Zum Osterfest hatten Schokohasen und -eier wieder Hochkonjunktur. Die Firma WAWI in Pirmasens produziert weit mehr als nur die saisonalen Leckereien.
Im Jahr 1957 begann in der westpfälzischen Provinz eine Erfolgsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende erzählt ist. Walter Müller, der Gründer des heutigen Familienunternehmens WAWI, war damals als Handelsvertreter für die Firma Zentis tätig. In einem Interview berichtete er von den Anfängen: „Der Krieg hatte fast alles zerstört. Jedoch spürte man eine gewisse Aufbruchstimmung. Meine Tätigkeit als Handelsvertreter brachte mir ein sicheres Einkommen. Mit dem Wechsel als Süßwareneinkäufer zu Rewe Pirmasens sammelte ich Erfahrungen in der Süßwarenbranche. Nach einem tragischen Unfall in der Familie bot man mir an, eigene Filialen der Schokoladenfabrik Hardy zu eröffnen und eigenständig zu betreiben. Ich ging das Risiko ein und gründete mein erstes Geschäft in Zweibrücken, nahe dem damaligen Saargebiet."
Ein wahres Glück für den jungen Geschäftsmann, denn aus dem Saargebiet, das erst 1959 wirtschaftlich voll dem Bundesgebiet angeschlossen wurde, pilgerten viele Saarländer wegen des besseren Angebotes an Waren in die Pfalz. Im Folgezeitraum eröffnete Walter Müller sechs weitere Filialen. 1959 fertigte er die ersten Hohlfiguren und schleuderte Schokohasen und Weihnachtsmänner mit einem Schwungrad von Hand. Rasch war der Bedarf für die eigenen Süßwarenläden gedeckt, doch die Produktion von Schokohohlfiguren konnte weiter gesteigert werden. Der Handel blühte. Ein Firmenname musste her, also entschied er sich gemeinsam mit seiner Frau, seinen Spitznamen „Wawwi", von Walter abgeleitet, zu nehmen. Die Firma WAWI war geboren.
Schoko-Reis ist Firmen-Klassiker
1964 folgte der Kauf der ersten halbautomatischen Anlage für Hohlfiguren, 1983 übernahmen seine Söhne Dr. Walter Müller und dessen Bruder Diplom-Ingenieur Jürgen Müller die Firmenleitung. 1988 entstand eine neue Produktionshalle in Münchweiler. Heute produziert das mittelständische Unternehmen an sieben Standorten auf drei Kontinenten, darunter in China (bereits seit 27 Jahren), WAWI-Xiamen, Kanada und Europa, Süßwaren. In Deutschland betreibt die WAWI-Gruppe Standorte im pfälzischen Pirmasens, Münchweiler, im mittelfränkischen Burghaslach und im nordrhein-westfälischen Kempten (Nappo & Moritz GmbH).
Die Palette an süßem Naschwerk ist groß, jedoch gibt es eine Reihe von Klassikern, die nicht nur junge Naschkatzen lieben. Auch in die Jahre gekommene Leckermäuler erinnern sich gern an Kindertage und können der süßen Verführung selten widerstehen. Eine ganz besondere Verführung ist gepuffter Reis in einem Bett aus feinster Schokolade. Seit 1982 ergänzt Puffreis-Schokolade, eine viel geliebte Raffinesse, das WAWI-Sortiment. Bis heute findet diese luftige Süßigkeit reißenden Absatz. Das Grundprodukt besteht aus Reis, der unter hohem Druck und unter Zuhilfenahme von Wasserdampf zum Platzen oder Puffen gebracht wird. Es ist das gleiche Prozedere wie bei der Herstellung von Popcorn.
WAWI-Produkte stammen teils aus bio-zertifizierten Vorprodukten, und die Schoko-Grundmassen sind fair produziert. „Weltweit verarbeiten wir etwa 17.000 Tonnen Schokolade", erzählt Richard Müller, seit 2018 Chef des Unternehmens in dritter Generation. „Allein an unseren Standorten in Deutschland werden 8.000 Tonnen Schoko-Grundmasse zu unterschiedlichsten Schoko-Produkten weiterverarbeitet. Zu den üblichen saisonalen Klassikern wie Schoko-Hasen und Nikoläusen fertigen wir eine ganze Reihe von Naschwerk – ob Classic, Soft oder Premium. Wir führen Eiskonfekt in verschiedenen Varianten, Schokotafeln mit gesalzenen Mandeln, Erdnüssen, Haselnüssen, Nougat und Ingwer, Karamell sowie Schokotafeln und Schoko-Wölkchen mit gepufftem Weizen und Dinkel."
Das neueste Produkt der Firma ist eine Trinkschokolade, Melting Duck. Das ist eine Ente aus weißer Schokolade gefüllt mit Schoko-Chips und Mini-Marshmallows. „Die Schokofigur schmilzt in heißer Milch und ist ein echter Trinkgenuss", erklärt der Firmenchef.
Museum und gläserne Produktion
Neben der üblichen Produktion fertigten die Mitarbeiterinnen in den vergangenen Monaten Hasen in den unterschiedlichsten Größen und Motiven fürs Osterfest. Manch eine Hasenfigur wiegt bis zu dreieinhalb Kilogramm. Tausende von Osterhasen haben in den vergangenen Wochen die Produktionsstraßen in Münchweiler durchlaufen. In der gläsernen Produktion konnten Interessierte dabei zusehen, wie die Hasen von Hand geschminkt wurden, denn auch Schokohasen haben ein Gesicht. 170 Mitarbeiter sorgen stets für einen reibungslosen Genuss. Viele Hände bemalen und dekorieren kunstvoll die edlen Schoko-Figuren und hüllen diese in teils witzige Folien.
Der Mediziner Georg Franck von Franckenau erwähnte im Jahr 1682 erstmals schriftlich den Osterhasen. Deutungen des Hasen in der Osterliturgie wurden allerdings schon in Sakramentsblättern des 12. Jahrhunderts beschrieben. Auch bezeichnen alte Aufzeichnungen aus Zürich den Osterhasen als Eierbringer und mit ihm etablierte sich demnach das Brauchtum vor mehr als 300 Jahren in der Pfalz, im Elsass und am Oberrhein. Spätestens im 19. Jahrhundert hat sich der Hase als Symbol für Ostern, Fruchtbarkeit und Zeugungskraft überall durchgesetzt.
Die deutschen Unternehmensstandorte der WAWI-Gruppe beziehen einen Großteil ihrer Schokoladengrundprodukte von dem Bexbacher Unternehmen Fuchs & Hoffmann. 1996 wurde die WAWI-Gruppe aus Pirmasens Eigentümer des Unternehmens. Allerdings übernahm sukzessive ab 2009 die Krüger-Gruppe, die zu den drei weltgrößten Herstellern von industriellen Süßungsmitteln zählt, das Bexbacher Unternehmen. Die Übernahme fand 2015 ihren Abschluss. Alle Gesellschafteranteile gingen an den in Europa führenden und in Bergisch Gladbach ansässigen Lebensmittelhersteller.
„Das war unsere größte Einzelbeteiligung die wir hatten. Allerdings war es nicht unser primäres Anliegen, uns um die Verarbeitung von der Kakaobohne bis zur Kakaomasse zu kümmern. Wir wollten uns von der Kakaomassenherstellung verabschieden und uns weiter verstärkt auf unser Kerngeschäft, die Produktion von Weihnachtsmännern und Osterhasen, kümmern. Uns ist der Kontakt zum Verbraucher wichtig."
Die WAWI-Schoko-Welt im Pirmasenser „Unterer Sommerwaldweg" kann zu einem echten Erlebnis werden. Zum einen kann der Besucher den Beschäftigten hautnah bei der Handarbeit zuschauen, wie sie Schoko-Wölkchen produzieren, Figuren bemalen und dekorieren. Im Schokoladenmuseum erfahren sie zudem Wissenswertes über die Geschichte von WAWI, natürlich über die Herstellung von Schokolade und noch nebenbei Historisches über Schokoladenfiguren und ihre Herkunft. Nach einem Besuch im Museum und den gemachten Erfahrungen in der gläsernen Produktion findet jeder Besucher das passende süße Genussschmankerl im WAWI-Museumsshop.
Die riesige Auswahl an Schokoladenspezialitäten macht es allerdings nicht leicht. Zum Abschluss besteht noch die Möglichkeit, einen Kaffee oder auch eine heiße Schokolade in der hauseigenen Cafeteria zu genießen. So lernt man die Pfalz von ihrer Schokoladenseite kennen.
Einkäufe sind natürlich auch online möglich. Produkte, Preise und Zahlungsbedingungen können auf der Firmenseite www.wawi-group.de eingesehen werden.