„Mank" geht am 25. April mit zehn Nominierungen ins Rennen um den Oscar. Mit Gary Oldman erzählt „Mank" vom Autor, der das Drehbuch zu „Citizen Kane" geschrieben hat – und der mit der Filmfabrik abrechnete.
Als im Jahre 1941 der Film „Citizen Kane" in die Kinos kam, war er erst einmal ein Flop und wurde heftig kritisiert. Nur langsam entfaltete das verschachtelte Filmdrama seinen Reiz, sodass das Werk ein Jahr später neun Oscarnominierungen bekam und noch heute als einer der besten Filme überhaupt gilt. Fast alle Fäden bei „Citizen Kane" hielt Orson Welles zusammen: Regie, Hauptrolle und Produktion – und eigentlich hätte auch in der Kategorie Drehbuch ausschließlich sein Name stehen sollen. Warum sich Orson Welles aber diese Ehre mit dem heute wenig bekannten Autor Herman J. Mankiewicz teilen musste, erzählt der Film „Mank": Die Handlung beginnt im Sommer 1940. Der Drehbuchautor Herman J. Mankiewicz (Gary Oldman), genannt Mank, zieht sich mit einer Krankenschwester (Monika Gossmann) und der Schreibkraft Rita (Lily Collins) auf eine abgelegene Farm zurück, um zu arbeiten. Der Auftrag ist, ein Drehbuch für Orson Welles (Tom Burke) zu schreiben. Das Thema ist erst einmal egal. Nach einigen Erfolgen im Radio und am Theater wurde Orson Welles von Hollywood jede inhaltliche Freiheit gegeben. Das Problem für Mank: Er hat nur zwei Monate Zeit. Mank erinnert sich an seine vergangenen Jahre, in denen er auf Partys war, sich mit der Filmwirtschaft angelegt hat, Freundschaften geschlossen hat und es sich wieder verdarb. Nach einiger Zeit der Schreibblockade beginnt Mank, aus seinen Erinnerungen das Drehbuch zu schreiben. Titel: „Citizen Kane".
Aus dieser Geschichte hätte „Mank" ein ähnlich farbenprächtiges Werk werden können wie andere Filme, die dem vergangenen Hollywood nostalgisch huldigen – „Aviator" (2004, mit Leonardo DiCaprio) etwa, „Chaplin" (1992, mit Robert Downey Jr.) oder zuletzt Tarantinos „Once Upon a Time in Hollywood" (2019). Aber Regisseur David Fincher („Der seltsame Fall des Benjamin Button, 2008; „Gone Girl – Das perfekte Opfer", 2014) drehte „Mank" in einem ganz ähnlichen Stil wie Orson Welles seinen „Citizen Kane": in Schwarz-Weiß, mit zahlreichen, nicht immer linear verlaufenden Rückblenden und vor allem mit einem Hauptcharakter, der sich weder bei den anderen Filmfiguren noch bei den Zuschauern um Sympathie bemüht. Denn Mank ist am Anfang der Handlung richtig heruntergekommen. Nach einem Verkehrsunfall ist er bettlägerig, sein eingegipstes Bein schmerzt, und alkoholkrank ist der Autor auch. Und außerdem ist Mank verdammt wütend auf das Hollywood-System, das nur auf Gewinn aus ist, die Gier belohnt und die Kunst missachtet.
Aufmerksamkeit ist auf Mank reduziert
In den Rückblenden trifft der Autor auf die glamourösen und einflussreichen Menschen, die das damalige Hollywood prägten. Nur die wenigsten aber bekommen eine charakterliche Tiefe, vielmehr huschen sie mal durchs Bild oder werden im Hintergrund zu Statisten. Ein bewusster Zug, denn so reduziert sich die Aufmerksamkeit auf Mank, der sehenswert dargestellt wird von Gary Oldman. Ihm durch die doch etwas verzwackte Handlung zu folgen, reicht für den Filmgenuss völlig aus, auch ohne die anderen Filmfiguren zu kennen oder gar „Citizen Kane" je gesehen zu haben. Gary Oldman führt als Mank den Zuschauer durch die Jahre, meckert sich den Frust von der Seele, kommentiert zynisch seine Beobachtungen an Drehorten, in Büros und auf Partys. Oldman jedoch lässt auch zaghaft durchblitzen, dass Mank durchaus ein Mann romantischer Gefühle war, wenngleich er sicher kein Frauenschwarm wie ein Leonardo DiCaprio ist. Die nächtliche Szene mit Mank und Schauspielerin Marion Davies (Amanda Seyfried) im Park beweist, wer die große Liebe des Drehbuchautors ist.
Aber weder die Alkoholsucht noch seine niemals ausgesprochene Liebe zu Marion Davies ist Manks wahrer Konflikt. Denn Mank merkt, dass er im Krankenbett sein bestes Drehbuch überhaupt geschrieben hat und verlangt, dass sein Name ebenbürtig mit jenem von Orson Welles genannt wird. Unmöglich eigentlich, denn der Job war eine reine Auftragsarbeit, ähnlich wie bei einem Ghostwriter. Mank aber setzt sich durch und heute weiß jeder Cineast, dass Mank und Welles für ihr Buch einen Oscar bekommen haben – übrigens den einzigen Goldjungen für „Citizen Kane", trotz neun Nominierungen.
„Mank" selbst wurde mit zehn Oscar-Nominierungen geehrt. Gut möglich, dass Gary Oldman nach „Die dunkelste Stunde" (2017) am 25. April erneut als Hauptdarsteller ausgezeichnet wird. Auch Amanda Seyfried hat diese Würdigung verdient. Die 35-Jährige lässt ihre Auftritte in den „Mamma Mia!"-Filmen vergessen und symbolisiert als Marion Davies das gierige und erfolgreiche, aber auch untergehende Hollywood.