In jedem Landkreis steht mittlerweile ein Testzentrum. Auf deren Kapazitäten satteln mittlerweile viele Kommunen eigene Testzentren auf. Je mehr getestet wird, desto sicherer und freier können sich Menschen in ihren Gemeinden wieder bewegen – vor allem, wenn Tests Vorteile bieten.
Testen, was das Zeug hält, für jeden Bürger, und dies einmal die Woche kostenlos. So lautet die Devise quer durch die Republik, auch im Saarland – ein Jahr nach Ankunft des Virus in Deutschland. Seit 15. März stehen nun in jedem Landkreis Schnelltestzentren, mindestens eines. Laut Verordnung des Bundes sollten ab 8. März die Bürger die Gelegenheit haben, mit einem Schnelltest sicherzugehen, entweder derzeit virenfrei oder infektiös zu sein. Viele Kommunen in Deutschland wurden von der „vollmundigen Ankündigung", so das Fachblatt „Kommunal", überrascht, andere nicht. Sie hatten sich bereits darauf vorbereitet und errichten, mithilfe von Vereinen, den Landkreisen oder privaten Unterstützern, eigene Zentren.
Zum Beispiel in Marpingen. Dort haben Landkreis, Deutsches Rotes Kreuz, die Bundeswehr und die Kommune ein eigenes Testzentrum errichtet. „Die Planung des Zentrums war recht stürmisch", erinnert sich Volker Weber, Bürgermeister der Gemeinde. „Aber wir haben es geschafft: Zusammen mit allen Kreisbürgermeistern und dem taktisch-operativen Stab des Landkreises in St. Wendel haben wir nun in jeder Gemeinde des Landkreises ein Testzentrum." Schnelltests sollten den Bürgern eine gewisse Sicherheit und bei negativem Ergebnis auch Freiheiten geben, wenn auch nur psychologisch, und dies am besten direkt vor der eigenen Haustür.
Noch bevor der Bund den Start dieser Tests offiziell verkündete, hatten sich die Bürgermeister im Kreis St. Wendel gemeinsam Gedanken darüber gemacht, wie diese Tests in ihren Gemeinden vorangehen sollen – „sodass, sobald der Bund sein Startsignal gibt, wir anfangen können", so Weber. Die Stichhaltigkeit solcher Aussagen vonseiten des Bundes aber sei nicht immer gewährleistet. „Der Bund ist ja bekannt dafür, freitags etwas zu beschließen, was montags dann als ‚Möglichkeit‘ dargestellt wird. Eine Möglichkeit ist vielfältig auslegbar und daraus lässt sich für den Bürger nicht sofort ein funktionierender Anspruch ableiten." Den Druck dieser Diskrepanz zwischen Beschluss und Realität aber lädt der Bürger gemeinhin bei den Politikern ab, die er schnell und im Alltag ansprechen kann – seinen Kommunalvertretern. „Mittlerweile haben wir unsere Erfahrung darin gesammelt", sagt Volker Weber mit gewisser Ironie, „und wollten uns daher vorbereiten."
Faktisch aufgebaut war das Marpinger Zentrum am 15. März. Doch schon vor dem Bundesbeschluss wurde im Landkreis über Testungen diskutiert, notfalls auf eigene Faust. Dies scheiterte jedoch an den Finanzen. Jeden Mittwoch tagen die Bürgermeister im Landkreis St. Wendel zusammen mit dem Landrat und sprechen sich ab. Dort nahm die zentrale Planung der Zentren für alle Kreisgemeinden ihren Anfang. Gespräche im Krisenstab mit dem Gesundheitsamt des Kreises folgten. Finanziert werden das Zentrum und die Tests vom Land, die Tests selbst bezieht der Landkreis. Dabei handele es sich um Nasenmuschel-Tests, das heißt, es sind keine Abstriche tief im Rachen oder in der Nase notwendig, sondern es werden Abstriche nach dem Schneuzen vorn in der Nase vorgenommen. „Das kitzelt nur ein bisschen, wie mit einer kleinen Feder." Wer positiv getestet wird, erhält sofort einen PCR-Test hinterher, der von den Laboren ausgewertet wird, und wird nach Hause in Quarantäne geschickt.
Tests im Bus, in der Disko, im Rathaus und in der Festhalle
In Marpingen betreiben Mitarbeiter des Roten Kreuzes aus dem Landkreis, Helfer der Bundeswehr sowie Gemeindemitarbeiter das Zentrum. Im Rathaus wird es von der Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit, Tourismus und Kultur geleitet – denn Kultur und Tourismus lägen ja im Moment sowieso brach, so Weber. Niemand, der vorbeikommt, wird abgewiesen. „Im Moment ist die Zahl der Tests noch überschaubar, aber wir glauben, es liegt daran, dass negative Tests noch keine greifbaren Freiheiten bieten", erklärt Weber. 29 Personen haben sich am ersten Tag testen lassen, bei circa 10.000 Einwohnern. Er glaubt, die Zahl werde zunehmen, sobald negative Schnelltests zum Beispiel das Besuchen von Restaurants ermöglichen. Sobald ein negativer Test soziale Vorteile bietet, könnten die Zahlen hier steigen.
Mittlerweile sprießen die Testzentren in zahlreichen Kommunen im Land: Im Regionalverband haben Riegelsberg, Heusweiler und Püttlingen gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz drei Testzentren aus dem Boden gestampft. In Quierschied startet ein weiteres Zentrum (siehe Seite 10). Zusätzliche Zentren gibt es in Brebach und Güdingen, im Rathaus Saarbrücken wie auch in der Veranstaltungshalle Garage. Völklingen hat die Hermann-Neuberger-Halle fürs Testen umgerüstet. Der Landkreis Saarlouis verfügt seit 26. März ebenfalls in fast jeder Gemeinde über Zentren zur Schnelltestung. In Merzig-Wadern wurden zusätzlich zum Testzentrum in Merzig Schnelltest-Zentren in Nennig und in Büschfeld eingerichtet, im Landkreis Neunkirchen gibt es zusätzlich ein kommunales Testzentrum in der Illinger Illipse und einen mobilen Test-Bus. Ein Gastwirt hat außerdem in der Gaststätte „Wachdersch" in Wemmetsweiler eine private Teststation eröffnet. Ärzte und Apotheken sind ebenfalls auf die Schnelltest-Offensive des Landes vorbereitet. Es soll zwar schnell gehen, aber nicht durcheinander – deswegen sind telefonische oder per Internet erfolgte Terminabsprachen in jedem Fall nötig.
Jörg Wilhelmy hatte es indessen ein wenig einfacher als einige seiner Bürgermeister-Kollegen: Der Rathauschef von Ensdorf hat nur zehn Minuten nach seiner Anfrage bei der Ruhrkohle AG die Zusage erhalten, dass das Landkreis-Testzentrum einen geeigneten Stellplatz gefunden habe. Dieses befindet sich nun am ehemaligen Bergwerksgelände Duhamel auf dem Parkgelände vor der Repräsentanz. „Aber falls das Landkreis-Testzentrum nicht in Ensdorf zustande gekommen wäre, hatte ich einen Plan B in der Tasche und diesbezüglich schon mit Ärzten im Ruhestand, mit dem örtlichen Roten Kreuz und einigen anderen Ehrenamtlern gesprochen", erklärt Wilhelmy. Wer mit dem Buchungssystemen im Internet nicht zurechtkommt oder, wie im Falle mancher Senioren, keine Internetverbindung hat, kann einfach im Rathaus anrufen. „Wir helfen dann den Ensdorferinnen und Ensdorfern gern sowohl beim Buchen eines Impf- wie auch Testtermins." Wer nicht mobil ist, wird von ehrenamtlichen Helfern abgeholt und zum Impf- oder Testtermin gebracht. Wilhelmy hat sich ebenfalls eingebucht, testen lassen und wird dies nun wöchentlich tun. Das Testen werde zwar gut angenommen. Aber dennoch blickt Wilhelmy mit Sorge auf seine Gemeinde. Denn Ensdorf lockt Einkaufswillige vor allem durch Möbel- und Baumärkte. „Und diese – so die Erfahrung aus dem ersten Lockdown – sind die neuen Freizeiteinrichtungen", so der Bürgermeister.