Mit einem Arbeitssieg gegen den SV Meppen schraubt der 1. FC Saarbrücken sein Punktekonto auf 59 Zähler hoch. In Zwickau soll die bisherige Bestmarke aus der Saison 2010/2011 übertroffen werden.
Lukas Kwasniok hat sich während der gesamten Saison nicht viel mit Statistiken aufgehalten. Während der Vorrunde weigerte sich der Trainer des 1. FC Saarbrücken gar über Wochen, auf die Tabelle zu schauen. Und so zog der 39-Jährige nach einem emotionalen Heimspiel gegen den SV Meppen dann doch ein emotionales Fazit. „Ich bin stolz auf meine Jungs, dass sie bis zum Schluss Gas geben. Wir haben Großes geleistet. Jetzt wollen wir die Marke von 60 Punkten auch noch knacken", sagte er nach dem zähen, aber letztlich ungefährdeten 2:0-Erfolg gegen die nun stark abstiegsbedrohten Gäste aus dem Emsland.
Es war 21.15 Uhr am vergangenen Freitag, als Kwasniok noch einmal über den Rasen des Ludwigsparks schlenderte und Abschied nahm. Mit seiner unkonventionellen, direkten Art eckte Kwasniok manchmal an. Aber kein Trainer rieb sich in den vergangenen 20 Jahren derart auf, war so extrem fleißig wie der Einser-Fußballlehrer. Wohl in dem Bewusstsein, dass das zweite Jahr schwerer werden wird, hatte er bereits im Winter nachhaltig auf strukturelle Veränderungen gedrängt. Intern hat Kwasniok einen Unwillen zur Veränderung, eine gewisse Lieblosigkeit in den Abläufen festgestellt.
Dass sein Vertrauter Marcus Mann im vergangenen Sommer gen Hoffenheim zog, hat ein erstes Befremden bei ihm ausgelöst. Massiv geärgert hat es den Trainer darüber hinaus, dass seine Hinweise im vergangenen Herbst, den Vertrag mit seinem Lieblingsschüler Nicklas Shipnoski anzupassen, auf taube Ohren gestoßen sind. Spätestens mit dem verkündeten Abschied Kwasnioks war dann auch klar, dass „Shippi" im Sommer eine neue Herausforderung suchen würde. Der 23-Jährige wechselt zum Zweitligisten Fortuna Düsseldorf, hat immer stets mit offenen Karten gespielt.
Viel erinnert an die Saison 2010/2011. Auch damals startete der FCS durch, verlor mit dem Kapitän Marcus Mann und Topscorer Nico Zimmermann am Saisonende aber zwei absolute Leistungsträger. Diesmal ist der Umbruch noch größer. Neben Shipnoski wechselt auch Rechtsverteidiger Anthony Barylla. Dass Marin Sverko, der sich am Dienstag zur kroatischen U21-Nationalmannschaft verabschiedet, noch einmal nach Saarbrücken zurückkehren wird, gilt als unwahrscheinlich.
Sportchef Jürgen Luginger und der neue Trainer Uwe Koschinat führen derzeit viele Gespräche. Mit dem Aachener Nick Galle wurde ein U23-Spieler für die linke Außenbahn verpflichtet. Schon jetzt ist klar, dass nicht alle Wunschkandidaten kommen werden. Der Wiesbadener Moritz Kuhn, der als Nachfolger Baryllas eingeplant war, wechselt zum Ligakonkurrenten TürkGücü München, wo deutlich mehr gezahlt wird. Nun ist der Dresdner Nicklas Kreuzer wieder in den Fokus gerückt. Gleiches gilt für das Angriffszentrum. Kostspielige Transfers wie der Duisburger Vincent Vermeij oder der Uerdinger Antonio Grimaldi sind schwer zu realisieren. Bei talentierten Perspektivspielern, wie dem Saarländer Valdrin Mustafa (RW Koblenz) gibt es Mitbewerber.
Spannend wird auch sein, wo es die Abgänge hinverschlagen wird. Barylla wird wohl nach Aue wechseln, Shipnoskis Ziel ist bereits bekannt. Leihspieler Lukas Schleimer wird erst einmal zum 1. FC Nürnberg zurückkehren, allerdings gibt es Anfragen aus der 3. Liga, unter anderem vom SV Verl. Mentalitätsspieler und Publikumsliebling Fanol Perdedaj, der in den vergangenen Wochen noch einmal zu großer Form aufgelaufen war, hat mehrere Angebote. Möglicherweise bleibt er sogar im Saarland, die SV Elversberg soll interessiert sein. Offensivakteur Timm Golley, mit dem sich die Fans erst auf der Zielgerade seiner Zeit in Saarbrücken anfreundeten, strebt den Wechsel ins Berufsleben an. Jayson Breitenbach hat mehrere Anfragen aus der Regionalliga. Gleiches gilt für Kianz Froese, der aber auf Angebote aus der 3. Liga wartet.
Kwasniok geht zum SC Paderborn
Dass ein Umbruch in der 3. Liga normal ist, zeigt ein Blick auf Waldhof Mannheim. Der Dauer-Konkurrent aus Regionalliga-Zeiten verliert wie schon im vergangenen Sommer mehrere Stammspieler. „Das ist in dieser Liga so. Wer die Möglichkeit hat, in eine höhere Liga zu wechseln, muss das tun", sagt der dortige Sportchef Jochen Kientz.
Beim FCS tut der Umbruch dennoch weh. Alternativlos ist er aber ohne Zweifel. Mit viel Ruhe konnte er sogar viereinhalb Jahre im Völklinger Exil überstehen. Nun muss er sich im Sommer neu aufstellen, dauerhaft fit werden für die bundesweite Bühne. Das ist teilweise schmerzhaft, aber Teil des Geschäfts. Die Beispiele Sverko und Shipnoski zeigen aber auf, wo die Perspektive des Clubs liegen könnte. „Wir haben bewiesen, dass wir eine gute Adresse für junge Spieler sind, die von hier Anlauf für den nächsten Schritt nehmen wollen", sagte Vereinschef Hartmut Ostermann. Hoffnung gibt auch der Blick in die Vergangenheit. 2011 spielte das Team trotz großer Bedenken eine solide Runde.
Bleibt noch die Frage nach der Zukunft von Coach Kwasniok. Bei vielen Zweitligisten stand er auf dem Zettel. Namen wie Paderborn, Aue oder Osnabrück machten seit Wochen die Runde.Am Ende wurde es wenig überraschend der SC Paderborn. Er, der Emotionalität und Professionalität vorgelebt hat, litt unter den Begebenheiten im Saarland. „Es war eine tolle Zeit", sagte er am Freitag und blickte auf den matschigen Rasen des Ludwigsparks. „Aber ich bin ehrlich gesagt auch froh, dass ich mich mit gewissen Dingen nicht mehr rumschlagen muss." Die Spielabsagen im Winter, die Umzüge nach Völklingen und Frankfurt haben Spuren hinterlassen. „Ich werde wohl als der Corona-Trainer des FCS in die Vereinsgeschichte eingehen", sagte er. Doch das wird seiner Amtszeit sicher nicht gerecht. Die Fußstapfen, die er hinterlassen wird, sind groß.