Richtig gute und fesselnde Fotos machen? Dass das auch mit dem Handy geht, lernen interessierte Anfänger in einem Foto-Workshop im Bliesgau.
Beim Fotografieren hat man nicht immer die angenehmste Körperposition", sagt Daniel Spohn. Da steht er noch aufrecht und in bequemer Haltung vor uns, während er gerade im theoretischen Teil des Workshops die Grundlagen des Fotografierens erklärt. Dass er trotzdem nicht gelogen hat, sieht man spätestens im praktischen Teil. Doch dazu später mehr. Unter dem Titel „Fotoworkshop für Einsteiger – Mit Kamera und Handy durch die Biosphäre Bliesgau" haben sich elf Teilnehmer zur ersten Auflage dieses Fotokurses getroffen.
Schon die Umgebung, in der der Workshop stattfindet, passt perfekt zum Sommernachmittag Ende Juli und den Naturaufnahmen, die Daniel Spohn während seines Vortrags immer wieder als Beispiele zeigt. In einer Scheune auf dem Hof Sonnenbogen in Wolfersheim im Biosphärenreservat Bliesgau nehmen wir zwischen Strohballen und einem altem Traktor Platz, während Spohn vorne steht und erklärt, was einen guten Bildaufbau ausmacht. In der Scheune riecht es nach Sommer und Stroh, bei Spohns ersten Worten rollt sich auf einem Ballen direkt neben ihm eine Katze zusammen, die pünktlich zum Ende des Vortrags wieder aufsteht und verschwindet.
Das wichtige am Bildaufbau
Als Anfänger erfährt man zunächst, was es mit den Faktoren Blendeneinstellung, Belichtungszeit und ISO-Wert auf sich hat. Spohn wird allerdings nie zu technisch, sondern zeigt immer an fertigen Bildern, was er meint. Wie wird die wilde Orchidee vorne im Bild scharf, wie wird der Hintergrund unscharf, wie kann man aus fließendem Wasser einen mystischen Dunst im fertigen Bild machen? Alles eine Frage der Belichtungszeit, erfahren wir.
Vor allem aber lernen wir neben den technischen Rahmenbedingungen eine Sache: Gute Fotos brauchen Zeit und sind genaue Arbeit. Das wird bereits nach kurzer Zeit klar, wenn Spohn seine eigenen Naturaufnahmen heranzieht und dabei anhand von Polarlichtern, Alpenpanoramen und tasmanischen Felsen erklärt, welche Millimeterarbeit dahintersteckt, wenn er das Stativ immer wieder um wenige Zentimeter bewegt, um am Ende die perfekte Symmetrie oder den besten Bildausschnitt zu finden.
Er zeigt uns ein Foto eines felsigen Panoramas im Pfälzer Wald. Vorne ein schroffer Pilzfelsen, weiße Nebelschwaden darunter im Wald, während ganz hinten im Bild die Sonne aufgeht. „Nur weil die Kamera mit einem Klick auslöst, heißt das nicht, dass die Vorbereitung für ein Bild genau so kurz ist", sagt Spohn. „Alles was uns beim Fotografieren entschleunigt, ist gut für uns." Er vergleicht das Fotografieren mit der Malerei und dem Künstler, der für seine Staffelei erst einen perfekten Platz suchen muss, bevor er anfängt zu malen. Für uns Zuhörer, von denen viele schnell mal mit dem Handy einen Schnappschuss machen, ergibt das Sinn und eröffnet einen Blick auf die Fotografie, der in der Zeit von Digitalkamera und Smartphones womöglich etwas abhandengekommen ist.
So überrascht es nicht, dass Spohn für das Bild im Pfälzer Wald schon vor Sonnenaufgang an Ort und Stelle war, Stativ und Kamera aufgebaut und ausgerichtet hat und dann erst warten musste, bis die Sonne sich zeigte, um sie zu fotografieren. „Woher wissen Sie denn, wo genau die Sonne aufgeht?", lautet die Frage einer Zuhörerin. „Dafür gibt es Apps", sagt Spohn und lacht. Alles ist genaue Planung, die Technik hilft dabei. „Die App kann ich Ihnen später mal zeigen." Das Handy hat seinen festen Stellenwert im Alltag und deshalb wird auch die Handyfotografie im Vortrag bewusst nicht ignoriert, das Smartphone hat es sogar in den Titel des Workshops geschafft. Spohn bringt immer wieder die Handykameras ins Spiel, erklärt ihre Funktionsweise im Vergleich zur Fotokamera und kommt definitiv zu dem Schluss, dass man auch mit dem Handy gute und fesselnde Fotos machen kann.
„In den Lebensraum eines Motivs begeben"
Spohns Fotos sind überwiegend Naturaufnahmen, die mit dem Weitwinkelobjektiv aufgenommen worden sind. Mal sind es weite Landschaften, mal verwunschene Bachläufe im Wald, mal die Berge, mal ist es ein Wombat in Tasmanien. Einige der Fotos sind aber auch direkt vor der Haustür entstanden und stehen den anderen in nichts nach. Eines zeigt ein blühendes Bärlauchfeld an einem Bachlauf. „Das ist hier bei uns im Bliesgau aufgenommen worden", sagt Spohn auf Nachfrage. Das Bild sieht eindrucksvoll aus und lehrt ganz nebenbei, dass man die Schönheit der Natur überall finden kann und dazu nicht in die Tropen oder an den Nordpol reisen muss. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass Spohn Diplom-Biologe ist. Während er seine Fotos erklärt, erfährt man ganz nebenbei, dass der Schmetterling auf dem Bild nicht einfach ein Schmetterling ist, sondern sich Kaisermantel nennt, oder dass der Baum, der da gerade ins Bild wächst, eine Krüppelkiefer ist.
Auf die Theorie folgt die Praxis. Der Vortrag ist zu Ende und so verlässt nicht nur die Katze ihren Strohballen, sondern auch wir Teilnehmer machen uns auf den Weg durch Wolfersheim. Plötzlich wird jedes Haus, jeder Brunnen und jedes Blumenbeet zum Testobjekt. „Die Wolfersheimer sind locker, denen macht das nichts aus, wenn man mal ein Scheunentor, einen Brunnen oder ein Rosenbeet vor dem Haus fotografiert", sagt Katrin Thieser, eine der Organisatorinnen der Saarpfalz-Touristik. Wer sich als Wolfersheimer also an diesem Julitag gewundert haben sollte, warum immer wieder fremde Menschen in skurrilen Posen auf dem Bürgersteig oder der Hauptstraße liegen, dem sei gesagt: Beim Fotografieren hat man eben nicht immer die angenehmste Körperposition. Daniel Spohn macht es vor. Wenn er erklärt, welche Perspektive sich gerade für ein Foto eignen würde, geht er immer wieder in die Knie, liegt halb auf dem Pflaster. „Ich will mich in den Lebensraum meines Motivs begeben", sagt er. Wenn er also einen Lavendelbusch fotografiert, tut er das also nicht von oben aus der Vogelperspektive, sondern er kniet sich davor, geht auf Augenhöhe mit den Blüten. Während wir so an der Hauptstraße von Wolfersheim nach Motiven suchen und zwischendurch Radfahrern und Linienbussen ausweichen, verrät der Fotograf einen weiteren Kniff hinter seinen Fotos. Es geht um das „Visual Storytelling", also das Erzählen von Geschichten mit einem Bild. Dabei ist es egal, ob Menschen im Bild zu sehen sind oder nicht. Wichtig ist, dass der Betrachter seine eigene Geschichte zum Bild erlebt.
„Wir sind es gewohnt, von links nach rechts zu lesen. Deshalb fängt auch der Blick beim Betrachten eines Fotos auf der linken Seite an", sagt Spohn. Ziel eines Fotos ist es, das Auge des Betrachters so zu lenken, dass sich für ihn eine interessante Blickbewegung ergibt. Wenn man einen Weg in den Alpen fotografiert, wie uns Spohn es mit einem seiner Beispielbilder zeigt, stellt sich der Betrachter bewusst oder auch unbewusst vor, wie er diesen Weg geht oder wie andere den Weg bereits gegangen sind. Das Auge beginnt links im Bild. Dort ist der Einstieg und genau dort beginnt auch bei Spohns Fotografie der Weg, der sich ins Bild schlängelt. „Ich will den Blick ins Bild bekommen. Und dann soll der Blick auch dort bleiben", sagt er. Als Fotograf hat er einen genauen Spürsinn für geeignete Motive. Als sich die Teilnehmer des Workshops ihre eigenen Bildausschnitte suchen, steht oder besser gesagt kniet er mit Rat und Tat zur Seite.
Spohn erklärt jedem einzeln, was sich am entsprechenden Ausschnitt noch verändern lässt. Es mag überraschen, aber fast alle Teilnehmer haben sich für das Fotografieren mit der Handykamera entschieden. Für Spohn kein Problem, er streitet nicht ab, dass auch mit dem Handy gute Bilder herauskommen können. „Man kann auch mit einer Kamera für 7.000 Euro schlechte Bilder machen."
Und so ist es Abend geworden. In Wolfersheim beginnt es zu dämmern. Daniel Spohn merkt an, dass es in der Farblehre eine ganz einfache Erklärung dafür gibt, warum gerade der Sonnenuntergang so ein beliebtes Motiv ist. Aber das ist eine Geschichte für den nächsten Workshop.
Infos:
Der nächste Workshop findet am 16. September statt.
Infos und Anmeldung:
Telefon 06841-1047174 und touristik@saarpfalz-kreis.de