Regionalligist BFC Dynamo nimmt als Sieger des Berliner Landespokalfinales gegen den Berliner AK 07 nach drei Jahren wieder auf nationaler Ebene am DFB-Pokal teil.
Dieser Mann macht nicht den Eindruck, als könnte ihn so leicht etwas umhauen – doch Christian Benbennek (48) war nach den 90 Minuten des Berliner Pokalfinales am letzten Samstag im Mai ziemlich geschafft. Dabei hatte er gar nicht mitgespielt – dafür aber als Trainer des BFC Dynamo mit seiner Mannschaft von Anfang bis Ende mitgelitten. Schließlich stand der Wettbewerb besonders im Zeichen der Corona-Pandemie: Während der Spielbetrieb in der Regionalliga Nordost im November 2020 erst unter- und später abgebrochen wurde, sollte der Pokal nach der Zwangspause im Bereich des Berliner Fußball-Verbands (BFV) jedoch noch zu Ende geführt werden. Die beiden Endspielteilnehmer – neben Dynamo der Berliner AK 07 – hatten so eine Woche zuvor im Halbfinale ihre erste Pflichtpartie seit einem guten halben Jahr absolviert. Die körperliche Belastung der K.o.-Spiele nach der langen Pause war in den Augen des BFC-Trainers dann auch die größte Herausforderung: „120 Minuten hätten wir heute nicht geschafft – deshalb ein Riesenkompliment an meine Mannschaft, wie sie heute gebissen hat", so Benbennek nach dem 2:1-Sieg seiner Schützlinge.
Das galt insbesondere für Andreas Pollasch, dessen Mitwirken im Endspiel zunächst mehr als fraglich erschien: Im Halbfinale eine Woche zuvor beim Favoriten FC Viktoria 89 hatte sich der Mittelfeldspieler eine Wadenverletzung zugezogen, die ihn am folgenden Montag noch zum Gebrauch von Gehhilfen gezwungen hatte. Doch die Abteilung Physiotherapie bei Dynamo tat alles Menschenmögliche, um den Kapitän wieder halbwegs fit zu bekommen. Der musste schließlich zwar immer noch auf die Zähne beißen, gab sich dann aber selbst grünes Licht für einen Einsatz in dem wichtigen Spiel – und stand damit sinnbildlich für die von ihm selbst getätigte Aussage: „In Sachen Mentalität liegen wir beim BFC weit vorn." Diese Beurteilung bezog sich allerdings auf die Ausgangsposition vor Wiederaufnahme des Wettbewerbs, die bewirkte, an die „Schmerzgrenze" zu gehen: „Plötzlich hast du die Chance, mit zwei Spielen in den DFB-Pokal zu kommen."
„120 Minuten hätten wir heute nicht geschafft"
Diese Gelegenheit wollte man sich beim BFC offenbar tunlichst nicht nehmen lassen: In der Vorschlussrunde lagen die Weinroten bei Drittliga-Aufsteiger Viktoria bereits nach 25 Minuten 3:0 in Führung und brachten diese dann relativ ungefährdet über die Zeit. Kraft hatte die Partie dennoch gekostet, doch im Finale eine Woche später galt es nun, die Arbeit erfolgreich zu Ende zu bringen. Und ausgerechnet der angeschlagene Pollasch sollte seine Farben dann – wie schon im Halbfinale – mit einem Kopfballtor nach einer Standardsituation in Führung bringen. Doch der Verschleiß machte sich bemerkbar: Der Kapitän des BFC wurde 20 Minuten vor dem Ende entkräftet ausgewechselt, auch wirkte das Auftreten des Teams gegen den seit Ende der ersten Halbzeit dezimierten Gegner nicht immer souverän. Doch der Berliner AK hatte mit derselben Problematik zu kämpfen, sodass er zwar phasenweise den Kontrahenten in Bedrängnis bringen, letztlich aber im Abschluss nicht zwingend genug werden konnte. So setzte schließlich Matthias Steinborn den vorentscheidenden Treffer zum 2:0 – der Stürmer hatte ebenfalls schon im Halbfinale ein Tor zum Weiterkommen beigesteuert und ist nun bester BFC-Schütze der Nachwendezeit mit 71 Toren. Auch der 32-Jährige lief bereits „auf der letzten Rille", sagte Trainer Benbennek, trotzdem bewies Steinborn kurz vor Schluss bei einem Konter seine Qualitäten, als er geschickt erst Abwehrspieler sowie Torwart aussteigen ließ und zum 2:0 traf. Der Anschlusstreffer des Berliner AK per Foulelfmeter in der Nachspielzeit kam dann zu spät.
So stand der sechste Triumph des BFC Dynamo im Berliner Pokal seit 2011 fest – dennoch wurde dieser Sieg bei den traditionsbewussten Hohenschönhausern förmlich herbeigesehnt. Denn in den letzten beiden Jahren dominierten Viktoria und die VSG Altglienicke den Wettbewerb – und vertraten somit auch Berlin im nationalen DFB-Pokal. Nach Dynamos besonders erfolgreichem Jahrzehnt noch zu DDR-Zeiten war es dabei um den Verein nach dem Mauerfall ruhiger geworden – zwischenzeitlich wurde der Verein sogar einmal umbenannt, finanzielle Engpässe inklusive einer Insolvenz (2001) und sportliche Talfahrt gingen Hand in Hand. Zwar war deren Sohle in der Sechsten Liga durchschritten, doch brauchte es fast zehn Jahre in der fünftklassigen Oberliga, ehe es zum Aufstieg in die Regionalliga Nordost reichte. Trotz einiger Platzierungen im vorderen Drittel der Tabelle blieb allerdings der Sprung auf die nationale Bühne der Dritten Liga angesichts bescheidenerer Möglichkeiten gegenüber manchem Konkurrenten bislang ein Wunschtraum – deshalb kommt dem Berliner Pokalwettbewerb und der möglichen Qualifikation für den DFB-Pokal im Verein auch besondere Bedeutung zu.
Der Sprung in Liga drei blieb bislang ein Wunschtraum
Auch wenn 2011 die zweite Teilnahme nach dem Mauerfall unschöne Auswirkungen hatte: Hooligans der älteren Generation, die schon zu DDR-Zeiten einen besonderen Ruf genossen, und deren Nachfolger sorgten für Ausschreitungen bei der Erstrunden-Partie gegen den 1. FC Kaiserslautern (0:3). In der Folge waren die Verantwortlichen auch in Selbstverpflichtung darum bemüht, vor allem den gewaltsuchenden Teil der Fanszene zum Beispiel mit einem zuverlässigen, eigenen Ordnungsdienst und verstärkter Projektarbeit zu befrieden. Bis dato ging das System auf – sportlich konnte man im DFB-Pokal allerdings noch nicht für Furore sorgen: Gegen den VfB Stuttgart (2013, 0:2), den FSV Frankfurt (2015, 0:2) oder Schalke 04 (2017, 0:2) scheiterte man in der Auftaktrunde zwar jeweils knapp, aber auch ohne eigenen Torerfolg. Nur kurz blühten dann die Träume, als Philipp Twardzik Dynamo 2018 gegen den 1. FC Köln in Führung schoss – am Ende setzte es jedoch eine bittere 1:9-Niederlage.
So freut man sich nach drei Jahren Abstinenz darauf, wieder auf nationaler Ebene anzutreten und den Verein dort positiv zu präsentieren. Als Lieblingsgegner für die erste Runde nannte Kapitän Pollasch Titelverteidiger Borussia Dortmund – Torjäger Steinborn wünschte sich hingegen lediglich, „dass unsere treuen Fans wieder dabei sein können". Die wiederum würden zweifelsohne ein Duell mit dem Erzrivalen 1. FC Union bevorzugen – während Dynamos Trainer unmittelbar nach Abpfiff selbst nach längerem Überlegen passen musste: Christian Benbennek war offenbar einfach zu ausgepowert, um sich für einen Wunschgegner zu entscheiden.