Endlich gibt es Licht am Ende des Tunnels. Jetzt, da die Inzidenzwerte im Saarland weiter sinken, erwacht auch der Kulturbereich aus dem erzwungenen Dornröschenschlaf. Matthias Almstedt, Kaufmännischer Direktor und Geschäftsführer des Saarländischen Staatstheaters in Saarbrücken, erklärt, wie sich sein Haus darauf vorbereitet hat.
Während des scheinbar endlosen Lockdowns war an Kulturveranstaltungen wie Theaterbesuche und Konzerte monatelang nicht zu denken. Bevor die Bundes-Notbremse griff, war es dem Saarländischen Staatstheater aufgrund des Saarland-Modells bereits im April möglich, für gut zwei Wochen zu öffnen. Am 1. Juni 2021 konnte es nun erneut durchstarten und vor dem Hintergrund weiterer fallender Inzidenzwerte stehen nun auch einige andere Tore im Kultursektor wieder offen.
Prof. Dr. Matthias Almstedt ist Kaufmännischer Direktor und Geschäftsführer des Saarländischen Staatstheaters in Saarbrücken und erzählt, welche zwei erheblichen Sorgen das Theater geplagt haben und zum Teil noch immer plagen: Zum einen haben einige Darsteller und Musiker mittlerweile fast ein Jahr lang gar nicht oder nur wenige Male vor Publikum gestanden, wodurch viel Spannung verloren gehe. Die Frustration sei hoch, denn die Künstler leben von der Reaktion des Publikums. Zum anderen müsse man aufpassen, dass den Kulturbetrieben die Bindung zu ihrem Publikum nicht verloren gehe.
Ein Abonnent, der vielleicht altersbedingt schon vor Corona überlegt hatte, sein Abonnement zu kündigen, habe den Kontakt zum Theater durch die Pandemie möglicherweise völlig verloren. Zum Glück sei das Staatstheater wenigstens finanziell nicht in einer problematischen Lage, da es als öffentlicher Kulturanbieter auch Kurzarbeit in Anspruch nehmen kann.
„Wir müssen wirklich alle Kräfte bündeln"
Vor allem für die Freie Künstlerszene sind die heutigen Zeiten besonders schlimm. „Den Freien Künstlerinnen und Künstlern bricht alles weg. Wir haben zum Glück die Möglichkeit, auch unsere künstlerischen Gäste für den Zeitraum ihres Engagements mit in die Kurzarbeit aufzunehmen", erzählt Matthias Almstedt. Dem Geschäftsführer wurde im Jahre 2020 die Auszeichnung des „Bühnenhelden" für das von ihm entwickelte „Saarbrücker Modell" verliehen, wodurch unter anderem auch pandemiebedingte Gagenausfälle von Gast-Darstellern ausgeglichen werden können. Dieses Modell wurde als besonders sozial ausgezeichnet, weil es niedrigere Gagen zu einem höheren Anteil ersetzt.
Jetzt, nachdem wieder geöffnet werden durfte, gibt es Hoffnung. Doch die Öffnung ist auch mit weiteren Fragen und Risiken verbunden. Beispielsweise ist sich der Geschäftsführer nicht sicher, in welchem Umfang die Menschen das Angebot annehmen werden und wann beziehungsweise ob wieder die ursprüngliche Zuschauerzahl erreicht werden kann. Dazu müsse man ständig damit rechnen, dass wieder geschlossen wird. „Wir müssen wirklich alle Kräfte bündeln, um die Bindung zum Publikum wieder zu verstärken. Das versuchen wir schon, indem wir unsere Abonnenten verstärkt anschreiben und informieren", erklärt Almstedt und fährt fort, dass auch Digitalität im Theater an Bedeutung gewonnen hat: „Das Thema ist jetzt noch einmal ganz stark in den Fokus getreten. Natürlich wird es immer die Priorität bleiben, live vor Ort zu spielen. Aber die Digitalisierung kann man als Chance nutzen, eine Kombination zwischen virtueller und realer Welt herzustellen, ein Zusatzangebot zu schaffen und dadurch vielleicht die Generation der ‚Digital Natives’ stärker für das Theater zu begeistern."
Die Voraussetzungen für die Öffnung der Theater sehen wie folgt aus: Unter Einhaltung der Abstandsregelungen von 1,50 Metern und dem Tragen von FFP2- oder medizinischen Masken darf das Saarländische Staatstheater für bis zu 250 Personen öffnen. Dazu muss ein negativer Corona-Test vorgelegt werden. Vollständig Geimpfte und Genesene werden Personen mit einem negativen Test gleichgestellt. Die Nachweise werden gemeinsam mit einem Lichtbildausweis durch verstärkte Einlasskontrollen vor den Eingangstüren des Theaters kontrolliert und die Gäste erhalten ein „VIP"-Bändchen zur Identifikation. An den Türen zum Theatersaal erfolgt dann die Kontrolle der Eintrittskarten wie üblich. Getränkeausschank und Speisenausgabe dürfen vorerst nicht stattfinden. Almstedt erklärt, dass sowohl digitale Nachweise als auch Nachweise in Papierform im Original akzeptiert werden. „Alles, was kommt, werden wir nach bestem Wissen und Gewissen prüfen. Wir haben unser Personal entsprechend geschult und sind gut vorbereitet." Die Kontaktnachverfolgung läuft bis auf Weiteres über die digitale Hinterlegung der Kontaktdaten bei der Kartenvorbestellung oder die handschriftliche Hinterlegung an der Abendkasse ab. Perspektivisch zieht das Staatstheater auch die Verwendung der Luca-App in Betracht, wenn sich diese im Saarland stärker verbreitet hat.
„Testungen vor Ort bietet das Staatstheater nicht an", erklärt Almstedt. Stattdessen weist es auf seiner Homepage auf die entsprechenden Testzentren in der Umgebung hin. Der Wunsch nach einem nahe gelegenen Testzentrum hat sich mittlerweile erfüllt. Denn direkt oberhalb der Tiefgarage am Theater ist ein privat betriebenes Testzentrum errichtet worden, in dem man sich schnell und unkompliziert testen lassen kann. Auch das Theater bietet seinen Beschäftigten tägliche Testmöglichkeiten. Jeden Tag lassen sich zwischen 100 und 150 Mitarbeiter testen, sodass auch zusätzliche Ausgaben für entsprechende Nachbestellungen von Tests eingeplant werden mussten. „Aber wir machen das gern, weil es einfach der Sicherheit dient. Und das Testen bringt auch Entspannung in die Theaterabläufe, gerade auf der Bühne. Unabhängig von den Testungen halten wir natürlich die vorgeschriebenen Sicherheitsabstände ein. Aber es beruhigt noch mal zusätzlich, wenn alle Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne und im Orchestergraben das Angebot nutzen können, sich testen zu lassen", erklärt der Geschäftsführer.
„Priorität bleibt, live vor Ort zu spielen"
Matthias Almstedt blickt optimistisch in die Zukunft. Er hofft, dass der Aufwand eines negativen Tests für die Besucher keine allzu große Hürde darstellt. „Wir hatten sowohl im Herbst 2020 als auch in unserer Öffnungsphase im April 2021 nachweislich keinen einzigen Corona-Fall unter unseren Zuschauern. Ich bin sehr optimistisch, dass wir das auch jetzt mit den Testungen weiterhin nicht haben werden. Testungen sind neben den Impfungen ein ganz wichtiges Mittel, um zur Normalität zurückzukehren", erzählt er. Doch auch er kann keine zuverlässigen Prognosen über die weitere Entwicklung von Öffnungen oder eventuellen erneuten Schließungen abgeben. Im Prinzip sei die Zukunft ungewiss und alles möglich. „Wir planen für die neue Spielzeit kurioserweise genau dieselben Rahmenbedingungen, die wir auch schon vor einem Jahr geplant haben. Wir hoffen nur, dass es jetzt mit dem Thema Tests und Impfungen funktioniert. Wir gehen davon aus, dass wir sowohl vor als auch hinter dem Vorhang noch bis zum Jahresende wegen coronaeingeschränkt agieren müssen. Das heißt also, dass auch auf der Bühne eineinhalb Meter Abstand, beim Singen und forcierten Sprechen sogar drei Meter Abstand vorhanden sein müssen. Daher planen wir bis zum Jahresende vorwiegend kleinere Produktionen. Für unseren Wirtschaftsplan rechnen wir auch da entsprechend wieder mit maximal 250 Personen im Großen Haus, in der Alten Feuerwache mit 60 bis 70 und in der Sparte 4 mit 20 bis 25 Personen. Wir gehen davon aus, dass wir hoffentlich spätestens ab Januar wieder volle Säle haben dürfen. Ob das tatsächlich so kommen wird, wissen wir nicht", erklärt er.
Bis dahin arbeitet das Saarländische Staatstheater mit sogenannten atmenden Produktionen, die jederzeit beispielsweise durch zusätzliche Musiker im Orchester aufgestockt werden können, wenn es infektionsschutzrechtlich wieder möglich ist.
Der Kultursektor muss weiterhin flexibel bleiben. Die sinkenden Corona-Zahlen lösen jedoch ein Gefühl aus, das einem ziemlich fremd geworden ist: Vorfreude. Für den kulturliebenden Menschen sollte ein negativer Test daher keine allzu große Hürde sein.