Seit zwei Jahren leitet Peter Sehmsdorf die Residenz Ambiente Berlin. Dabei kümmert er sich neben einem 100-köpfigen Mitarbeiterteam um 120 Bewohner.
Herr Sehmsdorf, was mussten Sie mit dem Ausbruch der Pandemie verändern?
Was sich am meisten verändert hat, ist, dass wir nun eine Maske tragen und ich meine Mitarbeiter spielerisch dahin bekommen musste. Dafür habe ich extra – wie beim Fußball – zwei Karten eingeführt: Eine Gelbe und eine Rote Karte. Die Gelbe Karte bedeutet: Du schrammst an einer Abmahnung vorbei. Die Rote Karte hätte eine Abmahnung bedeutet. Glücklicherweise musste ich diese nie benutzen, aber manchmal ziehe ich die Gelbe, damit die Mitarbeiter regestieren: Ja, wir leben in einer Zeit von Corona. Herausfordernd war es auch, die Besuche zu gestalten. Das ist etwas völlig Neues für uns, Menschen zu testen, die zu uns ins Haus kommen und Termine mit Besuchern zu koordinieren, damit es nicht zu Überschneidungen kommt, und manchmal haben die Angehörigen dann doch die Maske abgenommen oder versucht, auf den Wohnbereich der Eltern oder Großeltern zu huschen, statt das Besucherzimmer zu nutzen. Hier muss ich dann auch in aller Deutlichkeit sagen: Wenn Sie sich nicht an die Schutzmaßnahmen halten, muss ich Sie des Hauses verweisen. Es gibt klare Regelungen, die der Senat vorgibt und diese setze ich auch klar um. Wir haben eine „Null-Toleranz-Politik" in unseren Häusern. Das ist explizit von der Geschäftsführung – vom Herrn Harmut Ostermann – erwünscht, damit unsere Bewohner und die Mitarbeiter nicht in Gefahr kommen. Auch das Einkaufen hat sich verändert. Eigentlich sind wir hier gut gesegnet, weil es viele Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe der Residenz gibt. Mit der Pandemie mussten wir umstrukturieren und haben einen Einkaufswagen gekauft und holen für die Bewohner – was auf dem Einkaufswagen liegt, sind die Wünsche der Bewohner – die entsprechenden Produkte. Anfangs hatten wir noch selbst ein Sortiment zusammengestellt, dieses aber im Laufe der Zeit an die Bedürfnisse unserer Bewohner angepasst.
Trotz der ganzen Herausforderungen herrscht im Haus gute Stimmung. Woran liegt das?
Das liegt am Team. Als Leiter laufe ich mehrmals durchs Haus, setze mich zu den Mitarbeitern und Bewohnern. Ich kenne alle meine Mitarbeiter mit Namen und kenne ein Stück weit auch ihre Geschichte. Frage nach, wie es ihnen geht. Es ist wichtig, sich mit den Mitarbeitern zu unterhalten. Nach ihrem Befinden zu fragen. Fragen, wo man helfen könnte, vor allem bei internationalen Mitarbeitern. So habe ich mich beispielweise schon mal mit dem ein oder anderen zusammengesetzt und nach einem Deutschkurs gegoogelt oder nach einer Wohnung gesucht. Nur so funktioniert Integration. Unsere Bewohner besuche ich meistens nachmittags oder abends und setze mich zu ihnen ins Zimmer, um über ihren Tag zu spreche. Dabei frage ich auch nach, was ich tun kann. Durch solche Gespräche kam auch ein Fitnessraum zustande, den wir hergerichtet haben und in dem sich die Bewohner unter Anleitung sportlich betätigen können.
Was braucht man um die Pflegeberufe attraktiver zu machen?
Das eine ist die Wertschätzung im Haus, für die wir verantwortlich sind. Das andere ist, dass die Mitarbeiter auch gut bezahlt werden. Hier hat sich das Unternehmen gut positioniert und sich für die Tarifverträge ausgesprochen, was seinerzeit der Arbeitsminister vorgeschlagen hatte. Zwar werden unsere Mitarbeiter gut bezahlt, aber mit dem Tarifvertrag würde das Gehaltsniveau noch besser werden. Diese zwei Dinge sind wichtig: Wertschätzung, die man aber auch messbar am Gehalt feststellen kann. Zudem spielt auch die Weiterbildung eine wichtige Rolle, die wir übrigens auch gerne finanzieren. Sei es nun zum Praxisanleiter oder zur Wohnbereichsleitung – wir fördern gerne Karrieren, die gleichzeitig für die Pflegekräfte auch eine finanzielle Veränderung bedeuten. Auch eine gute Ausbildung ist wichtig. Das Thema diskutiere ich oft mit meiner Praxisanleiterin. Wenn mal der Satz fällt, dass wir „zu viele ausbilden", sage ich immer, dass es so nicht stimmt. Es können gar nicht „zu viele" sein. Wenn sich hier 20 Auszubildende bewerben, dann nehmen wir auch 20 Auszubildende, weil wir auch weitere Schwesterhäuser haben. Und wenn es fünf zu viel sind, können sie in diese Häuser vermittelt werden. Weil wir ein Unternehmen sind, haben wir auch die gleiche Einstellung und bieten ähnliche Bedingungen. Nur wenn wir gut ausbilden, werden wir Nachwuchs bekommen und die Menschen werden sich für diesen Beruf interessieren.