Nach einem spektakulären fünften Platz schielt der 1. FC Saarbrücken nach oben. Doch der neue Trainer Uwe Koschinat muss schnell ein Team formen. Denn der Start hat es in sich.
Die Ausgangslage: Als Aufsteiger spielte der 1. FC Saarbrücken vor allem in der Hinserie spektakulären Fußball und hielt sich lange an der Tabellenspitze. In der Rückrunde ging es dann weniger turbulent zu. Am Ende stand ein sensationeller fünfter Tabellenplatz, der allerdings durch die Niederlagen beim 1. FC Kaiserslautern sowie im Saarlandpokal bei der SV Elversberg getrübt wurde. Dass es einen größeren Umbruch geben würde, war absehbar. Trainer Lukas Kwasniok wurde durch Uwe Koschinat ersetzt. Mit Rechtsaußen Nicklas Shipnoski verließ der Topscorer und einer der Ausnahmespieler der Liga den FCS Richtung Düsseldorf. Auch der Weggang von Innenverteidiger Marin Sverko tut richtig weh. Mit Anthony Barylla ging ein weiterer Stammspieler, seine Rückrunde war allerdings mäßig, sodass er keine allzu große Lücke hinterlässt. Hinzu kommt der lange Ausfall von Abwehrchef Steven Zellner.
Die Neuen: Eine Mischung aus erfahrenen Kräften und jungen Wilden sollen die Abgänge kompensieren. Besonderer Wert wurde auf die Körperlichkeit gelegt. Mit dem Sandhäuser Robin Scheu hofft man, einen Ersatz für Shipnoski gefunden zu haben, auch wenn der 27-Jährige bislang eher nicht als Torjäger in Erscheinung getreten ist. Große Hoffnungen sind auch mit der Verpflichtung von Sturmtank Adriano Grimaldi verbunden. Rechtsverteidiger Dominik Ernst ist gesetzt, im zentralen Mittelfeld rangeln die beiden Neuzugänge Dave Gnaase und Alex Groiß um den Platz an der Seite von Luca Kerber. Nachdem der Transfer mit Bruno Soares kurzfristig geplatzt ist, wurde mit Dennis Erdmann spät eine Alternative verpflichtet.
Ein großes Problem: Die Planstelle in der Innenverteidigung wurde mit Dennis Erdmann erst spät besetzt
Der Trainer: Uwe Koschinat ist ein ganz anderer Typ als sein Vorgänger Kwasniok, vor allem, was die fußballerische Ausrichtung angeht. Das Team soll wesentlich stabiler stehen, unnötige Ballverluste vermeiden. Ein großes Ziel ist, wesentlich öfter zu Null zu spielen als in der Vorsaison. Der 49-Jährige korrigiert und dirigiert lautstark, ist ein Verfechter von Disziplin und klaren Strukturen. Er liebt klare Ansprachen, hat aber dennoch ein offenes Ohr für die Sorgen seiner Spieler. Er präferiert ein System mit Viererkette und zwei defensiven Mittelfeldspielern.
Der Kader: Nominell sind bis auf die Innenverteidigung alle Positionen doppelt besetzt, aber ein gewisses Gefälle ist auf einigen Positionen durchaus erkennbar. Im Tor führt kein Weg an Platzhirsch Daniel Batz vorbei, wobei mit dem 18-jährigen Marcel Johnen ein richtig großes Talent verpflichtet wurde. In der Viererkette ist Linksverteidiger Mario Müller alternativlos, der als Backup verpflichtete Nick Galle konnte während der Vorbereitung nicht durchgehend überzeugen. Gleiches gilt auf der rechten Seite für Neuzugang Ernst. Im Zentrum werden wohl Kapitän Manuel Zeitz und Boné Uaferro beginnen, der eine starke Vorbereitung ablieferte. Die fehlende Planstelle in der Abwehr wurde mit Dennis Erdmann besetzt. In der Mittelfeldzentrale ist Eigengewächs Luca Kerber gesetzt. Neben ihm findet zwischen Gnaase und Groiß ein Duell auf Augenhöhe statt, wobei Groiß aufgrund seiner Größe langfristig im Vorteil sein könnte. Die linke Offensivseite ist derzeit die Problemzone. Minos Gouras bringt Tempo mit, seine Vorbereitung war allerdings schwach. Neuzugang Tim Korzuschek hinterließ bis zu seiner Verletzung positive Eindrücke. Rechts ist im Normalfall Robin Scheu gesetzt, aber auch er fällt erst einmal aus. Maurice Deville wird nach starker Vorbereitung für ihn beginnen, der Luxemburger ist aber auch links einsetzbar. Im Angriff richtet sich das Augenmerk auf Grimaldi. Hinter ihm wird Sebastian Jacob spielen. Mit Julian Günther-Schmidt gibt es zudem eine hochwertige Alternative. Auch Talent Justin Steinkötter konnte auf sich aufmerksam machen. Er ist ebenfalls auf den Außenbahnen einsetzbar.
Die Stärken: Schon jetzt ist absehbar, dass der 1. FC Saarbrücken deutlich robuster und abgebrühter zu Werke gehen wird. Auch kopfballstärker ist das Team geworden, Koschinat setzt in der Defensive auf Gardemaß. In der Mittelfeldzentrale und im Angriff gibt es deutlich mehr Optionen als in der Vergangenheit. Mit Kapitän Zeitz, Vize Jacob und Talent Kerber stehen im Normalfall zudem drei Eigengewächse in der Startelf, die für Identifikation mit den Fans sorgen.
Die Schwächen: Auffällig ist, dass vor allem die Hintermannschaft der Blau-Schwarzen eine gewisse Altersstruktur mit sich bringt. Die Innenverteidiger sind alle mindestens 30 Jahre alt. Das könnte während der harten Wintermonate zum Problem werden. Während der Testspiele präsentierte sich die Mannschaft nicht immer torgefährlich. Dies kann aber auch mit dem personellen Umbruch zusammenhängen. Die Angreifer Grimaldi und Jacob waren in der Vergangenheit oft verletzt, hier ist Augenmaß angesagt. Zudem würde ein Standart-Spezialist dem Team sicher nicht gut tun.
Das Umfeld: Die Erwartungshaltung ist bei den Blau-Schwarzen traditionell hoch. Allerdings ist das Auftaktprogramm nicht ohne. Die Vereinsführung hat das Ziel ausgegeben, den fünften Platz der Vorsaison mindestens zu wiederholen. Der Rücktritt von Vizepräsident Dieter Ferner ist erstaunlich ruhig aufgenommen worden. Bei der Suche nach einem Nachfolger wird man sich Zeit lassen. Der Wunsch der Vereinsspitze, einen Fußballfachmann mit Stallgeruch zu installieren, dürfte aber nicht einfach zu realisieren sein. Sportdirektor Jürgen Luginger hat seine Rolle gefunden und Trainer Koschinat alle realisierbaren personellen Wünsche erfüllt. Beide harmonieren gut miteinander. Eine Hoffnung ist, dass es Koschinat gelingt, nach dem polarisierenden und extrem extrovertierten Kwasniok die Fans mehr hinter dem Team zu versammeln, als dies in der Vorsaison der Fall war. Hierfür ist allerdings ein guter Start erforderlich.
Die Prognose: Die Zielsetzung, unter den ersten Fünf mitzuspielen, ist ambitioniert. Vieles wird davon abhängen, ob Grimaldi und Jacob fit bleiben und der Ausfall von Zellner irgendwie kompensiert werden kann. Zudem muss es gelingen, Shipnoskis Quote auf mehrere Schultern zu verteilen. Auf der anderen Seite sollte der Kader stark genug sein, dass man auch in der umkämpften 3. Liga gar nicht erst in untere Tabellenregionen schauen muss.
FORUM-TIPP: Bleiben Grimaldi und Jacob fit, spielt der FCS oben mit. Viel wird auch davon abhängen, wann und ob Zellner zurückkehrt.