Annekatrin Els verknüpft touristische Offerten in Brandenburg mit Hilfsprojekten für Uganda. Unter anderem initiierte sie vor Jahren das Projekt „Rugby Tackling Life", das heute knapp 2.000 ugandischen Mädchen Sport und Bildung ermöglicht.
Mit Superlativen soll man vorsichtig sein. Doch den Lebensweg von Annekatrin Els aus Grimme direkt an der Grenze zwischen Brandenburg und Sachsen-Anhalt darf man getrost als außergewöhnlich bezeichnen. Hausieren geht die Frau mit ihrem sozialen Engagement aber nicht. Für die Mitarbeiterin im Verein Naturpark Fläming zählen nicht Worte, sondern Taten.
Doch wie verschlägt es eine gebürtige Sachsen-Anhaltinerin nach Uganda? „Dass ich dort landete, war reine Glückssache. Ich kam als Volontärin des Bundesfreiwilligendienstes ‚Weltwärts‘ nach Afrika, organisierte dort später Safaris und Reisen." Uganda sei Liebe auf den ersten Blick gewesen, berichtet die charismatische Ostdeutsche, die auf einem Bauernhof in der Nähe von Magdeburg aufwuchs. Von einer Faszination für den ganzen Kontinent könne allerdings nicht die Rede sein. „Afrika hat 55 Länder, die sich sehr unterscheiden. In Uganda mag ich die Literatur, Musik, einige Traditionen, das Essen und hier allen voran Matooke, gedämpfte Kochbananen mit Erdnusssoße. Das ist eine Art Nationalgericht Ugandas", berichtet Annekatrin Els. An erster Stelle stünden jedoch Freundinnen und Freunde, sozusagen ihre Familie im Malayaka House. Das Waisenhaus für 40 Kinder in Entebbe am Victoriasee bezeichnet sie als ihr Herzensprojekt. Von hier stammt auch Tochter Ruthi, die sie vor Jahren adoptierte. „Die Einrichtung ist heute unser zu Hause, wenn wir in Uganda sind", sagt die gebürtige Bornumerin.
Seit rund zwölf Jahren pendelt Annekatrin Els zwischen Deutschland und Afrika. In dieser Zeit sei ihr vor allem das Privileg klar geworden, reisen zu dürfen. Deutschen stehe die Welt offen. Das sollte man sich immer klar machen, so die Frau, die sich im Naturparkverein Fläming unter anderem um Marketing und touristische Belange kümmert. Trotz größter Hilfsbereitschaft könne man allerdings keinen ganzen Kontinent retten. Doch im Waisenhaus von Entebbe hat Annekatrin Els mit vielen Helfern eine Menge erreicht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten habe sich das Malayaka House dank weltweiter Unterstützung zu einem nachhaltigen Projekt entwickelt. „Uns geht es nicht um kurzfristige Engagements zur schnellen Hilfe, sondern darum, langfristig etwas zu bewirken", sagt Annekatrin Els.
Das gelte auch für Rugby Tackling Life, ein Projekt, das mit den Mädchen aus dem Malayaka House heraus gegründet wurde. „Wir sahen sehr schnell, wie positiv sich Sport auf Kinder auswirkt. Heute spielen über unsere Aktion nicht nur fast 2.000 Mädchen im ganzen Land Rugby. Wir bezahlen für sie auch Schulgebühren und bieten Trainingskurse zu relevanten Themen wie Verhütung an." Unter Einbeziehung ganzer Dorfgemeinschaften könnten sich Mädchen für Schule und Bildung entscheiden, so die engagierte Afrikahelferin.
Ein Kaffeeprojekt als Hilfe für Einheimische
Ganz ähnlich verhält es sich bei dem von ihr entwickelten Projekt „Cooffeee": Gemeinsam mit einem regionalen Kaffeeröster wurden unter anderem Trainingsprogramme für einheimische Kaffeebauern und -bäuerinnen entwickelt, die für mehr Transparenz und bessere Qualität des Kaffees sorgen. „Wer ihn beispielsweise in Deutschland kauft, spendet automatisch drei Euro an Rugby Tackling Life. Man schlägt also mehrere Fliegen mit einer Klappe, wenn man Cooffeee trinkt", lächelt Annekatrin Els. Online kann man den ugandischen Kaffee über ihre Website www.cooffeee.de ordern.
„Wir haben das Glück, vor Ort mit großartigen Menschen zusammenzuarbeiten, die sich gegenseitig beflügeln und Freundschaften entwickeln. Keiner will hier das eigene Ego aufpolieren oder anderswo mit guten Taten glänzen. Wir leben in Uganda mit den Menschen, die wir unterstützen und gehen mit ihnen durch dick und dünn. Läuft es einmal nicht so gut, dann springt keiner von uns ab", betont die Frau, die sieben Jahre in Uganda lebte. Durch einen Zeitungsbericht über zwei Rostocker Studenten, die in Uganda eine Schule aufbauen wollten, sei sie ursprünglich auf das Malayaka House gestoßen und in das Vorhaben eingestiegen.
Immer an ihrer Seite ist die heute zwölfjährige Tochter Ruthi, deren Adoption beziehungsweise Anerkennung in Deutschland laut Annekatrin Els fast sechs Jahre dauerte. „Ruthi geht es gut. Ich würde sagen, sie ist ein typischer Teenager, der gern Chips und Süßigkeiten isst. Manchmal geht Ruthi nicht so gern zur Schule und manchmal ist sie von mir auch genervt, aber alles im grünen Bereich", schmunzelt die Mutter. „Ruthi läuft auch viel mit mir, liebt Musik und Fußballspielen."
Vorbehalte und Alltagsrassismus erlebten beide in Deutschland wegen Ruthis dunkler Hautfarbe aber ebenso. Mancher Bundesbürger merke gar nicht, wenn er andere Menschen wegen deren Herkunft oder Hautfarbe diskriminiert. „Lieben Menschen sagen zu müssen, dass sie rassistisch denken, ist nicht gerade einfach", seufzt die Frau mit dem großen Herz für Uganda.
Mehr als einmal haben sie und Ruthi gehört, man solle sich doch bitte nicht so anstellen. Alltagsrassismus sei hierzulande gang und gäbe, sagt Annekatrin Els. Das fange schon bei der Bezeichnung einiger Lebensmittel, wie „Zigeuernersoße", an, betreffe aber auch Kinderspiele wie „Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?"
Dann wechselt Annekatrin Els das Thema. Denn viel lieber schwärmt sie von Uganda, ihrem absoluten Sehnsuchtsziel am Äquator. Die Sachsen-Anhaltinerin berichtet von schneebedeckten Mondbergen, tosenden Nil-Wasserfällen, tropischem Regenwald, endlosen Steppen, dem riesigen Victoriasee, Berggorillas, Schimpansen, Elefanten und Giraffen.
Ihre Heimat, den Fläming, möchte sie dennoch nicht missen. Weite, Wald, gutes Essen und kreative Menschen würden den Reiz dieser Region ausmachen. „Am liebsten bin ich bei mir zu Hause in Grimme. Wir wohnen mitten im Fläming, mit unseren Kindern, zwei Hunden, großem Garten und vielen Freunden um uns herum. Wir wandern viel, laufen manchmal auch einfach drauf los. Mein Lieblingswanderweg ist der W70 um Medewitz. Die Route führt durch Brandenburg und Sachsen-Anhalt vorbei an Findlingen, Heidelbeeren und durch Wald ohne Ende", zeigt sich die 39-Jährige begeistert.
Sie lernte, nicht immer gleich zu helfen
Reiseziele gebe es noch viele. Doch meistens zieht es Annekatrin Els den eigenen Worten nach dorthin, wo Freunde, gutes Essen, Rugbyplätze oder schöne Wanderrouten warten. „Ruthi möchte unbedingt mal nach Mexiko, ich nach Island. Aber auch hier im Fläming gibt es immer wieder Neues zu entdecken. Grundsätzlich halte ich eigentlich nichts davon, meine Abenteuerlust auf zwei Wochen im Jahr zu beschränken."
Den Fläming – die Rede ist von der Reiseregion sowie vom brandenburgischen Landkreis Teltow-Fläming – und Afrika trennen zwar Welten. Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten: „Den Löwen! Das Wappentier der Flamen ist und war ein Löwe. Zum Glück gibt es davon auch noch einige in Afrika. Was uns immer verbindet, ist die Natur: Egal, ob es der Fläming ist, Wälder, Berge oder Seenlandschaften: Überall auf der Welt, wo wir uns fernab großer Städte bewegen, kommen wir ihr näher und können kleine und große Wunder erleben", philosophiert Annekatrin Els, die Marketing und International Business studierte. Uganda sei voller faszinierender Landschaften und unterschiedlicher Menschen, so wie der Fläming auch. Egal, ob im Bwindi Impenetrable Forest im Süden Ugandas oder auf dem Lieblingswanderweg bei Medewitz: „Schließe ich die Augen und atme tief durch, ist das wohlige Glücksgefühl an beiden Orten gleich."
Was wir von Afrika lernen können? „Zusammenhalt und Nachbarschaftshilfe", antwortet Annekatrin Els ohne Zögern. Sie persönlich habe in Uganda aber auch gelernt, mal den Mund zu halten, zu beobachten und nicht immer gleich zu helfen: „Wir sollten darauf vertrauen, dass sich Menschen auch selbst helfen können oder eigene Lösungsansätze finden."