Reisen während der Pandemie – ein echtes Abenteuer in der heutigen Zeit
Wer Abenteuer liebt, reist in der Pandemie. Mein Termin steht schon mehr als ein halbes Jahr vorher fest. Ein passender Flug ist schnell gebucht. Wenige Wochen nach der Buchung bekomme ich die erste Verschiebung der Abflugzeit mitgeteilt. Alles kein Problem, es passt zeitlich immer noch. Allerdings folgen noch einige weitere Terminverschiebungen, aber auch alles noch kein Problem.
Wenige Tage vor dem Abflug erkundige ich mich, ob die Flugzeiten noch stimmen. Nein – welch Überraschung – tun sie nicht. Meine Flüge sind schlicht annulliert. Leider hat man versäumt, mich darüber zu informieren. Okay, die Linienfluggesellschaft hat auch einen Charteranbieter. Auf den werde ich umgebucht. Leider startet dieser Flug bereits zwei Stunden früher.
Eigentlich wollte ich mit der Bahn zum Flughafen, denn es gibt eine perfekte Direktverbindung. Doch leider fährt der Zug so, dass ich zu spät am Flughafen ankommen würde. Aber hey, es gibt ja einen Flughafen-Zubringerbus. Also schnell im Internet den Fahrplan gesucht – der wegen Corona kräftig ausgedünnt ist. Dann eben für 2.50 Uhr ein Taxi bestellen, das mich zur Haltestelle des Zubringers fahren soll.
Nachdem ich ihm mein Fahrziel verraten habe, erklärt mir der freundliche Taxifahrer, dass der Flughafen-Zubringerbus schon seit zwei Monaten gar nicht mehr fährt. Und was soll ich sagen: Er hat recht. Leider steht diese Information aber nicht auf der Seite mit dem Fahrplan, sondern nur auf der Startseite des Anbieters. Gut, dass der Taxifahrer gerade Zeit hat und mich gerne zum Flughafen fährt. Bedauerlich nur, dass meine Anreise statt der geplanten 13,50 Euro – mit der Bahncard – plötzlich 110 Euro kostet.
Am Flughafen angekommen, gehe ich zum Terminal, von dem der Flug starten soll. Allerdings teilen mir große Aufsteller mit, dass dieses Terminal aufgrund der Pandemie leidig vollständig geschlossen bleibt. Warum die Fluggesellschaft das offenbar nicht weiß, bleibt mir allerdings ein Rätsel.
Hey, kein Problem. Schlängele ich mich halt an Absperrungen vorbei und schaffe es so immerhin zum Sicherheitsbereich. Dort beäugen mich einige nachtaktive Mitarbeiter verwundert und fragen, was ich denn um 3.45 Uhr am Flughafen wolle. Sie sind aber ausgesprochen nett und klären mich über das aktuelle Prozedere auf. Eine knappe Stunde später darf ich auch schon in den Abflugbereich und habe dort geraume Zeit zum Lesen, bis es dann tatsächlich losgeht. Dafür habe ich im Flieger eine ganze Reihe für mich und werde freundlich willkommen geheißen. Vielleicht, weil alle anderen potenziellen Mitreisenden längst aufgegeben haben, und sich das Personal entsprechend freut, überhaupt einen Fluggast zu haben.
In München angekommen, wähne ich mich in einer fremden Stadt. Die S-Bahn vom Flughafen – ist leer! Wo sonst spätestens nach der halben Strecke drangvolle Enge herrscht, gibt es kaum Fahrgäste. In der Innenstadt herrscht gähnende Leere. Das ändert sich auch während des ganzen Tages kaum. Die Massen an Touristen, die ein Durchkommen normalerweise erheblich erschweren, sind schlicht nicht da. Herrlich! München ist zwar durchaus belebt, aber nicht überfüllt.
Nach Beendigung meines Termins will ich noch Freunde treffen und um 21.20 Uhr dann wieder den Rückflug antreten. Die Fluggesellschaft ist aber der Meinung es sei besser, meinen Rückflug um drei Stunden vorzuverlegen. Das war’s dann mit den Freunden.
Etwas Gutes hat das Ganze dennoch. Ich habe München ganz neu kennengelernt. Und statt erst weit nach Mitternacht bin ich bereits gegen 22 Uhr zu Hause. Auf dem Rückflug habe ich erneut eine ganze Sitzreihe für mich. Und Corona-Abstand zu meinen Mitreisenden ist auch kein Problem: Sowohl drei Reihen vor als auch hinter mir ist alles frei. Außerdem bin ich an diesem Tag ausschließlich sehr netten und aufmerksamen Menschen begegnet, auch in den Geschäften. Da sage noch einer, Flugreisen seien nicht erholsam.