Als Wildtier dem Menschen angenähert, sollte die Katze nicht nur positive Jahrhunderte erfahren. Für die einen als heilig verehrt, symbolisierte sie für andere das reine Böse. Ein Überblick über die letzten 10.000 Jahre der unzähmbaren Samtpfoten.
Elegant schleicht sie voran, bis auf das leise Rascheln des Gebüschs nahezu lautlos. Wird immer kleiner, immer geschützter im hohen Gras. Mit einem Satz schließlich springt sie in hohem Bogen nach vorne. Und die kleine Feldmaus hat keine Chance. Viel unterscheidet sich die Hauskatze bei der Jagd nicht von ihren wilden Kollegen, weit weniger noch als sich der Hund vom Wolf abgrenzt. Man muss nicht lange Zeit mit einer Katze verbringen, um zu bemerken, wie viel Wildtier noch in ihr steckt. Der ausgeprägte Spieltrieb. Das wilde Funkeln in den Augen. Nicht ohne Grund gilt die Katze als unberechenbar – dennoch, oder gerade deswegen, lieben so viele Menschen sie auch. Aber wie kam die Katze überhaupt zum Menschen?
Funktionierende Zweckgemeinschaft
Die ursprüngliche Wildkatze galt als scheu und misstrauisch. Aber sie war noch viel mehr: Nämlich in erster Linie sehr opportunistisch. Das heißt im Klartext: Sie sucht ihre Beute dort, wo sie sie am leichtesten finden kann. Als vor rund 10.000 Jahren Menschen mit dem Ackerbau begonnen hatten, zog das gelagerte Korn viele Mäuse an. Ein gefundenes Fressen für Katzen. Und weil der Mensch davon profitierte, dass diese ihm das Lager frei von Schädlingen hielt, etablierte sich diese Zweckgemeinschaft wie von selbst. Der Mensch lockte die Katze mit Milch, um sie in seiner Nähe zu halten, diese wiederum gewöhnte sich an den Service – was aber noch lange nicht heißt, dass die Katze den Zweibeiner zum Überleben gebraucht hätte. Dennoch kann man eine gewisse Bindung von Tier zu Mensch nicht abstreiten: Gerade für junge Kätzchen, die in Kontakt mit Menschen kamen, die ihnen wohlgesonnen waren, nahmen diese schnell den Stellenwert der Eltern ein. Durch die kindliche Abhängigkeit – das Füttern und Pflegen – hielt diese Bindung auch über das Erwachsenenalter hinaus.
Zu dieser Zeit galt die Katze als Nutztier. So war eine wirklich zahme Katze im frühen Mittelalter zwar noch eine echte Seltenheit, aber dennoch immer ein gern gesehener Beschützer in Häusern. Auch irische Mönche sollen beispielsweise im 6. Jahrhundert die Gesellschaft der Vierbeiner in ihren Studierzimmern sehr geschätzt haben, wie Schriften aus dieser Zeit belegen. Sie hielt die Häuslichkeiten aber nicht nur frei von Mäusen und Ratten, die Samtpfoten besaßen auch Relevanz in der Pelzgewinnung und der Medizin, denn Teile des toten Katzenkörpers wurden damals für die Herstellung volkstümlicher Medikamente genutzt. Im späten Ägypten – um etwa 3.000 v. Chr. – war sie weit mehr als nur reines Nutztier. Dort lässt sich nicht nur fast von einem Haustier sprechen, sondern die Katze wurde in Ägypten als heilig angesehen. Es gab zu dieser Zeit sogar Katzenpriester, die für die Bedürfnisse der Katzen sorgten, die sich in den Tempeln niedergelassen hatten. Eine Katze zu töten war ein schweres Verbrechen. Die Liebe ging gar so weit, dass Erzählungen zufolge bei einem Hausbrand erst die Katze gerettet wurde, bevor man seine eigenen Kinder suchte. Die Katze wurde „Mau" genannt. Wenn eine Mau starb, so trauerte der gesamte Haushalt.
Zahlreiche mumifizierte Katzen sind Zeugen des Katzenkults dieser Zeit, sogar einen Katzenfriedhof entdeckten Forscher in der Nähe von Bubastis, der Ort, der der Göttin Bastet zugeschrieben wird – der Katzengöttin. Vermehrt handelte es sich bei diesem „Prototypen" der Hauskatze um die Afrikanische Wildkatze, die auch heute in traditionellen Völkern noch als Hauskatze gehalten wird. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass die Europäische Wildkatze, von der häufig angenommen wird, sie sei an der Entwicklung der Katze zum Haustier beteiligt gewesen, sich schon allein von ihrer DNA komplett von der heutigen Hauskatze unterscheidet.
Auch in Zypern fanden Archäologen ein Grab, das einem Menschen und einer Katze als letzte Ruhestätte diente. Die Überreste sind in etwa 9.500 Jahre alt. Da in Zypern zu dieser Zeit keine Katzen beheimatet waren, ist auch hier davon auszugehen, dass die Katze mit dem Menschen per Boot von der Festlandküste angereist war. Denn trotz großer Bemühungen der Ägypter, die Ausfuhr ihrer geliebten Vierbeiner zu verhindern, haben insbesondere die Griechen viele Katzen mitgenommen, um ihre eigenen Nager-Probleme zu bekämpfen.
Nach 900 v. Chr. verkauften die Ägypter dann Katzen an Römer, Gallier und andere europäische Stämme. So sorgten die Samtpfoten um 500 v. Chr. auch in China für viel Freude. Anfangs wurden Katzen als Geschenk an den Kaiser vergeben. Mit der Zeit wurde der Besitz von Katzen auch dem Adel gestattet, danach den Priestern und schließlich den normalen Bürgern. Die Verbreitung der Katze an so vielen Orten sorgte für die Kreuzung einheimischer (Wild-)Katzenarten mit ausländischen. Viele Rassekatzen, die wir auch heute kennen, haben ihren Ursprung in dieser Zeit.
Vom Nutztier zum Familienmitglied
Der nächste Schritt für die Evolution der Freundschaft zwischen Katze und Mensch sollte im 12. Jahrhundert aber ein großer Schritt zurück sein – jedenfalls in Europa. Galt sie bis dato als guter Hausgeist, wurde sie nun von der Kirche regelrecht dämonisiert. Sie sei falsch, faul und heuchlerisch, leide an einer Putzsucht und sei somit nicht nur ein Dämon der Nacht sondern die Verkörperung des Bösen. Dass die Katze nach all den Jahren noch immer ihre unbeugsame Art behielt und sich nicht endgültig durch den Menschen zähmen lassen wollte, wurde ihr zum Verhängnis. So sollen Hexen daran erkannt worden sein, dass der Teufel in Gestalt einer schwarzen Katze Besitz von ihnen ergriff. 1484 erließ Papst Innozenz VII. gar ein Dekret, das vorsah, alle Katzenanbeter in Europa als Hexen zu verbrennen. So wurden damals nicht nur Unzählige vermeintliche Hexen und Ketzer gequält, verbrannt oder ertränkt, sondern mit ihnen auch eine noch größere Zahl an Katzen.
Erst im 17. Jahrhundert sollte es der Katze in Europa wieder besser ergehen. Gerade auf Schiffen wurde ihr Talent im Mäusejagen wieder sehr geschätzt. Zu Anfang der Viktorianischen Zeit hatte sie dann ihre Akzeptanz als Haustier erlangt. Heute ist die Katze das beliebteste Haustier der Deutschen. Mit fast 16 Millionen Hauskatzen steht sie damit noch weit vor dem Hund, der somit doch nur der „zweitbeste" Freund des Menschen ist. Auch wenn die Katze bis heute viele ihrer Eigenarten beibehalten hat, so haben die Jahrtausende Seite an Seite mit dem Menschen doch ihre Spuren hinterlassen: Studien vom November 2014 belegen eine Veränderung in ihren Erbanlagen, die unter anderem die Gedächtnisbildung, das Lernen durch Belohnung und das durch Angst gesteuerte Verhalten beeinflussen.