Es klingt verlockend und leicht, ist aber eine Megaherausforderung. Ein Europäischer Impfpass soll Grenzen überwinden und Reisen in Corona-Zeiten erleichtern. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.
Viele Menschen sehnen sich danach, in diesem Sommer wieder die Ferien an ihren beliebten Urlaubsorten zu verbringen mit Sommer, Sonne und Strand. Da geht es im Wesentlichen um die Länder rund ums Mittelmeer, von Portugal bis zur Türkei. Dort ist schon 2020 die Feriensaison ausgefallen, mit drastischen Folgen für die Menschen und die Betriebe rund um den Tourismus.
Die Ungeduld wächst bei der Frage, was aus der Saison 2021 wird. Griechenland hat schon mal verkündet, ab dem 14. Mai Touristen willkommen zu heißen und dann Hotels wie auch Gaststätten zu öffnen. Andere Länder werden in den nächsten Wochen ebenfalls auf Öffnungen drängen. Ohne ein koordiniertes Verhalten in der Europäischen Union können diese einseitigen Schritte schnell zu einem Bumerang und schlimmstenfalls vielleicht sogar zur vierten Welle der Pandemie werden.
Die Europäische Kommission hat deshalb bereits am 17. März die Einführung eines Europäischen Impfpasses (Digital Green Certificate) vorgeschlagen. Alle Menschen, die geimpft sind, einen gültigen Test vorweisen oder nachweislich von Corona geheilt sind, sollen dieses Zertifikat erhalten und damit am Flughafen, im Hotel oder sonstigen Einrichtungen unbürokratisch Zugang erhalten. Das Zertifikat soll mit einem BarCode (Quellcode) ausgestattet sein und überall in den 27 Mitgliedsländern der EU sowie im Europäischen Wirtschaftsraum mit der Schweiz, Norwegen und Island verwendbar sein.
Der Impfpass ist kein Reisepass
Die Corona-Pandemie war für Europa eine bittere Lehrstunde in Krisenmanagement und Defiziten im Gesundheitssektor. Das fing im letzten Frühjahr mit dem Mangel an Atmungsgeräten und Masken an. Es ging weiter mit einer Vielzahl von nationalen Apps zur Verfolgung des Virus, die aber nicht europaweit miteinander kompatibel waren. Im dritten Anlauf soll es jetzt mit dem Europäischen Impfpass besser werden. Anfang Juni soll das digitale System seinen Testlauf beginnen und Ende Juni der Europa-Pass überall zur Verfügung stehen. Ehrgeizig ist das allemal. Immerhin haben das Europäische Parlament und der Ministerrat schon zugesagt, das Gesetz zur Einführung des Corona-Zertifikats im Eilverfahren bis Mai zu verabschieden.
Wie so oft liegt der Teufel im Detail und etliche Fragen müssen im Expresstempo abgeklärt werden. Was sind die akzeptierten Impfstoffe? Die von der Europäischen Medizin-Agentur (EMA) geprüften Vaccine oder auch andere wie Sputnik V oder Sinovax aus China? Wann ist jemand als immun zu erklären? Nur nach einer Impfung oder auch mit anderen Methoden? Was passiert mit den Daten, die zur Erstellung des Europäischen Impfpasses verwendet wurden? Von wem und wie lange werden sie aufgehoben? Da sind noch einige dicke Bretter zu bohren.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Der Impfpass ist kein Reisepass. Den muss nach wie vor jede Person dabei haben. Er soll aber das Reisen in Europa erleichtern, indem beim Vorliegen des Impfpasses keine Quarantäne oder ein nochmaliges Testen notwendig sind. Nun ist zu hoffen, dass die Länder in der EU genügend Kapazitäten haben, um die Digitalisierung der Gesundheitsdaten ihrer Bürgerinnen und Bürger durchzuführen.
Die Bewegungsfreiheit in der EU ist ein Grundversprechen an die Menschen seit dem Schengen-Vertrag vor 25 Jahren. Corona hat es geschafft, den Schengen-Vertrag wie einen Schweizer Käse zu durchlöchern. Abwechselnd sind die Grenzen zu oder auf, es wird wieder kontrolliert oder auch nicht. Gerade für Grenzregionen und die vielen Pendler ist dieses Hickhack ein Graus.
Es bleibt zu hoffen, dass der Europäische Impfpass mehr Klarheit und Erleichterung bringt.