Derzeit sind in der Europäischen Union vier Impfstoffe zugelassen: Biontech/Pfizer, Moderna, Astrazeneca sowie Johnson & Johnson. Über 50 Impfstoff-Kandidaten befinden sich gerade in klinischen Studien. Ein Überblick über den aktuellen Stand.
Die sogenannte klinische Studie eines neuen Impfstoffs mit Freiwilligen kann nur erfolgen, wenn sich dieser Impfstoff vorher in Labor- und Tierversuchen hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit bewährt hat. Auf diese Weise hält man das Risiko für die Studienteilnehmer von vorn-
herein so gering wie möglich. Stimmen Ethik-Kommission und Arzneimittelbehörde nach Sichtung dieser Ergebnisse und der Prüfung des Studienplans sowie der Eignung des mitwirkenden Personals zu, kann die Erprobung beginnen.
Die Erprobung gliedert sich in die Phasen I bis III. Für die ersten beiden Phasen kommen zunächst nur gesunde Erwachsene in Betracht. Interessierte werden – ehe sie sich entscheiden – umfassend darüber informiert, was über den Impfstoff schon bekannt ist und was eine Teilnahme bedeutet. Dazu zählt beispielsweise unter anderem auch, dass Teilnehmende kein Blut spenden dürfen, während die Studie läuft. Für die Teilnahme an Phase-III-Studien – die nur begonnen werden, wenn sich der Impfstoff in den vorangegangenen Studien bewährt hat – kommen dann auch Menschen mit Begleiterkrankungen in Betracht, außerdem auch Minderjährige.
Zurzeit befinden sich 20 Impfstoff-Kandidaten in der dritten Phase
Derzeit befinden sich 34 Impfstoff-Kandidaten in der Phase I. Dabei werden die Impfstoffe an kleinen Patientengruppen – zehn bis 30 Freiwillige – getestet und mit Scheinimpfungen (Placebos) verglichen. Dabei wird die Verträglichkeit des Impfstoffes geprüft.
In der Phase II – derzeit betrifft das 33 Impfstoff-Kandidaten – wird ein Impfstoff an größeren Gruppen mit mindestens 100 Testpersonen geprüft, wobei ein besonderes Augenmerk auf Vorerkrankungen oder demografische Merkmale wie das Alter gelegt werden kann. Dabei wird ein Vergleich von einmaliger und zweimaliger Impfung, sowie einer Scheinimpfung gezogen. In dieser Phase werden die richtige Dosierung, Immunantworten und Verträglichkeit geprüft.
Die Phase III durchlaufen zurzeit 20 Impfstoff-Kandidaten. Dabei wird ein Impfstoff an mindestens 10.000 Freiwilligen erprobt und auf die Zuverlässigkeit des Schutzes und die Verträglichkeit geprüft. (Quelle: Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V.)
Weltweit werden mindestens 286 Impfstoffprojekte vorangetrieben: Die Weltgesundheitsorganisation WHO zählt derzeit 275, die für bereits zugelassene Impfstoffe eingeschlossen (Stand: 23. April 2021).
Die Unternehmen und Forschungsinstitute arbeiten auf unterschiedliche Impfstoffe hin. Die meisten ihrer Projekte zielen dabei auf eine der folgenden drei Arten von Impfstoff:
Lebendimpfstoffe mit Vektorviren: Bei mehreren Projekten dienen gut bekannte, harmlose Viren als Ausgangspunkt, beispielsweise das „Modifizierte Vaccinia-Virus Ankara" (MVA) oder das Adenovirus Serotyp 26. Solche sogenannten Vektorviren können in menschliche Zellen eindringen, ohne eine Erkrankung auszulösen. Man weiß auch, wie man sie in Zellkulturen in großen Mengen produzieren kann. Damit sie zum Impfen taugen, ergänzt man sie um ein oder mehrere Gene für Oberflächenproteine von Sars-CoV-2. Wenn sie nach dem Impfen in menschliche Zellen eingedrungen sind, veranlassen sie dort die Produktion der Sars-CoV-2-Proteine. Damit sorgen sie dafür, dass ein Immunschutz aufgebaut wird, der auch eine echte Infektion abwehren kann.
Jeweils aufbauend auf einem Vektorvirus sind auch die ersten zugelassenen Ebola-Impfstoffe, der erste Dengue-Impfstoff und einige experimentelle – noch nicht zugelassene – Impfstoffe entwickelt worden. Zu den Vektorviren-Impfstoffen zählen der zugelassene Impfstoff von Astrazeneca, aber auch die Impfstoffe von Janssen, die des russischen Gamaleya-Instituts („Sputnik V"), vom Konsortium Rei-Thera / Leukocare / Univercells und vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) mit IDT Biologika.
Die meisten Projekte zielen auf drei Arten von Impfstoff
RNA-Impfstoffe: Diese Impfstoffe enthalten ein ausgewähltes Gen des Virus in Form von RNA, genauer gesagt der Form von RNA, in der in allen lebenden Zellen bei Bedarf Abschriften einzelner Gene erstellt werden, die für die Proteinherstellung nötig sind: messenger-RNA, kurz mRNA. Die mRNA aus dem Impfstoff soll nach der Injektion im Körper die Bildung von ungefährlichem Virusprotein hervorrufen, das dann wiederum wie bei einem konventionellen Impfstoff den Aufbau des Immunschutzes bewirkt. Die mRNA-Impfstoffe haben einen Vorteil, und zwar, dass von ihnen sehr schnell viele Injektionsdosen produziert werden können. Allerdings ist bislang noch gegen keine Krankheit ein solcher Impfstoff auf den Markt gekommen.
Zu den Unternehmen und Instituten, die solche Impfstoffe gegen Covid-19 entwickeln, gehören unter anderem Biontech/Pfizer, Moderna, Curevac, Arcturus Therapeutics und Etherna.
Ähnlich funktionieren auch Impfstoffe, die statt mRNA ein Stück DNA mit einem Virengen enthalten. Daran arbeiten unter anderem das Unternehmen Inovio, das Genexine-Konsortium und das Open-Corona-Konsortium unter Führung des schwedischen Karolinska-Instituts und unter Mitwirkung der Universität Gießen. Bislang ist allerdings noch kein Covid-19-Impfstoff auf DNA-Basis über die Phase I hinausgekommen.
Totimpfstoffe mit Virusproteinen: Diese Impfstoffe enthalten entweder ausgewählte Virusproteine – so etwa bei Novavax, Greffex, der University of Queensland, UMN Pharma und
Sanofi/GSK – oder sie enthalten das ganze Material inaktivierter Sars-CoV-2-Viren, etwa beim Beijing Institute of Biological Products/Sinopharm. Damit beruhen sie im Wesentlichen auf lang bewährter Technologie: Sehr viele zugelassene Impfstoffe sind so zusammengesetzt, beispielsweise solche gegen Hepatitis B oder Grippe. Möglicherweise ist es aber bei anderen Impfstoffen leichter, schnell große Mengen von Impfeinheiten zu produzieren. Das allerdings wird sich erst zeigen, wenn es soweit ist. (Quelle: Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V.)