Wer einiger gängiger Gitarrenakkorde mächtig ist, kann die Songs von „Da" locker mitklampfen. Das Begleitheft der CD und die Innenhülle des zitronengelben Vinyls geben sie preis. Also nur Mut!
Weit schwieriger dürfte sein, die Texte auf jene patentierte Tilman-Rossmy-Art mitzusingen. So scheinbar unbeteiligt verschlurft wie der Die-Regierung-Vorsteher seine Worte wählt/veräußert, ist kaum zu imitieren – und hat eher im englischsprachigen Pop-Bereich Vorbilder: Stephen Malkmus fällt einem ein oder Stuart A. Staples von den Tindersticks.
Die Musik wiederum ist erstaunlich deutsch: Krautrock zieht sich als roter Faden durch ein sehr vergnügliches Geschehen, welches zudem mit Indie-Charme, Dub-Groove und Rock’n’Roll-Coolness aufwarten kann. Kenner sind nicht überrascht. Auf Die Regierung, und auch Tilman Rossmy als Solist war stets Verlass.
„Da" mit seinen beiden Seiten „Hier" und „Dort" macht da keine Ausnahme.
Was auffällt: Nie waren Rossmy’s Texte tiefschürfender, ehrlicher, sich der eigenen Vergänglichkeit bewusster.
Die Konsequenz, die er zieht: den Moment genießen. Nun denn, dieses Album ist zum Momentversüßen bestens geeignet. „Der Witz ist" führt perfekt ein in diesen Zehn-Song-Reigen: Country-Twang trifft Beiläufigkeit trifft Feedback. „Jetzt was?" treibt den fluffigen Beat samt dem nachdenklichen Text trocken rockend voran. Noch besser geriet die Orgel veredelte Reggae-Adaption „Weil Morgen niemals kommt".
Der tanzbar magische Dub „Wer bin ich" beschäftigt sich explizit mit dem Tod – den Rossmy sich als „wunderschöne Landschaft" vorstellt. Tröstlich? Das muss jeder für sich selbst entscheiden…
Als offenkundig tröstlichstes Lied darf wohl „Lass die Gans raus" gelten. „So süß, so gut / Jeder Moment, jeder Atemzug" verfängt nicht nur im Ohr, sondern auch im Herzen…
Klapprig zarter Pop ist freilich auch ein wunderbares Vehikel dafür. Drei großartige Stücke über Liebe und Dankbarkeit beschließen ein Werk, welches hierzulande in diesem Jahr vermutlich seinesgleichen suchen wird.