Katastrophen gehören ebenso zur bemannten Raumfahrt wie erfolgreiche Missionen. Nicht selten endeten die Unglücke tödlich, dennoch ist in 60 Jahren bemannter Raumfahrt erstaunlich wenig passiert – zumindest offiziell.
Astronauten haben ein relativ geringes Unfallrisiko, das zeigt die Geschichte der Raumfahrt seit dem ersten Flug von Juri Gagarin am 12. April 1961. Vermutlich ist es aber unvermeidbar, dass dort, wo Tausende Menschen an einem einzigen Projekt arbeiten, Fehler gemacht werden, die dann auch zu einer Katastrophe führen können. Dennoch ist es erstaunlich, dass beim bisher größten Projekt der Raumfahrt, dem Apollo-Programm mit der ersten Mondlandung 1969, die Raketen immer einwandfrei funktioniert haben.
Es gab nicht einen Fehlstart mit den Saturn-Raketen, darunter immerhin die Saturn V, die sogenannte Mondrakete. Dennoch kam es am 27. Januar 1967 zu einer tragischen Katastrophe, als bei einem Test der Kommando-Kapsel an der Spitze einer Saturn-Rakete Feuer ausbrach. Die Rakete war nicht betankt, während die Kapsel mit den Astronauten Virgil I. Grissom, Edward H. White und Roger B. Chaffee eine Füllung mit reinem Sauerstoff hatte. Als der Notruf kam, „wir haben ein Feuer an Bord", war keine Hilfe mehr möglich. Die Astronauten verbrannten bis zur Unkenntlichkeit.
Der nächste spektakuläre Unfall passierte am 14. April 1970. Apollo 13 war unterwegs zum Mond, als sich im Service-Modul, das mit Sauerstoff gefüllt war, eine Explosion ereignete – 300.000 Kilometer von der Erde entfernt. „Houston, we‘ve had a problem" – das war die Stimme vom Astronauten Jack Swigert. Frei übersetzt „Houston, wir hatten gerade ein Problem". Schnell wurde klar, dass es sich nicht nur um ein Problem handelte, sondern um eine Fast-Katastrophe, die aber mit viel Glück und Improvisation bewältigt wurde. Das Rettungsmanöver wurde weltweit von den Medien verfolgt. Am 17. April 1970 landeten die drei Astronauten Jim Lovell, Jack Swigert und Fred Haise sicher mit ihrer Kommando-Kapsel im Pazifik. Der Alptraum war vorbei, und es folgten die nächsten Mondmissionen Apollo 14 bis Apollo 17.
Danach war Schluss mit den Mondflügen, und man konzentrierte sich auf wiederverwendbare Systeme für erdnahe Einsätze. Bereits zu Zeiten von Apollo tüftelte man bei der Nasa an einem Raumtransporter, der senkrecht mit zwei zusätzlichen Feststoffraketen und einem eigenen Antrieb starten sollte, um nach der Mission waagerecht auf einer Betonpiste zu landen. Am 12. April 1981 startete das Space Shuttle STS1 mit dem Namen Columbia, etwa so groß wie eine Boeing 737, vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral zum Jungfernflug in eine Umlaufbahn von 280 Kilometer um die Erde. Weitere vier Mondfähren mit den Namen Challenger, Discovery, Atlantis und Endeavour kamen nach und nach hinzu.
Bei den ersten Missionen ging es um Experimente in der sogenannten Ladebucht mit dem Space Lab, dem Weltraum-Labor. Später ging es im Wesentlichen darum, Bauteile für die Internationale Raumstation ISS zu transportieren. Bis zum 28. Januar 1986 lief alles normal. In Cape Canaveral in Florida hatten sich zig Tausende Besucher versammelt, um den Start des Space Shuttle Challenger zu sehen. Es war für das Shuttle-Programm ein Jubiläum, denn zum 25. Mal sollte es an dem Tag in den Weltraum gehen. 73 Sekunden nach dem Start sahen die entsetzten Zuschauer in etwa 16 Kilometer Höhe einen Feuerball am Himmel. Sieben Astronauten und Astronautinnen kamen ums Leben, es war die größte Katastrophe der amerikanischen Raumfahrt seit dem Brand in der Kapsel von Apollo 1.
Mehr als 500 Opfer bei Unfall in China
Schon bald stellte sich heraus, dass an einer der beiden Feststoffraketen Dichtringe porös waren. Dadurch konnten extrem heiße Verbrennungsgase austreten, die den externen Tank, gefüllt mit Wasserstoff, aufrissen und zu einer gewaltigen Explosion führten. Das Problem mit den Dichtringen war dem Hersteller durchaus bekannt, aber die Nasa hatte nicht die entsprechenden Schlüsse daraus gezogen. Allerdings kam es zu einer etwa zweieinhalbjährigen Pause beim Shuttle-Programm.
Danach folgte eine lange Serie erfolgreicher Einsätze, bis am 1. Februar 2003 wieder eine Nachlässigkeit zu einer weiteren Katastrophe führte. Die Raumfähre Columbia war bereits auf dem Rückflug, als nach dem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre die linke Tragfläche bei Temperaturen von 1.800 Grad Celsius auseinanderbrach und Columbia aus etwa 63 Kilometer Höhe über Texas verglühte. Erneut begann eine hektische Suche nach den Ursachen, wobei nach verschiedenen Versuchen klar war, dass sich kurz nach dem Start größere Schaumstoff-Teile der Isolierung des Zusatztanks gelöst und die Hitzekacheln an der Vorderseite des Shuttle beschädigt hatten. Bilder der Startphase zu Beginn der Mission hatten gezeigt, dass Schaumstoffteile herumwirbelten. Aber man war der Meinung, so etwas habe es bei anderen Flügen auch schon gegeben und sei nicht gefährlich. Ein folgenschwerer Irrtum, der zum Tod der Besatzung führte und kein gutes Licht auf die Sorgfalt der Nasa warf.
Nach einer Pause von wiederum zweieinhalb Jahren folgten noch 22 weitere Missionen, bis das Programm im Juli 2011 mit dem letzten Flug der Atlantis eingestellt wurde. In der gesamten Geschichte der Raumfahrt hat es immer mal wieder Unfälle gegeben. Unbemannte Raketen explodierten und Raumkapseln legten eine harte Landung hin. Aber selten kamen Menschen zu Schaden. Während die Nasa fast alles kommunizierte, war man bei den anderen Raumfahrtnationen mehr als zurückhaltend. Erfolge wurden bejubelt, Unfälle dagegen totgeschwiegen. Aber es sickerten immer mal wieder Informationen durch.
So kamen am 29. Juni 1971 drei russische Astronauten bei der Landung von Sojus 11 ums Leben. Sie erstickten, weil durch ein schadhaftes Ventil die komplette Atemluft entwichen war. Ein schweres Unglück ereignete sich am 13. März 1980 im russischen Raumfahrtzentrum Plesetsk. Beim Auftanken einer Rakete kam es zu einer Explosion. 48 Menschen verloren ihr Leben. Die vermutlich größte Katastrophe ereignete sich in China. Am 15. Februar 1996 schlug eine CZ-3B-Rakete unmittelbar nach dem Start in einem Dorf ein. Offiziell sprach man von sechs Toten. Es soll aber mehr als 500 Opfer gegeben haben. Eine Zahl, die allerdings nie bestätigt wurde. 2003 explodierte eine brasilianische Trägerrakete VLS-1 bei Startvorbereitungen und tötete 21 Techniker. Darüber hinaus gab es weitere Zwischenfälle, bei denen immer wieder Menschen getötet wurden.