfarrkirche Igreja Nossa Senhora da Piedade aus dem 17. Jahrhundert an eine weiter zurückreichende Vergangenheit. Für einen kurzen historischen Augenblick war das Wüsteneiland der großen Schwester nebenan um eine gute Nasenlänge voraus. Im Jahr 1418 schreiben die portugiesischen Kapitäne João Gonçalves Zarco und Tristão Vaz in ihre Logbücher, dass ihre Schiffe in Sturm gerieten und auf einer Sandbank strandeten – Porto Santo, heiliger Hafen. Auf dem nicht einmal 40 Kilometer entfernten Madeira landeten die Karavellen zwei Jahre später. Das sei kein wirklich großer Ruhm, findet Idalino Vasconcelos. Aber auf Porto Santo ist man ein bisschen stolz darauf. Noch stolzer sind die rund 5.500 Bewohner auf Christopher Kolumbus, der seine Karriere als Entdecker Amerikas hier vorbereitet und in der Pfarrkirche die adlige Gouverneurstochter Filipa de Perestrelo Moniz geheiratet haben soll. Kolumbus, der als Zuckerhändler nach Madeira kam, habe sie auch gar nicht aus Liebe zur Frau genommen, sondern weil er sich Zugang zum portugiesischen Hof und eine Audienz beim König João II. erhoffte, der seine Entdeckungsfahrten finanzieren sollte, aber ablehnte. Danach versuchte Kolumbus bei den spanischen Königen Isabella und Ferdinand sein Glück. Am Strand von Porto Santo soll ihn die „Fava de Colombo", eine angeschwemmte Bohne, auf die Idee gebracht haben, den Seeweg nach Westen anzutreten. „Die Bohne kam wohl aus Florida", sagt Vasconcelos. Die ganze Geschichte mit allen Legenden wird im Kolumbus-Museum erzählt, im einstigen Wohnhaus von Filipa und Colombo.
Der Strand von Porto Santo hat sogar noch mehr Qualitäten: therapeutische. Früher staunte man über die Portugiesen, die sich im Sand einbuddelten und stundenlang wie eine Mumie verharrten. Was lange als Volksglaube abgetan wurde, bestätigten schließlich wissenschaftliche Untersuchungen. Dabei wurden hohe Bestandteile an Chrom, Strontium und Jod festgestellt, die sich wohltuend auf die Gesundheit auswirken. Und hier kommen die steinalten Muschelschnecken wieder ins Spiel. Der Abrieb von mineralhaltigen Korallen, Muscheln und Seeigeln im Sand enthält Karbon und wirkt in Verbindung mit Wärme. Inzwischen wird er in den Wellnesshotels von Porto Santo auch medizinisch eingesetzt. Man kann sich aber genauso gut wie die Portugiesen im Sand einbuddeln.