Die Eisbären Berlin eröffnen die DEL-Saison mit einem Spitzenspiel gegen Red Bull München. Für die Mission Titelverteidigung hat sich der Meister bislang auf dem Transfermarkt zurückgehalten.
Gleich zum Auftakt haben die Eisbären Berlin ihren großen Rivalen Red Bull München mit 52:49 besiegt. Moment mal, kann das sein?! Ja – aber natürlich nicht auf dem Eis. Um die lange Sommerpause für Teams und Fans zu überbrücken, hat die Deutsche Eishockey Liga eine „DEL Grillmeisterschaft" ins Leben gerufen, und zum Auftakt duellierten sich die hierzulande beiden besten Eishockey-Teams der vergangenen Jahre am Grill. Für Berlin traten Eric Mik und Kai Wissmann an, für München Koni Abeltshauser und Nicolas Appendino.
Nach anfänglicher Kritik vom Chef-Juror Stefan Ziemann, der das leicht versalzene Essen mit der Frage „Wer von Euch ist verliebt?" kommentierte, steigerte sich das Eisbären-Duo und setzte sich mit 52:49 Punkten in den Kategorien Hauptgang (Chicken Muffin), Dessert (Schokobanane) und Performance durch. Ihre Freude hielt sich in Grenzen, denn auch Mik und Wissmann wissen: Die einzige Performance, die wirklich zählt, ist die auf dem Eis. Und da trifft der Titelverteidiger in der Saison 2021/22 zum Auftakt am 9. September in der heimischen Arena erneut auf Red Bull München. Die hoch ambitionierten Bayern werden sich – anders als am Grill – nicht abkochen lassen wollen. Für den Angriff der Münchener haben die Eisbären, die am 5. August mit dem Training beginnen, personell noch nicht voll aufgerüstet.
Zwei interessante Heimspiele
„Das ist natürlich direkt zu Beginn der Saison eine richtige Standortbestimmung", sagte Eisbären-Sportdirektor Stéphane Richer mit einer Mischung aus Anspannung, Respekt und Vorfreude. Die Münchener gehören auch für ihn „wie jedes Jahr zum Favoritenkreis auf den Titel", den die Eisbären aber „selbstverständlich erfolgreich verteidigen wollen". Gerade zum Start, wo die Mannschaften nach der langen Pause noch nicht so recht wissen, wo sie stehen, wo die Automatismen aufgrund der vielen personellen Wechsel noch nicht einstudiert sein können, könnte der Heimvorteil von enormer Bedeutung sein. „Wir hoffen, dass so viele Zuschauer wie möglich dabei sein können, damit wir endlich wieder ein richtiges Heimspiel haben werden und ein großes Eishockey-Fest feiern können", sagte Richer.
Noch rechnen die Verantwortlichen damit, die Arena am Ostbahnhof mit bis zu 8.500 Besuchern füllen zu dürfen – vorausgesetzt die Corona-Inzidenzzahl steigt nicht auf über 35. Die Entscheidung, Hallen für (Sport)Events maximal zur Hälfte auslasten zu können, gilt jedoch zunächst nur bis zum 11. September. Beim zweiten Heimspiel, das gegen die Adler Mannheim (19. September) nicht minder interessant ist, könnte die Zahl schon wieder drastisch gesenkt werden, sollte das Infektionsgeschehen in Deutschland wie von Experten befürchtet auf eine vierte Welle zusteuern. Die Möglichkeit einer dritten Corona-Saison mit stark eingeschränkten Zuschauereinnahmen müssen die Verantwortlichen um Richer und Geschäftsführer Peter John Lee zumindest in Betracht ziehen und in ihre Planungen einfließen lassen. Wahrscheinlich ließen sie es auf dem Transfermarkt in diesem Sommer auch deshalb noch ruhig angehen.
Der bislang prominenteste Neuzugang heißt Kevin Clark. Den 33 Jahre alten Kanadier kennt man gut in der DEL, 2015 wurde er im Trikot der Hamburg Freezers Torschützenkönig der Hauptrunde und als Spieler der Saison geehrt. Der Hamburger Trainer hieß damals: Serge Aubin. Dass die beiden Landsmänner nun in Berlin wieder zusammenarbeiten, sollte die Integration zusätzlich beschleunigen. „Dass ich Serge Aubin als Trainer kenne, hat meine Entscheidung, nach Berlin zu kommen, maßgeblich beeinflusst", gab Clark zu. Unabhängig davon hat er sich maximale Ziele gesetzt: „Ich komme zu den Eisbären, um die Meisterschaft zu gewinnen."
Hier spielt Clark, der „über Jahre hinweg in verschiedenen Ligen verlässlich Tore geschossen" hat, wie Sportdirektor Richer zu Recht betonte, eine Hauptrolle. Doch Clarks allerbeste Zeit liegt schon etwas zurück, zuletzt lief der Stürmer in der Schweizer National League für die Rapperswil-Jona Lakers auf. Richer setzt auf den Trainer-Effekt: „Serge Aubin hat bereits mit ihm zusammengearbeitet und weiß, wie er ihn am besten einsetzen muss."
Ein spannendes Projekt verspricht die Verpflichtung von Manuel Wiederer zu sein. Der 24-Jährige will und soll beim DEL-Rekordmeister den nächsten Entwicklungsschritt machen. „Er ist bereits sehr erfahren, besitzt aber weiterhin noch Entwicklungspotenzial", sagte Richer. „Er kennt die DEL und hat bereits bewiesen, dass er verlässlich punkten kann."
Es ist allerdings schon sieben Jahre her, dass „Manny", wie Wiederer gerufen wird, für die Straubing Tigers in der DEL auf Torejagd ging. Danach suchte der Rechtsschütze das Abenteuer in Nordamerika, wo er in der kanadischen Québec Major Junior Hockey League (QMJHL) auf sich aufmerksam machte. Die San Jose Sharks zogen ihn beim NHL-Draft 2016 in der fünften Runde an Position 150, für ein NHL-Spiel reichte es aber nicht. Nach 130 Partien für das Farmteam zog es Wiederer zurück in die Heimat, zu seinem Stammverein Deggendorfer SC in der Oberliga.
Dass Wiederer das Zeug zum gestandenen DEL-Profi hat, scheint unbestritten. Immerhin stehen bereits zehn Länderspiele und eine WM-Teilnahme in seiner Vita. Doch der Angreifer muss nun Gas geben, nach dem Ende des Einjahresvertrages will er alle Zweifel ausgeräumt haben. „Ich bin den Eisbären sehr dankbar und freue mich unglaublich auf Berlin. Ich habe nur positive Eindrücke von der gesamten Organisation, den Fans und der Stadt", sagte Wiederer. Er sei „davon überzeugt, dass wir eine starke Mannschaft haben".
Einige namhafte Neuzugänge
Eine Verstärkung ist auf dem Papier auch Yannick Veilleux. Der 28 Jahre alte Kanadier besitzt jede Menge Erfahrung. Insgesamt 366 Spiele in der American Hockey League (AHL), dem Unterbau der NHL, sprechen hier ganz klar für sich. Ein Goalgetter ist er nicht unbedingt, aber der 1,87 Meter große und 93 Kilogramm schwere Veilleux bringt eine körperliche Robustheit und eine gewisse Aggressivität mit. Und genau das hatten die Verantwortlichen gesucht. „Er ist auf dem Eis ein präsenter Spieler, der körperlich agiert", sagte Richer. Mitunter übertreibt es der Kanadier dabei auch, in Nordamerika hat er den Ruf eines Raubeins, der Gegenspieler mitunter auch unfair attackiert.
Ebenfalls nicht gerade zimperlich agiert Nicholas Jensen auf dem Eis, der dänische Nationalspieler bringt mit knapp zwei Metern und über 100 Kilogramm sogar noch mehr Masse mit. Der wuchtige Verteidiger hat bereits in Bremerhaven und Düsseldorf DEL-Erfahrung gesammelt und „ist in allen Spielsituationen einsetzbar", wie Richer die Variabilität des Neuzugangs hervorhob. Auch dessen mentale Stärke sei ein Transfergrund gewesen: „Er ist ein physisch starker Spieler und ein Leader, sowohl auf als auch neben dem Eis." Ähnliches trifft auch auf den Kanadier Morgen Ellis zu, der zuletzt beim ERC Ingolstadt fester Bestandteil des ersten Verteidiger-Paares war und frühzeitig von den Eisbären verpflichtet wurde.
Ob die Neuzugänge bereits reichen, um Red Bull München nicht nur am Grill, sondern auch auf dem Eis zu besiegen, wird sich zeigen.