Die 3. Liga startet in die Saison. Mit dabei sind Neulinge, aber auch viele alte Bekannte. Sowohl der Kampf um den Aufstieg als auch der Abstiegskampf werden in dieser Saison beinhart. FORUM stellt die Liga vor.
Bewahrheitet sich auch diesmal der Spruch: In der 3. Liga spielen zehn Vereine um den Aufstieg und zehn Vereine gegen den Abstieg? Unsere Analyse zeigt, dass es in dieser Saison durchaus echte Favoriten, aber auch einige Sorgenkinder gibt.
Die Aufsteiger
Unter den Aufsteigern tummelt sich wohl der größte Außenseiter aller Zeiten. Der TSV Havelse stellt für die kommende Saison einen Etat von einer Million, so schreibt es zumindest die norddeutsche Presse. Der Aufstieg nach neun Spieltagen und einer relativ glücklichen Aufstiegsrelegation ist allein schon ein sensationeller Erfolg. Doch die Mannschaft ohne fast jede Profierfahrung wird es schwer haben, in der 3. Liga eine gute Rolle zu spielen – auch wenn in den vergangenen Jahren immer mal wieder ein Underdog überraschen konnte. Eine gänzlich andere Ausgangssituation herrscht derzeit bei der Freiburger Zweitvertretung. Denn im Gegensatz zu Havelse spielten die Freiburger ihre Saison zu Ende und dominierten den Südwesten. Welche Aussagekraft das hat, beweisen die beiden vergangenen Aufsteiger aus Mannheim und Saarbrücken. Aufhorchen ließ der SCF mit der Verpflichtung des erfahrenen Stürmers Vincent Vermeij vom MSV Duisburg, der künftig neben Kapitän Johannes Flum (131 Bundesligaspiele) sowie Sandrino Braun-Schumacher (früher Stuttgarter Kickers, Preußen Münster) die erfahrene Achse bildet. Für den SCF wird diese Saison eine Wundertüte, da auch immer wieder einiges davon abhängt, welche Spieler aus dem Bundesligakader nach unten durchrutschen. Ähnlich verhält es sich mit der Zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund. Die Mischung im Kader ist wie beim SCF gut gelungen – auf der einen Seite ein paar Erfahrene, auf der anderen ein paar talentierte Kicker. Zudem mit Enrico Maaßen ein ebenso talentierter Trainer. Klar, gegen den Abstieg wird der BVB nicht spielen, der furiose Offensivfußball könnte auch in der 3. Liga für Aufsehen sorgen. Der letzte Aufsteiger im Bunde ist Viktoria Berlin. Die Berliner kündigten sich selbst als besten Aufsteiger aller Zeiten an. Sicherlich mit einem Augenzwinkern, denn auch die Hauptstädter absolvierten nur elf Spiele. Aufgrund dessen sind auch die Berliner eine Wundertüte. Der Club wird von einer neuen Investorengesellschaft unterstützt, nachdem ein Fernost-Projekt, das 2018 bundesweit für Schlagzeilen sorgte, krachend gescheitert war und den Club in die Insolvenz führte. Über den Etat ist wenig bekannt. Aber: An Erfahrung mangelt es diesem Kader sicher nicht. Als Außenseiter gehen sie dennoch in die Saison.
Neuer Versuch
Diejenigen, die im vergangenen Jahr knapp den Klassenerhalt gesichert haben, wollen es in diesem Jahr nicht so spannend machen. Allen voran der SV Meppen, der nur vom Zwangsabstieg des KFC Uerdingen profitiert hat – und eigentlich in die Regionalliga gemusst hätte. Vor allem soll sich kein Jahr mehr wiederholen, in dem sich so viele diskutable Personalentscheidungen anhäufen. „Königstransfer" David Blacha (30) vom VfL Osnabrück soll dem SVM-Spiel im Mittelfeld mehr Struktur verleihen, der erfahrene Linksverteidiger Max Dombrowka (29, Unterhaching) dürfte Hassan Amins Abgang kompensieren. Im Vergleich zum Vorjahr gingen keine absoluten Leistungsträger – es hatten sich allerdings auch nicht viele derart in den Vordergrund gespielt. Der abstiegsreife Kader wurde leicht überarbeitet, vor allem mit Kickern aus der Vierten Liga. Große Sprünge sind daher wohl eher nicht drin. Anders sieht das bei Türkgücü München aus. Der undurchsichtige Münchner Verein kann jetzt doch weiterhin auf das Geld des Investors Hasan Kivran zurückgreifen. Deshalb wurde ordentlich auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Vor allem Mergim Mavraj von Bundesligaaufsteiger Greuther Fürth sticht hier heraus. Ansonsten kamen Spieler, die allesamt Drittligaerfahrung mitbringen. Deshalb ist Türkgücü definitiv ein Anwärter auf die Überraschung der Saison. Von ähnlich großen Sprüngen träumen sie auch in Kaiserslautern. Unter den kritischen Fans am Betzenberg keimte nach den starken Transfers von Mike Wunderlich, Jean Zimmer und der erneuten Ausleihe von Felix Götze Hoffnung auf. Alles lechzt in der Pfalz nach einem Aufstieg und es scheint so, als würden in dieser Saison die Vorzeichen gut sein. Eine ähnlich wirre Spielzeit wie der FCK erlebte der MSV Duisburg. Der MSV lebt in dieser Saison vor allem von seiner Erfahrung. Unter anderem wurde Marvin Bakalorz verpflichtet, der mit viel Erst- und Zweitligaerfahrung an die Wedau kommt.
Türkgücü München hat groß eingekauft, ist aber schwer einzuschätzen
Das sichere Mittelfeld
Viktoria Köln wird auch in diesem Jahr versuchen, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Doch das könnte ein Problem werden. Derzeit gleicht der Kader nämlich noch einer Baustelle. 14 Abgängen stehen bis eine Woche vor Saisonstart nur fünf externe Neuzugänge gegenüber. Mike Wunderlichs Abgang war ein Schock, auch für Trainer Olaf Janßen. „Spieler mit einer derart hohen Qualität fallen nicht vom Himmel", betonte Janßen. Sollte keine große Qualität und auch Quantität dazu kommen, dann könnte es für Viktoria durchaus eng werden. Eng war es in der vergangenen Saison zeitweise für den FC Magdeburg – zumindest so lange, bis Christian Titz die Mannschaft übernahm. Eine weitere Zittersaison scheint unwahrscheinlich, dafür brachte Titz seiner Mannschaft einen zu gepflegten Fußball bei. Zudem konnte Baris Atik gehalten werden. Zittern muss der FCM in dieser Saison aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Bangen musste der FSV Zwickau in der vergangenen Saison nicht. Mit solidem und einfachem Fußball hielt Joe Enochs sicher die Klasse. Das größte Problem des FSV ist aber die Corona-Krise, wegen der große Verluste in den Büchern stehen. Sollte der FSV eine erneut ruhige Saison erleben, wären die Verantwortlichen wohl zufrieden. Weniger zufrieden mit der letzten Saison war der Hallesche FC. Vor allem die Konstanz fehlte im vergangenen Jahr. Die bisherigen Testspiele machen dabei aber Lust auf mehr.
Ein Ausrufezeichen setzte Waldhof Mannheim in den sozialen Netzwerken. Mit der Verpflichtung von Niklas Sommer, der vor allem im Streaming-Bereich erfolgreich ist, machten die Mannheimer Schlagzeilen. Überraschend kam auch noch die Verpflichtung von Marc Schnatterer. Für ganz nach oben wird es in dieser Saison nicht reichen, soll es aber auch noch nicht, laut den Verantwortlichen.
Wer kann und will hoch?
Die beiden Überraschungsaufsteiger aus Verl und Saarbrücken haben in diesem Sommer trotz der erfolgreichen vergangenen Saison ordentlich an ihrem Kader gebastelt. Zlatko Janjic musste Verl überraschend verlassen, dafür kam nicht weniger überraschend Mahir Saglik. Saarbrücken verlor seinen Toptorjäger Niklas Shipnoski und ergänzte den Kader vor allem mit viel Drittligaerfahrung. Wieder oben angreifen will der SV Wehen Wiesbaden. Rüdiger Rehm attestiert seiner Mannschaft eine Weiterentwicklung zum vergangenen Jahr, ein personeller Umbruch ist zusätzlich zu managen. Ob das schon für den großen Angriff reichen wird, hängt vor allem von den Zweitligaabsteigern und 1860 München ab. Die Würzburger Kickers haben den wohl schwierigsten Stand, denn nach dem Magath-Aus herrscht über lange Zeit eine neue Rangordnung im Verein. Der Kader verspricht bisher noch keine großen Sprünge. Ähnlich verhält es sich mit Eintracht Braunschweig. Der Kader liest sich gut, ist aber verhältnismäßig alt. Ähnlich beim VfL Osnabrück. Die einzige Mannschaft, die sich wirklich von allen anderen abhebt, ist 1860 München. 15 Trainerstimmen sammelten die Löwen und damit die meisten. Der Kader blieb zusammen und wurde gezielt verstärkt, zudem ruhen auf Michael Köllner große Hoffnungen.