Das Fränkische Seenland in der Nähe von Nürnberg hat für Urlauber eine Menge zu bieten. Von Bootsfahrten, Naturschutzgebieten bis zu spannenden Kulturstätten.
Wer an Seen in Bayern denkt, dem kommen meist die Voralpen- und Bergseen südlich von München in den Sinn. Doch auch die Stauseen des Fränkischen Seenlands südwestlich von Nürnberg locken seit über 20 Jahren zahlreiche Tages- und Übernachtungsgäste. Die beiden Brombachseen, der Igelsbachsee und der Altmühlsee wurden gebaut, um die Altmühlhochwasser in das Regnitz-Main-Gebiet umzuleiten. Der Tourismus war anfangs ein Nebeneffekt.
Heute fahren bodenständige Mittelfranken wie Alfred Amslinger aus dem Ort Muhr am See als Kapitäne mit einem stattlichen Fahrgasttrimaran über den Brombachsee und wirken dabei, als wären sie schon seit jeher Seebären. Dabei hat Amslinger seine Bootsführerausbildung erst vor gut neun Jahren auf dem Großen Brombachsee gemacht. Bei den eineinhalbstündigen Rundfahrten auf dem größten der fränkischen Stauseen ist Konzentration gefordert. Insbesondere, wenn er rückwärts von den Anlegestellen ablegt, muss Amslinger aufpassen, keine Paddler oder Boote im Einzugsbereich des Dreirümpfers zu übersehen. „Bevor ich rückwärtsfahre, muss ich dreimal hupen", berichtet Amslinger. Kein Seemannsgarn, sondern eine Vorschrift aus der Bayerischen Schifffahrtsordnung.
Der größte Segelhafen im Seenland
Während der Fahrt werden meist Erklärungen vom Band abgespielt. Wir jedoch lassen uns von Amslinger über die Fahreigenschaften der Spezialanfertigung aufklären und genießen den Blick vom Sonnendeck: Die Seeufer sind überwiegend mit Kiefernwäldern bewachsen. In Ramsberg, dem Heimathafen der „MS Brombachsee", bestaunen wir den größten Segelhafen im Fränkischen Seenland. Sogar schwimmende Ferienwohnungen können dort angemietet werden. Gut zu wissen: Auch in der Herbstzeit, wenn der Badetourismus bereits zum Erliegen kommt, bricht die „MS Brombachsee" zu ihren Rundfahrten auf – bis Ende Oktober mehrmals täglich, ab November immer wieder zu Sonderfahrten, etwa zum Adventsbrunch, zur Dinnershow oder zur Schäufele-Schifffahrt. Denn das Schäufele, die langsam im Ofen geschmorte Schweineschulter, gilt als das Fränkische Nationalgericht.
Die schönsten Sandstrände des Seenlands finden sich an den Ufern des Großen Brombachsees. Dieser ist fünf Kilometer lang, neun Quadratkilometer groß und entstand in einem früheren Sandabbaugebiet – die Ufersande an den Sandstränden in Allmannsdorf, Pleinfeld, Ramsberg oder Absberg mussten deshalb nicht von weither gebracht werden, sondern sie stammen aus der unmittelbaren Umgebung. Ein großer Vorteil der künstlichen Seen ist, dass sich die Uferbereiche nicht im Privatbesitz befinden, sondern durchgängig zugänglich sind. Dadurch können sämtliche Stauseen auf ufernahen Wegen umrundet werden.
Während Alfred Amslinger als Franke zum Seemann wurde, treffen wir in Wolframs-Eschenbach einen Norddeutschen, der sich zum Frankenkenner gewandelt hat. Peter Dreyling stammt ursprünglich aus Niedersachsen, doch der heute 84-Jährige lebt seit 20 Jahren in Wolframs-Eschenbach und führt regelmäßig Besucher durch die mittelalterlich geprägte Deutschordensstadt, die sich erst seit 1917 so nennt: Damals wurde aus Eschenbach das Städtchen Wolframs-Eschenbach, zu Ehren des Parzivaldichters Wolfram von Eschenbach, der hier einst lebte.
Den Stadtkern umgibt eine vollständig erhaltenen Stadtmauer, an deren Südseite zwei markante Türme gen Himmel ragen: der Pulverturm und der Hungerturm. Durch den ehemaligen Stadtgraben, der mit Wasser geflutet werden konnte, um Feinde abzuhalten, spazieren wir auf dem Literaturpfad Franken. Dieser ist insgesamt 2,2 Kilometer lang und komplett barrierefrei. 15 Info-Tafeln stellen Schriftsteller vom Mittelalter bis zur Neuzeit vor: Autoren, die in Franken gelebt haben beziehungsweise leben und Schriftsteller und Dichter, die über Franken geschrieben haben. Natürlich sind darunter Wolfram von Eschenbach und Hans Sachs. Nicht fehlen darf Victor von Scheffel, der Verfasser des Frankenliedes. Doch auch dem aus Norddeutschland stammenden Juristen Peter Dreyling, der mehrere Lyrikbände verfasst hat, ist eine der Tafeln gewidmet.
Prachtvolle Barocke Schlossanlage
Ein Besuch in Wolframs-Eschenbach ist nicht die einzige Möglichkeit, sich im Seenland auf die Spuren des Deutschen Ordens, der lange in Eschenbach einen Sitz hatte, zu begeben. Das Städtchen Ellingen im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen war lange Zeit Sitz der Residenz des Landkomturs der Ballei beziehungsweise Ordensprovinz Franken. Das ursprüngliche Deutschordensschloss ist nicht mehr erhalten, stattdessen kann heute eine barocke Schlossanlage besichtigt werden, die zwischen 1708 und 1725 gebaut wurde und die bis 1789 aktiv vom Deutschen Orden genutzt wurde. Später residierte Feldmarschall Carl Philipp Fürst von Wrede in dem Schloss, der dieses im Jahr 1815 von König Max von Bayern erhalten hatte. Aus seiner Zeit sind viele wertvolle Seiden- und Papiertapeten erhalten. Ein Schlossrundgang, einschließlich Besichtigung der Schlosskapelle, dauert etwa eine Stunde. Er beginnt im prachtvollen und lichtdurchfluteten Treppenhaus. Es folgen knapp 20 Prunkräume und ein Besuch der Schlosskapelle. Ein 60-minütiger Ausflug in die Vergangenheit, der sich lohnt.
Es gibt weitere Kulturstätten im Fränkischen Seenland, die einen längeren Besuch innerhalb und außerhalb der Badesaison lohnend machen: etwa die Römerstadt Weißenburg und die Bierstadt Spalt, die ihre Hopfentradition in einem modernen Museum präsentiert. Untergebracht im ehemaligen Kornhaus, einem der schönsten Fachwerkhäuser Süddeutschlands. Das schmucke Gebäude diente dem Eichstätter Bischof einst als Zehnthaus, später war es Hopfenlager und Hopfensignierstelle. „Dieses Gebälk hier ist Fachwerkkunst hoch drei, wir müssen heute noch den Hut vor solch einer Handwerkskunst ziehen", schwärmt Museumsführer Walter Bachmann, bevor er zum Erleben, Schmecken und Staunen im interaktiv gestalteten „HopferBierGut" einlädt. Am Ende des Rundgangs gibt es dann sogar ein Glas „Spalter Bier" zur Verkostung. Damit kann man gleich auf das Fränkische Seenland anstoßen, einer Ferienregion, die Camping- und Ferienhausgäste gleichermaßen begeistert, die aber auch mit einigen stilvollen Hotels aufwarten kann.
Schutzgebiete für Pflanzen und Tiere
Der Bau der fränkischen Stauseen hatte für Wasserwirtschaft und Tourismus positive Auswirkungen, doch es bedeutete auch einen ökologischen Einschnitt. Allein für die Brombachseen mussten insgesamt elf Mühlen weichen, und die Wiesmet, ein wertvolles Brutgebiet für Vögel, wurde durch den Bau des Altmühlsees erheblich beeinträchtigt. Um dies auszugleichen wurden beim Bau der Stauseen Naturschutzflächen mit eingeplant. So wird der Altmühlsee nur zu etwa 60 Prozent touristisch genutzt, die restlichen 40 Prozent bestehen aus einer Flachwasser-, Schilf- und Inselzone, die dem Naturschutz vorbehalten ist und zahlreichen Vögeln Brut- und Rastmöglichkeiten bietet. Auch dieses Refugium, in dem Boote und Badende nichts verloren haben, lässt sich während eines Aufenthalts im Seenland erleben, entweder auf eigene Faust oder im Rahmen einer Führung durch Mitarbeiter des Landesbundes für Vogelschutz. Während unserer Tour sehen wir nicht nur die Nagespuren der Biber und zahlreiche Entenarten, sondern auch Seeadler, Silberreiher, Nachtreiher, Seidenreiher, Störche, Kormorane, Große Brachvögel, Nonnen-, Nil und Graugänse sowie Blesshühner und Kiebitze. Insgesamt wurden im Bereich der Vogelinsel bereits über 300 Tierarten gesichtet. Bei Führungen erhält man Ferngläser – und hat außerdem die Möglichkeit, die Vögel per Spektiv in Großaufnahme zu sehen. Besonders lohnend ist ein Besuch auf der Vogelinsel in der Brutsaison im April und Mai sowie im September und Oktober, wenn zahlreiche Zugvögel hier haltmachen.