Am zweiten Spieltag der noch jungen Saison in der 3. Liga gastiert der Zweitligaabsteiger VfL Osnabrück zum ersten Heimspiel im Ludwigspark. FORUM wirft einen Blick auf den kommenden Gegner.
Die Niedersachsen galten in den Achtziger-Jahren als so etwas wie der ewige Zweitligist. Der erhoffte Sprung in die Bundesliga gelang jedenfalls nie. Nach dem Rückzug von Präsident und Investor Hartwig Piepenbrock durchlebte der Club schwere Zeiten und entwickelte sich zu einer Fahrstuhlmannschaft zwischen Zweiter und Dritter Liga. Nach zwei Saisons eine Etage höher und der Niederlage in der Relegation gegen den FC Ingolstadt startet der VfL nun den nächsten Anlauf. In der Hoffnung, dass dieser nicht wieder acht Jahre dauert wie beim letzten Mal.
Sportliche Lage
Als in der vergangenen Saison Daniel Thioune vom Hamburger SV für die Mission Aufstieg abgeworben wurde, rechneten eigentlich alle mit einer sehr schwierigen Saison in der 2. Liga. So kam es dann auch. Eine zwischenzeitliche Serie, in der Osnabrück nur einen einzigen Punkt in elf Partien holte und 13 Heimspiele in Folge verlor, brachte die Lila-Weißen der 3. Liga ganz nahe. Nachdem es mehrere Jahre bergauf ging, kam nun der Bruch und inklusive Interimstrainer schafften es drei Coaches nicht, den Klassenerhalt zu sichern. Am Ende ging es in die Relegation, wo der VfL gegenüber dem FC Ingolstadt trotz eines 3:1-Erfolgs im Rückspiel den Kürzeren zog. Nun folgt der Neuaufbau – mit Cheftrainer Daniel Scherning und Sportdirektor Amir Shapourzadeh als Steuermänner. Mit Blick auf etwaige Saisonziele geben sich die Osnabrücker Verantwortlichen bisher zurückhaltend, der direkte Wiederaufstieg ist jedenfalls keine Pflicht. Voraussichtlich wäre der Verein zufrieden, wenn es zu einem Platz im oberen Tabellendrittel reichen würde. „Wir haben, wie es bei Absteigern nicht unnormal ist, einen großen Umbruch. Wir müssen uns finden", sagt Shapourzadeh.
Transfers
Es gab einen auffälligen Austausch einiger Akteure mit Eintracht Braunschweig. Die „Löwen" sicherten sich die Dienste von Luc Ihorst, Maurice Multhaup und Bryan Henning. Es gibt aber noch mehrere talentierte und etablierte Akteure, die den Verein verlassen haben. Sebastian Kerk, Etienne Amenyido oder Ludovit Reis – was aber wenigstens zu Teilen eine Ablösesumme in die Kassen spülte. Neuzugänge wurden vor allem durch ein gutes Scouting in den unteren Ligen akquiriert. Spieler wie Angreifer Felix Higl vom SSV Ulm sowie Ba-Muaka Simakala aus Rödinghausen stehen als Neuzugänge fest, ebenso einige Spieler aus Bundesliga Zweitvertretungen. Dazu gehören unter anderem Davide Itter (Wolfsburg II), Oliver Wähling (Mainz II) oder Florian Kleinhansl (Stuttgart II). Transfercoup Andrew Wooten muss verletzungsbedingt passen, wird aber im Laufe der Saison einsteigen. Mit Sören Bertram wurde aus Magdeburg spät ein Routinier verpflichtet. Halten konnte der VfL bewährte Kräfte wie Philipp Kühn, Timo Beermann, Maurice Trapp, Ullrich Taffertshofer oder Marc Heider. Unter diesen Spielern wird die Verantwortung innerhalb der Saison aufgeteilt werden.
Vorbereitung
Bersenbrück (7:0), Jeddeloh (7:3) und Rehden (5:0) stellten in der VfL-Testspielreihe keinerlei Herausforderung für den Zweitliga-Absteiger dar. Sogar im Duell mit dem PSV Eindhoven hinterließ Osnabrück Eindruck und erkämpfte sich ein torloses Remis gegen den niederländischen Erstligisten. Gegen den FC Groningen war es dann ein Eigentor, welches die 0:1 Niederlage in der Generalprobe setzte. Bitter: Das erste Spiel fiel aufgrund der Corona-Fälle des MSV Duisburg ins Wasser.
Der Trainer
Der 37-jährige Fußballlehrer Daniel Scherning stand zuletzt in Diensten des SC Paderborn und hat einen Vertrag bis 2023 unterzeichnet. Nach seiner Karriere als Spieler, wo er als Stürmer unter anderem beim SC Paderborn, Arminia Bielefeld und dem FC Schalke 04 unter Vertrag stand, hat sich der zweifache Familienvater als Trainer etabliert. Bei Bundesligist Arminia Bielefeld wechselte er vom Scout an die Seitenlinie und wurde 2009 Co-Trainer der zweiten Mannschaft. Von 2013 bis 2016 stand er als Cheftrainer an der Seitenlinie und übernahm für eine Übergangszeit von drei Monaten parallel das Cheftraineramt bei der U19 der Arminen. Im Dezember 2016 wechselte er zum SC Paderborn, wo er seither Co-Trainer an der Seite von Steffen Baumgart war, der Scherning immer als Partner und nicht als Assistent beschrieb und der die Ostwestfalen nun in Richtung 1. FC Köln verlassen hat. Aus dieser Zeit hat Scherning tiefgehende Erfahrungen in der 3. Liga, der 2. Bundesliga sowie der 1. Bundesliga gesammelt und hat den Paderborner Fußball gemeinsam im Trainerteam mitentwickelt. Dennoch gehört er eher zu unerfahrenen Chef-Trainern im deutschen Profifußball. Die Erfahrung an Steffen Baumgarts Seite ist sicher hilfreich, ein gewisses Risiko geht der VfL aber dennoch ein.
Die Spielweise
In den Vorbereitungsspielen bestach der VfL unter dem neuen Trainer vor allem durch seine Dynamik, offensiv wie defensiv. Einige Komponenten des Paderborn-Fußballs unter Baumgart wurden implementiert, es wird aber sicherlich noch dauern, bis alle Automatismen greifen. Es wird hoch angelaufen und im höchsten Tempo umgeschaltet. Regionale Medien zogen nach dem letzten Testspiel das Fazit, dass die Mannschaft defensiv stabil steht, offensiv aber noch Luft nach oben hat.
Die Stars der Mannschaft
Ankommen wird es in diesem Jahr vor allem auf Marc Heider, der aber bereits 35 Jahre alt ist, Ulrich Taffertshofer oder Lukas Gugganig. Das sind Spieler, die auch in der 3. Liga den Unterschied ausmachen können. Andrew Wooten ebenso, jedoch nur, wenn er wieder an seine alte Spielfitness herankommt. Bei seinen vergangenen beiden Stationen in Österreich und den USA war er jedenfalls nicht sonderlich erfolgreich. Auch Sören Bertram wird sicherlich weiterhelfen. Philipp Kühn und Timo Beermann gehören ebenfalls zum erfahrenen Kreis. Wer von den Talenten noch in den Kreis der entscheidenden Spieler eingreifen kann, wird die Saison zeigen. Vor allem dem aus Mainz gekommenen Wähling wird ein Stammplatz zugetraut.