Dass der Erfolg der Elektroautos kommen wird, zeigt sich daran, dass derzeit so viele Batteriezellfabriken gebaut werden wie noch nie. Die Dynamik könnte noch ausgebremst werden durch zu wenige Fachkräfte, mangelnde Ladestationen und anrüchige Rohstoffe.
Batteriezellen sind der neue Hype. Im März hat Volkswagen angekündigt, bis 2030 sechs Batteriefabriken in Europa aus dem Boden zu stampfen. BMW baut ein Pilotwerk, um seine Ansprüche an Batteriezellen zu definieren. Tesla will in Grünheide neben der Autoproduktion ein Werk hochziehen. Mit CATL in Thüringen und Svolt im Saarland drängen die Chinesen auf den deutschen Markt. Bis 2030 könnten rund 40 Batteriefabriken zwischen Frankreich und Russland entstehen. Das zeigt eine Übersicht des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) von Ende März. Werden alle diese angekündigten Werke in Europa gebaut, kämen sie nach Schätzung der Experten im Jahr 2030 auf eine jährliche Produktionskapazität von 1.100 Gigawattstunden (GWh). Das ist genügend Speicherkapazität, um jährlich etwa 18 Millionen Elektroautos mit Batteriezellen zu versorgen.
Noch ist bei vielen Werken der erste Spatenstich nicht getan. Doch schon haben sich alle Firmen auf die Suche nach Personal begeben. Egal ob Fachexperte oder Seiteneinsteiger: Im Batteriebereich entstehen in Europa laut Schätzung des Beratungsunternehmens Capgemini bis zum Ende des Jahrzehnts 220.000 Arbeitsplätze. Ein Fünftel davon direkt in den Fabriken, der Rest bei Zulieferern. Allein 100.000 neue Jobs könnten in Deutschland entstehen, so Capgemini-Experte Peter Fintl. Fachkräfte aus den Branchen Halbleiter, Reifenherstellung, Chemie, Zigarettenindustrie oder Getränkeabfüllung – eigentlich gibt es kaum Quereinsteiger, die zum Beispiel bei Tesla nicht willkommen wären. Aber am dringendsten suchen alle Batteriezell-Firmen Ingenieure und Techniker. Weil die Batteriezellproduktion noch ein ziemlich neues Gebiet ist, haben auch Uniabsolventen aus den Bereichen Maschinenbau, Elektrotechnik und -chemie Chancen.
Fabriken suchen Facharbeiter
Bleibt die Frage, ob die Kunden auch so schnell auf Elektroautos umsteigen. Da ist die Nation durchaus gespalten: Für die einen kommt kein anderes Auto mehr infrage, die anderen haben Sorgen wegen der Reichweite, fehlenden Ladestationen und den unmenschlichen Bedingungen, unter denen Kinder in Afrika das Kobalt für die Batterien aus der Erde holen. Immerhin ist der Bestand im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 126 Prozent angewachsen. Damit liegt die Zahl von zugelassenen reinen Elektroautos am 1. Januar 2021 bei rund 309.100. Nimmt man die Hybrid-Fahrzeuge hinzu, bringt es das Elektrosegment auf knapp 600.000 Fahrzeuge. Vor elf Jahren gab Bundeskanzlerin Merkel als Ziel eine Million Elektroautos für 2020 an.
Das ist nicht erreicht worden, doch die Dynamik wird zunehmen. Das zeigt sich allein schon daran, dass ab 2035 wohl keine Verbrenner mehr gebaut werden sollen. Volvo will sogar schon fünf Jahre früher raus. Zur Transformation hin zu alternativen Antrieben gibt es auch deswegen keine Alternative, weil die EU-weit geltenden Richtlinien zur CO₂-Emission sonst nicht eingehalten werden können und Strafen in Milliardenhöhe drohen. Der Consulting-Dienstleister Deloitte prognostiziert für 2030 die Zahl von 6,35 Millionen Fahrzeugen mit alternativen Antrieben in Deutschland. Allerdings wären die Verbrenner dann immer noch in der Mehrheit. Der Wendepunkt mit 50 Prozent Zulassungen von Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen wird nach dieser Prognose erst 2032 erreicht.
Die Angst, unterwegs mit leerer Batterie liegen zu bleiben, ist in einer Autofahrernation, in der man gewohnt ist, bis zu 1.000 Kilometer mit einem vollgetankten Diesel fahren zu können, nur zu verständlich. 300 bis 400 Kilometer Reichweite, im Winter sogar weniger, und dann nachladen zu müssen, gilt als lästig. Deswegen ist die öffentliche Ladesäuleninfrastruktur eine wichtige Komponente, wenn sich das E-Auto durchsetzen soll. Das geht nur mit Schnellladestationen, keiner will einen Aufenthalt von mehreren Stunden in Kauf nehmen, wenn er unterwegs ist. Das ist eher ein Zeitmaß für die privaten Wallboxen in Garagen oder Carports, die mit Unterstützung der KfW-Bank auf den Weg gebracht wurden und demnächst die 400.000-Grenze erreicht haben. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat im März noch einmal ein Förderprogramm von 300 Millionen Euro für den Aufbau von Ladestationen in kleinen und mittleren Betrieben aufgelegt. Darunter fallen Einzelhandelsunternehmen, Hotel- und Gaststättengewerbe sowie kommunale Einrichtungen. Ein sogenanntes 1.000-Standorte-Programm soll darüber hinaus die Grundlage für ein Schnellladenetz für ganz Deutschland bilden. VW kündigte an, auf 4.000 BP- und Aral-Stationen Schnellladepunkte zu installieren.
Nickel soll Kobalt ersetzen
Doch Strom ist in Deutschland teuer. Steuern, Umlagen und Abgaben, dazu die Netzentgelte haben dazu geführt, dass die Verbraucher in Deutschland mit die höchsten Strompreise in Europa zahlen. Ab 2021 sollen die Umlagen für die erneuerbaren Energien sinken, es bleibt abzuwarten, wie sich das bemerkbar macht.
Wirklich klimaschonend sind E-Autos aber nur dann unterwegs, wenn ihr Strom aus erneuerbaren Energien und nicht aus importiertem Atomstrom stammt. Heute liegt der Anteil von Strom, der von Wind, Solarzellen, Biomasse und Wasserkraft erzeugt wird, laut Umweltbundesamt bei 45 Prozent. Der Anteil soll nach dem Willen der Bundesregierung bis 2030 auf 65 Prozent steigen. Durch den Stromhandel zwischen den europäischen Staaten kann es auch dann immer noch sein, dass bei einer Flaute Atomstrom aus Frankreich oder Kohlestrom aus Polen nachgekauft werden muss. Das Stromnetz ist international ausgelegt.
Bleibt das Kobalt. Fünf bis zehn Kilo Kobalt werden für die Akkus eines Elektroautos benötigt. Die Kobaltnachfrage lag im Jahr 2015 bei etwa 100.000 Tonnen. Für 2020 werden rund 150.000 Tonnen, für 2025 rund 250.000 Tonnen geschätzt. Tatsächlich kommt etwa 60 Prozent des verbauten Kobalts aus der Demokratischen Republik Kongo und wird dort zum Teil in Kinderarbeit abgebaut. Die Autofirmen haben gemerkt, wie schädlich das für ihr Image ist, und riefen Entwicklungshilfeprojekte ins Leben: „Cobalt and Development". Tesla kündigte an, Kobalt nur noch aus Kanada zu beziehen. VW will den Kobaltgehalt drastisch senken und setzt auf Recycling. Das chinesische Unternehmen Svolt, das ein Batteriezell-Werk im Saarland plant, setzt auf Lithium-Ionen-Batterien und hat neuartige kobaltfreie Batterien auf der Basis von Nickel und Mangan entwickelt. Diese Rohstoffe kommen hauptsächlich aus Russland, Australien, den USA und Kanada. Dadurch sollen die Batterien nicht nur länger leben, sondern auch preiswerter werden. Denn am Preis soll der Kauf eines E-Autos am wenigsten scheitern – die Bundesregierung fördert den Kauf bis 2025 mit 6.000 Euro Umweltprämie. Denn noch sind vergleichbare Verbrenner billiger als ein kleines Elektroauto.