In „The Undoing“ wird ein New Yorker Ehepaar in einen Mord verwickelt. Die sechsteilige Serie ist spannend und überrascht vor allem mit der Hauptdarstellerin Nicole Kidman. Hugh Grant spielt ihren Ehemann.
Nicole Kidman hat eine recht turbulente Karriere hinter sich. Die 53-Jährige war in Australien als Teenager ein Star und drehte dann erste Erfolge in Hollywood. Als sie Tom Cruise heiratet, bleibt sie immer ein wenig im Schatten ihres Mannes, bis Kidman für „The Hours“ (2001) einen Oscar bekommt und sich scheiden lässt. Ihre Karriere gerät ein wenig ins Schlingern, als sie offenbar durch zu viele Botox-Behandlungen ins Abseits beziehungsweise nur noch in die Klatschpresse gerät und einige Film-Flops produziert. Nun ist sie in dem Sechsteiler „The Undoing“ zu sehen – und sie ist brillant.
Der Kinder-Onkologe Jonathan Fraser (Hugh Grant) und seine Frau Grace (Nicole Kidman) führen mit ihrem Sohn Henry ein recht luxuriöses Familienleben in New York. Eigentlich sind Jonathan und Grace zu glatt, um wahr zu sein: Sie sind schön, erfolgreich, cool, ihr Haus an der noblen Upper East Side offenbart den lässigen Luxus des New Yorker Geldadels.
Mehr als eine „Wer ist der Mörder?“-Story
Eines Tages wird Grace von einer jungen Frau namens Elena (Matilda De Angelis) bedrängt. Wenig später ist Elena mit einem Hammer erschlagen – und die Polizei fahndet nach dem plötzlich verschwundenen Kinderarzt Fraser, weil er als Hauptverdächtiger in dem Mordfall gilt. Das Paradies der Frasers implodiert, und Grace muss herausfinden, ob ihr Mann wirklich schuldig ist. Sein Alibi jedenfalls ist gelogen, ebenso wie vieles anderes.
Zugegeben: „The Undoing“ beginnt wie viele andere Thriller auch. Sogar Nicole Kidman selbst hat schon in Filmen gespielt, deren Handlungen ähnlich begonnen haben („Malice – Eine Intrige“, 1993; „Stoker“, 2013). Aber „The Undoing“ ist freilich mehr als die übliche „Wer ist der Mörder?“-Geschichte, denn in den sechs Episoden der HBO-Fernsehproduktion blickt die dänische Regisseurin Susanne Bier recht tief in die Seelen der Protagonisten und rückt der Wahrheit in kleinen Schritten auf die Pelle, bis der Zuschauer sich fast die Nägel abgekaut hat vor Spannung und Ungeduld.
Susanne Bier verlässt sich bei ihrer Arbeit ganz auf ihren weiblichen Superstar Nicole Kidman. Die Kamera verfolgt sie, geht ihr voran und begleitet sie mal wie einen Freund, mal wie ein anonymer Beobachter. Auch nähert sich die Kamera der Schauspielerin zuweilen so sehr, dass Kidmans tiefblaue Augen wie die unschuldige Stille eines azurfarbigen Ozeans erscheinen. In anderen Szenen wirkt Kidmans Blick sehr aufgesetzt fassungslos – und das ist nicht zwingend eine Folge ihres Botox-Konsums. Viel mehr schüren Schauspielerin Kidman und Regisseurin Bier die Zweifel, ob Grace wirklich nur auf der Suche des Mörders ist und so ihren Mann entlasten würde. Ist Grace wirklich die Gute in diesem Verwirrspiel? „The Undoing“ nährt immer neue Zweifel, weil auch die anderen Mitglieder der Fraser-Familie ein Motiv gehabt haben, Elena umzubringen. Grace selbst ist nicht ausgenommen.
Eine Überraschung in „The Undoing“ ist auch Hugh Grant. Der Brite (von „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ 1994 über „Notting Hill“ 1999 bis zu „Bridges Jones“ 2004 erfolgreich in Liebeskomödien) hat so etwas wie einen neuen Karrierestart als Schauspieler mit mehr als einem Gesichtsausdruck – seinem immer noch attraktiven Faltengesicht sei Dank.
Keiner ist vom Verdacht ausgenommen
Graces fast schon absurd reicher Vater wird verkörpert von Donald Sutherland, der mit seinen 85 Jahren immer noch perfekt darstellen kann, wie ein Mann gleichzeitig hilfsbereit und hinterlistig erscheint. Und trotz auch weiterhin guter Besetzung: In „The Undoing“ kann Nicole Kidman niemand das Wasser reichen. Ihr fast altersloses Gesicht wird umrahmt von einer rot-blonden Wuschelmähne (ähnlich wie in ihren frühen Filmhits „Todesstille“, 1989 und „In einem fernen Land“, 1992), ihre Bewegungen sind vorsichtig und bedacht, ihre Worte mal vertrauenserweckend, mal verdächtig. Was wirklich in ihr vorgeht, bleibt aber weitgehend unklar – bis zum Ende der sechs Episoden.