Europa will bis 2027 einen guten ökologischen Zustand aller Gewässer und ausreichend Grundwasser in guter Qualität. Umweltverbände wie der BUND Saar schlagen Maßnahmen vor, wie das Ziel erreicht werden kann, und fordern moderne und kreative Ansätze von der Ansiedlungspolitik bis zum Wassermanagement.
Dass Wasser eine kostbare Ressource ist, wissen wir nicht erst seit Fridays for Future oder den Dürresommern in den vergangenen Jahren. Gerade im Bereich des Trinkwassers sind wir im Saarland primär auf qualitativ hochwertiges Grundwasser angewiesen. Verglichen mit anderen Regionen in der Bundesrepublik steht das Saarland gut bis sehr gut da. Wasser ist derzeit immer im ausreichenden Maß verfügbar. Das heißt aber nicht automatisch, dass das wie selbstverständlich auf längere Sicht so bleiben wird und muss. In Folge des Klimawandels werden viele Befürchtungen geäußert. Das Problem ist offenbar, dass vieles im spekulativen Bereich ist.
Gewässerökologe Adam Schmitt vom BUND Saar bemängelt, dass es aus seiner Sicht eine nach wie vor unzureichende Datenlage darüber gibt, inwiefern Grundwasserentnahme sowie die klimatischen Veränderungen bereits jetzt Einfluss auf den unterirdischen Wasserhaushalt genommen haben. „Wir wissen aus aktuellen Zahlen aus Rheinland-Pfalz, dass es dort stellenweise einen Rückgang von 25 bis 40 Prozent bei der Grundwasserneubildung gibt. Das sind natürlich Zahlen, die einen erschrecken", so Schmitt, „Es ist dringend, dass wir vor diesem Hintergrund alles unternehmen, um die Wasserversorgung langfristig zu schützen. Das betrifft insbesondere das hochwertige Grundwasser aus dem Buntsandstein, wie es im Raum Kirkel oder im Bisttal bei Überherrn der Fall ist."
Nicht jeder Liter Grundwasser ist zudem gleich als Trinkwasser nutzbar. Viele Faktoren wie die geologische Beschaffenheit der Grundwasserspeicher spielen unter anderem eine Rolle dabei, ob überhaupt Wasser gefördert werden kann. Dazu kommen Belastungen, wie der Bergbau im Saarland oder die Verunreinigung des Trinkwassers mit Stoffen wie Nitrat, welches durch die Landwirtschaft ins Grundwasser kommt. Ungefähr 25 Prozent der Landesfläche fallen so allein durch den Bergbau für die Trinkwassergewinnung aus. Schmitt fordert deshalb: „Was wir dringend brauchen, ist eine genaue Gebietswasserbilanz für die wichtigsten Trinkwassergewinnungsgebiete, damit wir wissen, in welchen Landesteilen wir wie agieren können. Ein Ziel sollte es sein, die Förderung von Wasser besser zu verteilen. St. Wendel, das bisher Teile ihres Wassers aus dem Raum Kirkel bezieht, könnte ihr Trinkwasser zum Beispiel auch aus der Talsperre Nonnweiler gewinnen." Auch der Anstieg des Grubenwassers beispielsweise im Warndt, könnte zukünftig zu einem Problem für den Wasserhaushalt werden. „Ein zu hoher Anstieg des Grubenwassers könnte zu einem Transfer zwischen dem kontaminierten Wasser von unten und dem frischen Grundwasser im Buntsandstein führen. Auch darüber wird leider zu wenig öffentlich diskutiert, da die Folgen des Bergbaus weiterhin ein Tabuthema sind", betont der Gewässerökologe. Ein Argument, das im Übrigen von den Gegnern der von der RAG beabsichtigten Grubenflutung immer wieder vorgetragen wird.
Nicht jeder Liter Grundwasser ist als Trinkwasser nutzbar
Damit die relevanten Grundwasservorkommen sich auf natürliche Weise wieder auffüllen können, sollten unbebaute Flächen geschützt und erhalten werden, damit Niederschläge im Boden versickern können. Das müsste aus Sicht des BUND gerade bei der Diskussion um Gewerbeansiedelung eine gewichtigere Rolle spielen. „Das Wirtschaftsministerium sollte sich folgende Frage stellen: Können wir Gewerbe und Industrie nicht in den ehemaligen Bergbauregionen ansiedeln, wo wir kein Trinkwasser fördern können?" Im Blick ist dabei natürlich die derzeit größte geplante Neuansiedlung SVolt in Überherrn. Das Argument gilt für den BUND aber grundsätzlich, schließlich wäre es eine weitere Möglichkeit, damit kein Grundwasserkörper an die Grenzen seiner Förderkapazität gerät oder im schlimmsten Fall sogar angrenzende Böden, Feuchtgebiete und Wälder austrocknen.
Es ist aber keinesfalls so, dass es keine Möglichkeiten geben würde, gemäß dem aktuellen Stand der Forschung aktiv richtige Weichen für die Zukunft zu stellen. Viele Stichworte dazu sind schon länger in der Diskussion, auch wenn der Abschied von alten und überkommenen Überzeugungen offenbar seine Zeit braucht. Dabei ließen sich mit einigen Maßnahmen aus Sicht der Umweltschützer oft mehrere Probleme auf einmal angehen. Stichwort: Entsiegelung. „Wenn man sich überlegt, was passiert, wenn man zum Beispiel ein Haus von 200 Quadratmetern Grundfläche an den Kanal anschließt, wird klar, dass wir in Ballungsräumen größere Ausgleichsflächen schaffen müssen. Dadurch entgehen dem Boden im Jahr zwischen 160 und 180 Kubikmeter Wasser, der Wasserbedarf einer vierköpfigen Familie", erklärt Schmitt. „Wir müssen das Wasser in der Stadt halten, unter anderem durch Bäume und Grünflächen. Das würde auch die Temperatur in den dicht besiedelten Räumen reduzieren." Regenwasser, dass nicht in die teilweise marode Kanalisation gelangt, entlastet außerdem die Klärwerke.
Das Geld, was dafür nötig wäre, das Leitungssystem zu modernisieren, könnte über ein höheres Grundwasserentnahmeentgelt aufgebracht werden. Adam Schmitt und der BUND schlagen eine drastische Verteuerung auf bis zu 50 Cent pro Kubikmeter vor. Aktuell sind es zehn Cent. Durch diesen drastischen Anstieg wäre man nach seiner Einschätzung bei der Sanierung oder Wartung der Wasserinfrastruktur im Saarland aber nicht mehr auf andere Mittel des Landeshaushalts angewiesen. So könnten auch große Projekte, wie die Dezentralisierung der Abwasserleitungen und der Aufbau diverser kleiner und leistungsstarker Kläranlagen, finanziert werden. Ein Schritt, um langfristig eine hochwertige Trinkwasserversorgung zu garantieren und Drainagen der Landschaft, die durch lange Abwasserleitungen verursacht werden, zu vermeiden. Dass ein solcher Vorschlag nicht gerade Euphorie auslöst, ist klar.
Für den BUND Saar ist es eine zentrale Aufgabe geworden, sich bei den Entscheidungen zu Trinkwasser, Grundwasser und Gewässerschutz aktiv einzumischen, Missstände frühzeitig anzusprechen und die Öffentlichkeit darüber zu informieren. So prüft der Verband zurzeit in Kooperation mit dem Naturschutzbund Deutschland Nabu, die geplanten Maßnahmen des dritten Bewirtschaftungsplans der Wasserrahmenrichtline, um sich dort mit einer qualifizierten Stellungnahme und eigenen Ideen einzubringen. Die EU-Wasserrrahmenrichtlinie hat zum Ziel, dass alle europäischen Gewässer bis 2027 in einem guten ökologischen Zustand sind und Grundwasser mengenmäßig und chemisch in einem guten Zustand ist.
Für den Umweltverband steht fest: Wichtig ist, dass jeder die Möglichkeit hat, sich in die aktuellen Diskussionen einzubringen. „Uns geht es hier um Aufklärung und Transparenz, schließlich handelt es sich oft um sehr komplexe Zusammenhänge. Deshalb sollen unsere bisherigen und zukünftigen Veranstaltungen zu dem Themengebiet jedem eine Chance geben, sich die nötigen Grundkenntnisse anzueignen", meint Heike Sicurella, Ehrenamtsbeauftragte des BUND Saar und Koordinatorin des Vereins für den Bereich Bliesgau. Schon seit Längerem betreibt der Verband deshalb auch ein mobiles Labor, das KunterBUNDmobil, um auch Schulkinder frühzeitig für das Thema Wasserschutz zu sensibilisieren.